2. 2. 2020 Die EU hat durch den Brexit nichts gelernt

Das Vereinigte Königreich war trotz Mitgliedschaft in der EU schon immer etwas zurückhaltender, was den von den Gründungsvätern der EU angestrebten Vereinigungsprozess in Europa anging.
U. a. störte man sich daran, dass man die Beschlüsse des Europäischen Parlaments in nationales Recht umsetzen musste, aber besonders an der europäischen Zuwanderungs- und  Finanzpolitik. So behielt Großbritannien nicht ohne Grund seine eigene Währung, nämlich das Pfund.

Der EuGH wurde von jeher als besonders problematisch angesehen, weil dem englischen Verfassungsrecht die Beaufsichtigung des Parlamentes durch Gerichte fremd ist. Das Parlament war bis zum Beitritt zur EU vollständig souverän. Kontrolliert wurde es nur durch den Wähler. Das hat sich im Laufe der letzten 47 Jahre geändert. Auch und gerade wegen der Mitgliedschaft in der EU können nun Gerichte, insbesondere der EuGH, Parlamentsgesetze aufheben. Ob man diese Europäisierung der britischen Verfassung nach dem Austritt der EU einfach zurückdrehen kann, bleibt abzuwarten.

Die EU hat das Ihre dazu beigetragen, in Großbritannien bei vielen EU-Skeptikern den Eindruck zu erwecken, dass man jetzt gegensteuern müsse. Man muss vermeiden, dass aus dem ältesten Parlament Europas eines Tages ein bloßer Landtag in einem imperialen Bundestaat wird.

Es gibt vieles, was man am Brexit gerade als Deutscher bedauern wird. Mit zum Schlimmsten gehört die totale Unfähigkeit der EU und ihrer politischen Eliten, aus dem Austritt Großbritanniens – und vielleicht noch mehr aus dem Anwachsen EU-kritischer Parteien - etwas zu lernen. Solange man daran festhält, dass die Antwort auf jedes Problem in Europa immer nur „Mehr Europa“ ist, steuert die EU auf weitere Krisen zu.

In Brüssel und Luxemburg herrscht vor allem im Parlament und beim Europäischen Gerichtshof, zum Teil aber auch in der Kommission, eine Philosophie vor, für die die Zentralisierung und die Homogenisierung Selbstzweck sind. Dass es da zu Unzufriedenheit kommt, ist nicht verwunderlich, wobei für viele Länder das Streuen von Sand in das Getriebe der EU von innen aussichtsreicher ist als ein Austritt. Dazu muss man nur auf Polen, Ungarn und Tschechien blicken, wo sich diese Vorgehensweise als durchaus erfolgreich erwiesen hat.

So bedauerlich der Austritt Großbritanniens aus der EU auch ist, kann das Land auf Dauer vielleicht doch zu einem Gegenmodell zur EU werden, die den Sinn für das rechte Maß zunehmend verliert.

Durch den Austritt könnte Großbritannien auch außerhalb der EU erfolgreich sein, wie man an der Schweiz sehen kann. Dann wäre man in Brüssel vielleicht eines Tages genötigt, darüber nachzudenken, ob nicht ein funktionsfähiger Bund von Nationalstaaten besser ist als ein dysfunktionaler Bundesstaat, wie er heute als Endpunkt der Entwicklung der EU angestrebt wird.

Hier sei nur an die großen – und manchmal auch kleinen – Reiche der Weltgeschichte erinnert, die wegen der Vielzahl ihrer unterschiedlichen Völker über kurz oder lang zerbrochen sind, soweit nicht eine unerbittliche Diktatur jeden Freiheitsgedanken unterdrückt hat. Das Römische Reich, das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, die Sowjetunion oder zuletzt Jugoslawien lassen grüßen! Da dürfte auch ein europäischer Bundesstaat keine Chance haben.

Und ein Europa der Vaterländer ist allemal sympathischer als eine knallharte Diktatur, unter der die Menschen und Völker zusammengehalten werden.