28. 12. 2021 Die neue Regierung
Nachdem sich die erste Überraschung gelegt hat, kann man nun mit einem gewissen Abstand die neue rot-gelb-grüne Regierung betrachten.
Sie will erklärtermaßen die „Transformation“ Deutschlands. Was auch immer sich darunter verbirgt, kann man nur ahnen, denn Politik wird mit Chiffren betrieben, die vorerst neutral klingen und erst später große, manchmal sehr unangenehme Wirkung entfalten. Wesentlicher Gedanke ist eine wie auch immer geartete zwangsweise und autoritär von oben herab durchgesetzte Klimapolitik, die wahrscheinlich sogar Teile der Demokratie aussetzt, um den Globus vor der Erwärmung zu retten. Es ist eine Umschreibung für eine Klimadiktatur, die meckernde Parlamente und Medien ausschaltet und Bestätigungsjournalismus für das große, globale Ziel befördern will.
Auf der anderen Seite ist keine Rede mehr von der Sozialen Marktwirtschaft, die Deutschland wohlhabend gemacht, seine Sozialpolitik finanziert und die Demokratie gesichert hat. An ihre Stelle treten Subventionen für politisch genehme NGO sowie gewollte Produkte, und das sind ziemlich viele. Aber auch Beiräte, Cluster und viele Dienststellen sollen die Transformation weg vom Erfolgsmodell bewältigen. Marktwirtschaft ist, was das Wirtschaftsministerium noch erlaubt oder gar fördert. Auch Haushaltsdisziplin bleibt umstritten; und trickreich kündigt der künftige FDP-Finanzminister schon vor Amtsantritt allerlei Auswege an, mit denen er sein Versprechen hinfällig machen will. Damit hat er die Tür in die weitere Verschuldung schon aufgestoßen.
Zukünftig soll eine „feministische Außenpolitik“ in Person von Annalena Baerbock dieses Land vertreten. Dabei geht es um die globale Gleichstellung der Geschlechter und darum, allen Frauen zu garantieren, dass sie ihre Menschenrechte genießen. Deshalb soll es zukünftig so viele weibliche wie männliche Botschafter geben; Qualifikation zählt nicht mehr. Aber vor allem soll Realpolitik gegen Utopien ausgetauscht werden.
Prompt erhielt sie Post aus Peking, die nicht allzu freundlich klang und eher eine Lehrstunde für Außenminister war. „Wir brauchen Brückenbauer, keine Mauerbauer!“, so der Sprecher des chinesischen Außenministeriums.
Dass sie es mit der utopischen Außenpolitik ernst meint, machte Annalena Baerbock mit ihrer Forderung deutlich, dass Deutschland künftig wegen der schlechten Behandlung der Uiguren chinesische Produkte boykottieren soll. Dass die derzeitigen Lieferstopps aus China die deutsche Industrie ins Mark und die Konsumenten im Kaufhaus im Geldbeutel trifft, ist die Realität, die Baerbock einfach so ausblendet. Utopien werden in der Realität gelegentlich lebensgefährlich, insbesondere wenn der Utopist auf knallharte Machtpolitiker wie in China trifft.
Sie hätte sicher erst einmal ihr Büro einrichten und mit den leitenden Beamten des AA Besprechungen abhalten sollen, bevor sie unverzüglich nach ihrer Ernennung nach Paris, Brüssel und Warschau abdampfte. Die Tinte unter ihrer Ernennungsurkunde war noch nicht trocken, da gab sie dort unausgegorene und unabgestimmte Statements ab. Und warum sie das drei Tage vor Kanzler Scholz tat, darüber kann man auch nur mutmaßen – und kommt zu keinem guten Ergebnis
Offenkundig soll Kanzler Scholz die Außenpolitik weitgehend an sich gezogen haben. Das Auswärtige Amt, protokollarisch bislang immer an erster Stelle nach dem Kanzler rangierend, ist ohnehin längst marginalisiert und bedeutungslos, weswegen Heiko Maas das Amt mit Kursen[1] beschäftigt, wie seine Beschäftigten ihre „toxische Männlichkeit“ ablegen können: Dabei geht es um
„Männliche Rollenbilder/Männlichkeit, geschlechtergerechte Sprache, Vaterschaft, Vereinbarkeit, Care Arbeit, Queeres Leben, Partnerschaft und Intersektionalität (?) …“
Jetzt also die weiter gesteigerte „feministische Außenpolitik“! Soll sie Joe Biden, Xi Jinping, Wladimir Putin oder auch nur einen Lukaschenko beeindrucken? Schmunzeln sie nur oder lachen sie schon schallend über die neue deutsche Hippie-Regierung?
Dazu passt die Freigabe von Cannabis. Zwar hat die Erfahrung aus den Niederlanden gezeigt, dass so keineswegs Schwarzmarkt und Kriminalität ausgetrocknet werden; vielmehr droht ein Narco-Staat zu entstehen, der von den Drogenclans beherrscht wird. Trotzdem fordert der künftige Gesundheitsminister Karl Lauterbach freien Drogenkonsum, um zu verhindern, dass Heroin unter das Gras gemischt wird.
Doch der Gipfel ist sicherlich, dass mit Cem Özdemir ein völlig fachfremder Politiker Landwirtschaftsminister wird – seine einzige Erfahrung mit dem Landbau besteht erklärtermaßen im Eigenanbau von Cannabis auf dem Balkon. Sage keiner, dass Qualifikation nichts zähle im neuen Kabinett der Kiffer.
Die Wohlstandszuwanderung soll ausgeweitet und künftig mit einem Blitz-Pass nach fünf oder im Spezialfall sogar schon drei Jahren eines irgendwie legalen Aufenthalts belohnt, auf die bislang erforderlichen Sprachkenntnisse soll weitestgehend verzichtet werden. Die Abschaffung wichtiger Sanktionen im Hartz-IV-System wird Deutschland für Wohlstandsmigranten zusätzlich noch attraktiver als bisher werden lassen. Der ohnehin überdehnte Sozialstaat wird einer solchen Politik nicht gewachsen sein, aber wozu kann man denn Schulden machen?
Die neuen Wohlstandszuwanderer sollen sich bitte bei Wahlen mit ihrem Kreuz bei den Gönnern bedanken; so wird Migration in künftige Wahlerfolge transformiert. Hinter der Migrationspolitik steht die Vision einer multikulturellen Gesellschaft ohne eigenen kulturellen Kern, mit umfassenden Quoten für Minderheiten aller Couleur und massiver Subventionierung ihrer vermeintlichen „Diskriminierung“ im Zielland ihrer Flucht. Die bisherige „Ehe für alle“ wird vermutlich ergänzt um Regelungen für die Vielehe, die auch endlich die Kinderbräute aus dem arabischen Raum legalisieren soll; denn die spießigen bisherigen Verbote belasten bestimmte Migranten aus dieser Region sehr. Endlich kommen die Grünen aus früheren Zweiten, als sie Sex mit Minderjährigen gesetzlich tolerieren wollten, zu ihrem Recht.
So ganz nebenbei wird der Gedanke, dass geschlechtliche Identität durch biologische Faktoren bestimmt ist, ad acta gelegt, da es jeder Person in Zukunft selbst überlassen bleibt, welchem Geschlecht sie sich wann und wie lange zuordnen will. Bald wird sich die Frage stellen, ob Personen, die erklären, sie seien weiblich, aber rein körperlich eher männliche Züge tragen, damit auch uneingeschränkten Zugang zu Räumen erhalten, die bisher für Frauen im biologischen Sinne reserviert waren – auch aus Gründen des Schutzes. Zum anderen liegt es nahe, auch nur den Gedanken zu tabuisieren, es gäbe doch so etwas wie ein angeborenes biologisches Geschlecht.
Der nächste Schritt ist dann, Männer und Frauen, die diesen Gedanken dennoch vertreten, mit den Mitteln der Cancel-Kultur oder gar unter dem Vorwand, ihre Äußerungen seien „Hate Speech“, auch mit strafrechtlichen Sanktionen aus dem öffentlichen Diskurs zu verbannen. Auch dazu finden sich bereits vage Androhungen, dass Presse- und Meinungsfreiheit neuerdings ins Belieben der Regierung gestellt werden; verbunden mit Zensur- wie Strafandrohungen für jene, die dieses wie hier kritisieren.
Und weil das Geschlecht nur noch ein hinderliches Konstrukt auf dem Weg in die Beliebigkeit darstellt: Sollten sich Eltern oder gar Ärzte dem Wunsch von 14-Jährigen entgegenstellen, die nicht nur deklaratorisch, sondern auch operativ ihr Geschlecht ändern wollen, dann kann das evtl. sogar als Transsexuellen-Diskriminierung bestraft werden Denn Minderheiten stehen unter Schutz und werden in vielerlei Formen mit viel Geld gefördert.
Es ist ja nicht so, dass es keine Probleme gäbe, so dass man neue erfinden müsste. So fehlt jede Aussage, wie die bröckelnde Verkehrsinfrastruktur modernisiert werden kann. Der Verweis auf die Leistungen der grandiosen Bahn ändert nichts daran, dass Tausende von Brücken bröckeln und wichtige Verkehrsadern für Jahre oder mehr lahmgelegt sind – mit dramatischen Folgen für weitreichende Gebiete jenseits der gesperrten Brücken, weil jetzt durch Städte und Dörfer der Schwerlastverkehr umgeleitet werden muss.
Kein Wort auch zu der drohenden Energieknappheit. Die Koalition bekennt sich zu einer erstaunlichen Verantwortungslosigkeit: Energieversorgung ist neuerdings Glückssache; Versorgungsverpflichtung gibt es nicht mehr. Fehlt Strom, weil Kern- und Kohlekraftwerke ersatzlos abgeschaltet sind, sollen dann einfach Unternehmen und Haushalte zeitweise auch abgeschaltet werden. Die früheren Energieversorger wie EnBW oder RWE verstehen sich nur noch als Stromverteiler, nicht mehr Produzenten.
Gas und Energie sind derzeit die stärksten Preistreiber. Weiter steigende Abgabenbelastungen beschleunigen den ohnehin bestehenden Preisdruck weiter, der sich dann in allen Bereichen wie Wohnen, Produzieren, Landwirtschaft und Verkehr fortsetzt. Ein Ende der Inflation ist nicht in Sicht; vielmehr droht in der zweiten Runde die Lohn-Preisspirale in Gang zu kommen und wegen des Abwertungsdrucks auf den Euro durch importierte Preissteigerung verstärkt zu werden.
Die Bundeswehr erhält weder zusätzliches Geld noch zeitgemäße Ausstattung mit Drohnen, dafür aber eine auf diesem Politik-Feld komplett ahnungslose Ministerin von der SPD. Auch hier zählt nicht Kompetenz, sondern Quote, diesmal zugunsten von Christine Lambrecht, die vermutlich noch nie eine Kaserne von innen gesehen hat. Allerdings ist die Gleichberechtigung der Bundeswehr das entscheidende Thema, nicht ihre Fähigkeit zur Landesverteidigung.
Die neue Innenministerin will gegen die Bedrohung von „Rechts“ vorgehen. „Links“ spielt keine Rolle und die Bedrohung durch Islamisten mit der großen Zahl von Messerangriffen – nur am Rande gestreift. Leben in deutschen Städten wird also gefährlicher.
Auch für die soziale Sicherung gibt es viele warme Worte, aber kein Konzept. Den Rentnern wird allerlei Mehr versprochen; aber woher die Mittel kommen, bleibt offen. Die problematische Lage der Pensionäre bleibt ungelöst, obwohl viele Wähler aus diesem Bereich kommen und über Anpassungsmaßnahmen nach Kassenlage nicht erfreut sein dürften. Auch hier baut die Koalition auf die Hoffnung, dass Staatsschulden alles, aber wirklich alles finanzieren könnten.
Die Ampel hat mit der Realität einen mächtigen Feind. Verarmung durch Inflation, Stagnation durch Corona und Staatswirtschaft, Verfall von Infrastruktur und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit lassen sich durch Verschuldung nicht heilen. Doch die Deutschen sind duldsam, nähren sich von den Früchten der Vergangenheit.
Aber die Ampel hat auch mächtige Verbündete, zuvörderst die linksgrüne Presse. Ihre unausgegorenen Entscheidungen werden von der Mehrheit hingenommen und von den Medien bejubelt. Das ist modern! Das ist Zeitgeist.
Aber einer der mächtigsten Verbündeten ist die CDU/CSU. Eine funktionierende Opposition würde diese Regierung vor sich hertreiben. Die CDU/CSU aber teilt den Unsinn, hat ihn schon zu Merkels Zeiten zu ihrem geistigen Eigentum gemacht. Bleibt die Hoffnung auf Friedrich Merz, wenn der sich nicht auch noch anpasst. On verra - man wird sehen!
So kann die Regierung nur an sich selbst scheitern. [1] https://www.tichyseinblick.de/meinungen/maas-das-auswaertige-amt-aa-als-gender-treibhaus/
Der Verfasser dieser Zeilen sieht die rot-gelb-grüne Zukunft in Deutschland recht schwarz - aber er hofft, dass sich seine Befürchtungen nicht bewahrheiten!