23. 11. 2022 Die Überheblichkeit der europäischen Demokratien

Was wir Europäer, speziell die Deutschen, machen, ist absolut richtig. Die ganze Welt sollte sich daran ein Beispiel nehmen! Unsere Parteien und die Presse werden nicht müde, uns Bürgern die Vorteile unserer demokratischen Staatsform in den höchsten Tönen schmackhaft zu machen. So unrecht haben sie nicht, denn in einem demokratischen Rechtsstaat zu leben, ist in der heutigen Zeit schon etwas außerordentlich Positives.

Und die Fußballweltmeisterschaft in Katar hat wieder einmal gezeigt, dass am europäischen Wesen die Welt genesen soll. Denn das Emirat Katar mit seiner absolutistischen Monarchie wird, wie viele andere Staaten im Nahen Osten, in Asien oder in Afrika, von unserer Presse diffamiert.

Übrigens: auch vor EU-Ländern macht man dabei nicht halt, wenn wir an Ungarn, Polen oder neuerdings auch an Schweden denken. Hat es doch die dortige Bevölkerung gewagt, Regierungen zu wählen, die nicht dem linken Lager angehören – im Falle Polens oder Ungarns sogar mit deutlicher absoluter Mehrheit. Kein Wunder, dass diese Länder die Sympathien der deutschen Presse verloren haben!

Schauen wir uns zur Zeit der Fußballweltmeisterschaft einmal die arabischen Staaten an. Nein, sie sind keine Demokratien in unserem Sinne, denn ihre Monarchen oder Feudalherren herrschen wie weiland Ludwig XIV. oder Friedrich II.  Aber wäre es richtig, wenn die meist ungebildete Menschen, die oft nicht des Schreibens und Lesens kundig sind oder bisher als Beduinen durch die Wüste zogen, die Staaten demokratisch per Wahl lenken dürften? Diese Menschen sind fest in ihrem Familienverband verhaftet, und dort werden ihre Geschicke von der Wiege bis zur Bahre geregelt. In Jordanien stellen diese Familien die einzelnen Minister unter König Abdullah II. und sind so über den Thron-Rat und die Regierung in die Staatslenkung eingebunden. Wäre eine Demokratie mit Parteien und freien Wahlen für diese Menschen besser als die Bindung an ihren  Clan? Das dürfte für die meisten arabischen Länder gelten, wie die vereinzelten Versuche eines demokratischen Geschehens, die krachend gescheitert sind, zeigen.

Ähnliches dürfte auch für China oder Russland gelten. Lupenreine Demokratien waren beide nie, auch nicht unter den hier hochgelobten Herren Gorbatschow oder Mao, aber der Wohlstand und die Lebensqualität waren in diesen Ländern noch nie so ausgeprägt wie heute. Dass beide Länder, die unter vielen Hungersnöten in den vergangenen Jahrhunderten zu leiden hatten, heute davon weit entfernt sind, ist nicht zuletzt der energischen Staatsführung ihrer jeweiligen Despoten, in West-Europa nennen wir das „Diktatur“, zu verdanken.

Hüten wir uns vor Überheblichkeit. Nicht alle Länder sind für eine Demokratie westlicher Prägung reif, und auch in Deutschland gibt es nicht übersehbare Abnutzungserscheinungen. Übrigens, auch in der ältesten Demokratie der Welt, den USA, ist nicht alle Gold, was glänzt, wie die letzten Wahlen gezeigt haben. Damit ist nicht nur das Wahlsystem mit den Wahlmännern und –frauen gemeint, sondern die Tatsache, dass dort nur Hyperreiche als Präsidentschafts-Kandidaten eine Chance haben.

Die meisten totalitären Staaten haben eine pseudo-demokratische Volksvertretung, z.B. die russische Duma oder den chinesischen Volkskongress. Dort sitzen die „Abgeordneten“ wie Marionetten und nicken alles ab, was ihre Despoten vorschlagen – aber sie sind wenigstens anwesend, was man von unseren Bundestagsabgeordneten regelmäßig nicht behaupten kann.

Wie heißt es doch so schön: Jeder Staat hat die Regierungsform, die er verdient und die zu ihm passt. Das muss nicht immer eine Demokratie sein!