10. 5. 2023 Trumps Verfehlungen
Der Verfasser dieser Zeilen ist wahrlich kein Sympathisant oder gar Freund des früheren US-Präsidenten Trump. Aber auch Leute, die ihm und vielen anderen in Deutschland unsympathisch sind, müssen fair und gerecht behandelt werden.
Das US-Gerichtsverfahren, in dem gestern Trump wegen sexueller Nötigung und anderer damit zusammen hängender Delikte schuldig gesprochen wurde, hat ein G`schmäckle. Er soll 1996, also vor knapp drei Jahrzehnten, die Journalistin Jean Carroll sexuell in der Umkleidekabine eines New Yorker Nobelkaufhauses missbraucht haben. Die Beschuldigung, er habe sie vergewaltigt, hat das Gericht nicht bestätigt, ihn aber zu Schadenersatz in Höhe von fünf Mio. Dollar verurteilt.
Die deutsche Presse, Printpresse und Fernsehen, jubelt. Jetzt hat sie endlich wieder einen Sachverhalt, mit dem sie in ihrer Antipathie gegen Trump so richtig loslegen kann. Ich wäre da deutlich vorsichtiger, denn es gibt meines Erachtens einfach zu viele Ungereimtheiten:
Zuerst einmal muss man feststellen, dass es sich bei dem Gericht nicht um ein Strafgericht handelte, denn selbst wenn die Vorfälle den Tatsachen entsprächen, waren sie längst verjährt. Es war ein Zivilgericht, das über Schadenersatz und dgl. urteilte.
An dieser Stelle darf man auch fragen, warum Frau Carroll seinerzeit keine Strafanzeige erstattet hat. Es gab doch 1997 wahrlich keinen Grund, diesen Mann nicht zur Rechenschaft ziehen zu wollen, wenn er es denn wirklich getan hätte.. Er war zwar damals schon reich, aber noch kein Politiker oder gar US-Präsident. Erst 2017, 20 Jahre später, als er US-Präsident war und im Licht der Öffentlichkeit stand, wollte sie sich Gerechtigkeit widerfahren lassen und erstattete Anzeige.
Schade, denn Sachbeweise kann man dann nicht mehr auffinden, von Spermaspuren angefangen über die Kleidung des Opfers (und des Täters) bis zur Tatortarbeit. Von Kratzspuren, blauen Flecken und anderen Folgen, wenn sich eine Frau bei einem Vergewaltigungsversuch wehrt, soll hier gar nicht erst gesprochen werden! Und dass sie nicht ein Strafgericht eingeschaltet hatte, sondern heute vor einem Zivilgericht eine Klage um Schadenersatz einreichte, lässt auch mehrere, für sie unangenehme Interpretationen zu.
Bei zivilen Verfahren gilt in den USA für einen Schuldspruch eine niedrigere Schwelle als bei Strafprozessen: Ein solcher bedeutet im Zivilrecht, dass die Juroren eine Tat als eher wahrscheinlich denn als eher unwahrscheinlich ansehen. Bei Strafprozessen muss die Schuld hingegen zweifelsfrei erwiesen sein.
Trump hat Berufung angekündigt. Warten wir ´mal ab, was dabei herauskommt.
Aber Trump ist auch kein Unschuldslamm, ist er doch im Verlauf der Jahrzehnte von zahlreichen Frauen des sexuellen Fehlverhaltens bis hin zur Vergewaltigung beschuldigt worden. Holt ihn diesmal seine Vergangenheit ein?