30. 4. 2021 Die alten weißen Männer
Bisher ist man immer gut damit gefahren, die jungen Menschen bei ihren Zukunfts-Vorstellungen zu unterstützen, aber auch den Rat der Alten, weil Erfahrenen einzubeziehen.
Nicht so in Deutschland. Hier ist der Begriff „Alter weißer Mann“ zu einem Schimpfwort mutiert, obwohl er eigentlich aus den USA stammt, in denen es zusätzlich zu den Problemen zwischen Jung und Alt auch solche zwischen Weiß und Schwarz gibt.
Was ist die Ursache? Natürlich sind die jungen Leute die „Stürmer und Dränger“, denen es gar nicht schnell genug gehen kann, die Welt in ihrem Sinne voranzubringen. Und jeder, der nicht sofort Hurra schreit oder gar andere Sichtweisen einbringt, wird als „alter, weißer Mann“ verunglimpft. Stellt er sich doch dem Fortschritt in den Weg! Doch die Alten sind die Erfahrenen, die in ihrem Leben oft genug Fehlentwicklungen korrigieren mussten.
Da darf man die Frage stellen, ob denn dieser Begriff „alter, weißer Mann“ rassistisch ist, greift er doch die Weißen als Rasse an. Oder ist er sexistisch, spricht er doch nur von Männern, oder ist er ein Fall von Altersdiskriminierung? Wie man es auch immer dreht und wendet, die User dieses Begriffs sind sich oft gar nicht bewusst, welchen Unsinn sie reden oder schreiben. Wie die Journalistin und Feministin Sophie Passmann, die noch weiter geht und diese Spezies als „weißer, gesunder, christlicher, wohlhabender Mann, der die Erzählungen schreibt, den Kuchen backt und uns die Welt erklärt" definiert. Versöhnlich ist allein der Untertitel ihres gleichnamigen Buches, der von einem Schlichtungsversuch, also dem Versuch einer Annäherung spricht.
Wie unpassend, manchmal sogar bösartig dieser Begriff verwendet wird, kann man leicht eruieren, wenn man ihn in „alte, weiße Frauen“ umdefiniert. Das passt ein bisschen zu der Tatsache, dass unsere Feministen (m/w/d) männlichen Begriffen, die positiv sind, gern auch in der weiblichen Form sprechen oder schreiben, was vor allem für akademische Berufe gilt, dies aber angelegentlich bei negativ besetzen Begriffen vergessen. Oder haben Sie schon einmal von einer Perversin oder Naziin (resp. Nationalsozialistin) gehört?
Dabei haben wir den älteren Damen unserer Gesellschaft viel zu verdanken, nicht zuletzt dass sie unsere Sprösslinge in die Welt gesetzt haben. Aber darf man auch daran erinnern, dass die alten weißen Männer ebenfalls daran beteiligt waren?
Bisher durfte man als älterer Herr auf seine Lebensleistung stolz sein – und das sollte man sich auch nicht von diesen Flegeln vermiesen lassen, die die „alten, weißen Männer“ als Inkarnation der Fortschrittsverweigerung, des Rassismus und der Überheblichkeit ansehen. Trösten wir uns damit, dass diese Menschen, zumindest der männliche Teil, auch irgendwann zu „alten, weißen Männern“ werden.