12. 8. 2021 Die Inflationsrate steigt weiter

Jahrelang musste man sich anhören, dass es nur eine wirkliche Gefahr gäbe, nämlich eine Spirale sinkender Preise, also eine Deflation. Nachdem schon am 14. 5. 2021 hier an dieser Stelle warnend der Finger gehoben wurde, mehren sich die Signale für ein Anziehen der Inflation. Nach einer Phase Corona-bedingt sinkender Preise lag im Juli die Inflationsrate bei durchschnittlich 2,0 Prozent im Euro-Raum, 2,7 Prozent in Österreich, 3,8 Prozent in Deutschland und 5,4 Prozent in den USA, dem höchsten Wert seit 13 Jahren.

Wer also bei uns in Deutschland eine geringere Einkommenssteigerung als 3,8 Prozent hat, dessen Realeinkommen sinkt. Und da die Zinsen bei Null liegen, verringert sich das Ersparte, egal ob auf der hohen Kante, unter dem Kopfkissen oder auf der Bank, ebenfalls um die Höhe der Inflationsrate. Eine Inflation betrifft also vor allem die lohnabhängig Beschäftigten und die Sparer.

So ganz überraschend kommt die Inflationsrate nicht, Jedes Aufschaukeln der Teuerung beginnt schleichend. Die Überhitzungen an den Immobilienmärkten und die ständigen „Allzeithochs“ an den Aktienmärkten lassen die Immobilien- und Aktien-Händler jubeln. Aber auch die Entwicklung der  Kryptowährungen ist schon lange eine Warnung, dass die Geldpolitik weltweit zu locker ist und sich das früher oder später in der Konsumgüterteuerung niederschlagen wird.

Viele Meinungsbildner, Euro-Finanzer und  Finanzminister nehmen das nicht ernst. Ein bisschen Inflation sei ganz gut, und somit bestehe kein Grund zu Ängsten, waren schon die EU-Banker Draghi und seine Nachfolgerin Lagarde zu vernehmen. Eine gespielte Sorglosigkeit, zurückzuführen auf die niedrigen Schuldzinsen, die die Staaten zum Schuldenmachen geradezu einlädt.

Und die Bevölkerung lässt sich das gefallen und geht nicht auf die Straße. Liegt das daran, dass sie keine Erfahrung mit einer Inflation hat und sich nicht mehr daran erinnern kann, was die Altvorderen von der Inflation in Deutschland in den zwanziger Jahren des vergangen Jahrhunderts zu berichten wussten? Und an die frühen 70er Jahre unter Willy Brandt mit Inflationsraten von ca. 7 Prozent (und Hypothekenzinsen von bis zu 14 Prozent) können sich auch nur noch die über 70-Jährigen bewusst erinnern!


Wollen wir hoffen, dass es bei uns nicht zu einem Volcker-Effekt kommt. Paul Volcker (1927–2019) war am 7. August 1979 unter Präsident Jimmy Carter zum Vorsitzenden der amerikanischen Notenbank Fed ernannt worden. Damals lag die Inflationsrate in den USA bei 13 Prozent. Zwei Monate später begann Volcker eine konsequente Anti-Inflationspolitik mit Leitzinsen in der Spitze von über 20 Prozent. Eine schwere Rezession war die Folge, aber der Erfolg gab ihm Recht. Die Teuerung wurde gebrochen, und die amerikanische Wirtschaft ging gestärkt aus der Rosskur hervor.