13. 1. 2021 Unwort des Jahres
Ein Zusammenschluss von vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten kreiert jährlich das Unwort des Jahres und hat dabei schon viele gute Einfälle gehabt. Hier sei nur an die „Ich-AG“ (2002), „Herdprämie“ (2007), „Lügenpresse“ (2014) oder „Klimahysterie“ (2019) erinnert.
Aber mit „Rückführungspatenschaften“ und „Corona-Diktatur“ aus 624 Vorschlägen hat sich die Jury im letzten Jahr ihres Daseins kein Denkmal gesetzt. Gut, dass es ab dem kommenden Jahr eine neue Zusammensetzung der Gutachter-Instanz gibt. Das Wort „Rückführungspatenschaft“ der Europäischen Union sei „zynisch und beschönigend und zudem Ergebnis einer seit Jahren moralisch enthemmten Diskussion über Flucht und Migration“.
Das Wort „Corona-Diktatur“ werde insbesondere von rechtsextremen Protagonisten gebraucht, um regierungspolitische Maßnahmen der Covid-19-Pandemie zu diskreditieren. Gab es keine besseren Entscheidungen?
Bis 1994 wurde das „Unwort des Jahres“ im Rahmen der Gesellschaft für deutsche Sprache gewählt, die ein hauptsächlich von der deutschen Kultusministerkonferenz und dem Kulturstaatsminister im Bundeskanzleramt finanzierter Verein ist, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die deutsche Sprache zu pflegen. Nach einem Konflikt mit dem Vorstand der GfdS machte sich die Jury als „Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres“ institutionell unabhängig und verlor damit ihre Überparteilichkeit. Man merkt an einigen der Unwörter der folgenden Jahre, dass es weniger um das Wort selbst als vielmehr um „Haltung zeigen“ ging.
So kam offene Kritik auf. Die Schriftstellerin Julia Zeh kritisierte die Wahl von „Klimahysterie“ zum Unwort 2019, weil man sich durch „Bewertung einer Haltung in einer kontroversen und sehr, sehr aktuellen politischen Diskussion“ auf eine Seite stelle. Andere führten an, dass „nie Wörter mit einer linken oder grünen Konnotation“ (Begriffsinhalten) verwendet würden.
Freuen wir uns auf die neue Jury und hoffen, dass ein neuer Geist und neue Ideen einziehen. Der zu publizierenden Unwörter gibt es viele - der Stoff wird auch den Neuen nicht ausgehen