23. 1. 2023 Schlagzeilen und Unwörter des Jahres 2022

Mit viel hintergründigem Humor und Ironie hat der Verein Deutsche Sprache (VDS) 2022 zum zweiten Mal in Folge die Süddeutsche Zeitung mit der Auszeichnung „Schlagzeile des Jahres“ geehrt. Ursprünglich behandelte die Titelzeile „Klebe wohl!“ der SZ den Lizenzverlust des italienischen Druck- und Verlagshauses Panini, das nicht länger die Klebebilder zur Fußball-EM herausgeben darf. Dass diese Überschrift nunmehr durch die Klebeaktionen der Klimaaktivisten eine ganz neue Bedeutung bekommen sollte, war zum Zeitpunkt der Schlagzeile nicht absehbar.

Aber auch die folgenden Plätze sind von doppeldeutigen und humorvollen  Überschriften belegt. Auf Platz 2 findet sich „Mustache sein?“ (ZEIT-Magazin, 7.7.2022), ein Artikel, der den Trend zum Oberlippenbart beleuchtet. Die Juroren begründen „Ein Fremdwort, das, pfiffig eingesetzt, deutschen Wörtern eine neue Bedeutung einhaucht – darüber kann man sich besonders freuen“.

Platz 3 der Wahl des VDS geht an „Kardinal Woelki und das jüngste Gerücht“ (WELT, 17.9.2022). Das bezieht sich auf einen Artikel, in dem Woelki sagt, er habe Missbrauchsvorwürfe in der Kirche nur vom Hörensagen gekannt.

„Atomkraft spaltet“ (WAZ, 13.7.2022), Platz 4, spielt mit der doppelten Bedeutung des physikalischen Vorgangs und der nach wie vor umstrittenen Anwendung dieser Energieform.

Auf Platz 5 steht „Big weg“ (Süddeutsche Zeitung, 10.3.2022) – hier wird der Rückzug der Schnellimbiss-Kette McDonald’s aus Russland thematisiert.

Aber auch andere haben in diese Kerbe geschlagen: die Jury der Sprachkritischen Aktion in der Universitätsstadt Marburg hat „Klimaterroristen“ zum Unwort des Jahres 2022 gekürt. Die Jury begründete ihre Entscheidung, damit würden die Aktivisten „kriminalisiert und diffamiert.“ Gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams und demokratischen Widerstands würden so in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt, rügte sie.

Das Wort „Covidioten“ wurde nicht gekürt, obwohl dadurch die Betroffenen zwar nicht kriminalisiert, aber doch unstrittig diffamiert wurden.

Die Neue Zürcher Zeitung kommentierte die Wahl eher nüchtern: Beim Unwort gehe es nicht um Sprachkritik, sondern um Politik. Mit der Wahl verfolge man eine Agenda, die man „ohne unfair zu sein, als rot-grün-wohlmeinend bezeichnen kann.“

Man muss also nicht alles bierernst kommentieren, nicht einmal in den Überschriften!