21. 10. 2021 Wer schlief hier mit wem und warum?

Der Axel-Springer-Verlag beendete am 18. Oktober 2021 die Zusammenarbeit mit Julian Reichelt, der seit 2017 Vorsitzender der Chefredaktion und Chefredakteur Digital der Bild-Zeitung gewesen war. Hatte er doch mit nachgeordneten Mitarbeiterinnen offensichtlich das eine oder andere Techtelmechtel, und das auch noch, nachdem er vorher von seinem Chef Matthias Döpfner deutlich ermahnt worden war.

Die Probleme zwischen Männern und Frauen gibt es überall dort, wo selbige zusammenarbeiten. Und nirgendwo sieht man es gern, wenn das eigentlich gute Betriebsklima so weit geht, dass man auch noch die Nächte miteinander verbringt. Insofern steckt man grundsätzlich Ehepartner, sofern sie in der gleichen Firma (oder Behörde)arbeiten, nicht in dieselbe Abteilung. Und Liebesbeziehungen nicht-verheirateter Partner werden von den Vorgesetzten nicht gern gesehen und führen meist zur Umsetzung.

Aber noch schlimmer ist es, wenn der Chef (oder die Chefin) ein Verhältnis mit einem Mitarbeiter (m/w/d) anfängt. Den Kollegen bleibt das selten verborgen, und über kurz oder lang leidet das Betriebsklima darunter. Und natürlich auch die Ehe, wenn einer oder beide verheiratet sind.

Das war der Fall bei dem oben erwähntem Chefredakteur der Bildzeitung. Sein Verhalten war strafrechtlich nicht relevant, soweit man es heute beurteilen kann, es war einfach nicht angemessen. Aber das ist das Wesen von Sexualität. Darum findet sie ja im Verborgenen statt. Alle Welt fällt nun über Reichelt her, und tatsächlich bringt die Öffentlichkeit kein Verständnis und erst recht keine Entschuldigung für ihn auf.

Aber war er wirklich der Alleinschuldige? Im Regelfall ist der Chef der Ältere und der Erfahrenere. Er müsste eigentlich wissen, dass sich so etwas nicht gehört und den Betriebsfrieden stört.

Doch: Zum Ehebruch gehören immer zwei, sagt der Volksmund, und er sagt auch: Macht macht sexy!

Das dürfte im Wesentlichen auch für die Liaison im Chef-Mitarbeiterverhältnis gelten. Hat die beteiligte Mitarbeiterin denn nicht strikt und eindeutig „Nein!“ gesagt?
Oder hat sie ihre weiblichen Reize eingesetzt, z. B. weil sie sich geschmeichelt fühlte?
Oder hat sie es gar darauf angelegt, weil sie auf eine bessere Bezahlung oder eine Beförderung hoffte? Man wird das nie klären können!

Kurzum, der Vorgesetzte ist nicht immer der Schuldige oder Alleinschuldige, auch wenn es die öffentliche Meinung in den Zeiten der Me-Too-Debatte gern so hätte. Der Weg, der in den undeutlich flimmernden Bereich aus sexueller Anziehung, Macht, Missbrauch, Instrumentalisierung stattfindet und manchmal sogar zur Liebe führt, ist vielschichtig. Und man kann nicht die Augen davor verschließen, dass sich viele spätere Ehepaare im Berufsleben kennen und lieben gelernt haben.

Und Ihr alle, die Ihr jetzt über Reichelt herfallt, prüft einmal die Verhältnisse in Eurer Firma!