5. 3. 2022 Der Fall Cornelius Gurlitt

Gelegentlich muss man einmal nachfragen, was denn aus den Themen geworden ist, die vor einiger Zeit die Schlagzeilen beherrscht haben. Denn viele Journalisten glauben immer öfter, sie müssten „Haltung zeigen“, statt uns durch Fakten zu informieren. Und da die Presse weitgehend in der Hand der SPD ist, z. B. die SPD-eigene Verlagsgruppe „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) mit ca. 50 Tageszeitungen oder das SPD-nahe öffentlich-rechtliche Fernsehen, auch als „Rotfunk“ verspottet, reibt man sich später oft verwundert die Augen, wenn die Tatsachen ans Licht gekommen sind.

Nehmen wir heute einmal den Fall Cornelius Gurlitt. Er war der Sohn von Hildebrand Gurlitt, der im III. Reich als einer von vier Nazi-Kunsthändlern die als „entartete Kunst“ bezeichneten Werke gegen Devisen ins In- und Ausland verkaufen sollte. Als „entartete Kunst" hatten Hitler und seine Vasallen Kunstwerke der Moderne, deren Stil, Künstler oder Sujets ihnen nicht genehm waren, bezeichnet und ab 1937 aus Privatbesitz, Kunsthandel und Kunstmuseen beschlagnahmt. Hildebrand Gurlitt, verkaufte sie im Auftrag der Nazis, kaufte jedoch auch viele Exponate selbst, da er als Kunstsachverständiger um den Wert der konfiszierten Werke wusste. Er starb am 9. 11. 1956 nach einem Verkehrsunfall in Oberhausen.

Vor ca. zehn Jahren durchsuchte die Staatsanwaltschaft in München die Wohnung und später in Salzburg das Haus seiner Sohnes Cornelius Gurlitt. Insgesamt beschlagnahmte sie mehr als 1.500 Kunstwerke mit dem Verdacht auf  „Raubgut aus der NS-Zeit“.

Bis dahin von der Öffentlichkeit unbeachtet, griff der FOCUS 2013 den Fall auf und brachte ihn ans Tageslicht. Er vorverurteilte den eigentlich unauffällig und zurückgezogen lebenden Cornelius Gurlitt und schrieb von einem „Nazi-Schatz in Milliardenhöhe". Ein Leckerbissen für die sensationshungrige Presse, die sich weltweit des Falls annahm! 

Die Gurlitt-Sammlung zählte zu den spektakulärsten Kunstfunden seit dem Zweiten Weltkrieg. Gurlitt stand im Verdacht,  von den Nazis beschlagnahmtes Kulturgut in seiner Wohnung in München sowie in seinem Haus in Salzburg aufbewahrt zu haben. Schnell hieß es, sein verstorbener Vater und damit auch er seien Nutznießer von Verfolgung und Enteignung jüdischer Sammler gewesen, denn unter den Gemälden waren Bilder von hochgeachteten Impressionisten, Expressionisten und anderen  Malern der Moderne wie Matisse, Beckmann, Picasso, Otto Dix, Renoir, Monet usw.

Ähnlich wie beim Auftauchen eines Mosaiks aus dem Bernsteinzimmer in Potsdam lässt auch dieser Fall erkennen, dass die Bundesregierung jahrzehntelang wenig Interesse daran gezeigt hat,  die Probleme um die NS-Raubkunst aufzuarbeiten.

Cornelius Gurlitt war jedoch schlimmer dran als der Anbieter des Mosaiks aus dem Bernsteinzimmer, denn an ihm sollte ein Exempel statuiert werden. So musste er einen Vertrag mit der Bundesregierung unterzeichnen, in dem er sich bereit erklärte, Bilder, bei denen es sich um Nazi-Raubkunst handelte, freiwillig zurückzugeben.

Doch am Ende wurden nach jahrelangen Überprüfungen nur vierzehn von mehr als 1500 beschlagnahmten Kunstwerken als NS-Raubkunst identifiziert und restituiert.

Die Geschichte hat trotzdem kein Happyend, denn Cornelius Gurlitt starb 2014 im Alter von 81 Jahren in seiner Wohnung in München, ohne seine Kunstsammlung noch einmal gesehen zu haben; er wurde in Düsseldorf in der Ruhestätte seiner Eltern beigesetzt.

Über seine Sammlung freuen sich nun die Schweizer Bürger, hatte doch Gurlitt sie testamentarisch nicht einem deutschen Museum, sondern dem Kunstmuseum Bern vermacht. Eine späte Rache?

Allerdings soll  er am Ende seines Lebens an „paranoiden Wahnideen“ gelitten haben. Da er auf Grund eines Beschlusses des AG München unter Betreuung stand, hielten seine Erben ihn nicht für „testierfähig“ und fochten das Testament an. Letztlich hat das OLG München im Dezember 2016 den Prozess entschieden und ihn als „testierfähig“ bezeichnet.

Gurlitts ehemaliger Betreuer Christoph Edel kritisiert am 15. Februar 2022 rückblickend: „Es war ein rücksichtsloser Umgang mit einem alten Menschen, dem ja rechtlich nichts vorzuwerfen war; ob man ihm moralisch etwas vorwerfen kann, ist fraglich, wenn man an seine gesundheitliche und familiäre Situation denkt."

R.i.p.