10. 1. 2020 Unsere Meinungsfreiheit
Seit 70 Jahren gilt Art. 5 des Grundgesetzes in nahezu unveränderter Fassung:
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) …
Wir sind wiederholt an dieser Stelle für die Meinungsäußerungsfreiheit eingetreten, allerdings ohne Vorgaben für den politischen Standpunkt zu machen. Denn es gab und gibt immer wieder Leute, die dieses Recht nur für ihre eigene Meinung gelten lassen. Toleranz ja, aber nur gegenüber jenen, die die gleiche Meinung haben.
Bei den vom Mainstream abweichenden Meinungen des linken Spektrums ist man toleranter und hat höchstens Schelte und Verachtung übrig, wenn z.B. die neue SPD-Co-Vorsitzende Eskens oder der JUSO-Vorsitzende Kühnert die Vergesellschaftung oder Enteignung großer Firmen fordern.
Das sieht bei den Meinungen des rechten Spektrums aber ganz anders aus. Da schlägt der Staat mit dem Verfassungsschutz und der Gerichtsbarkeit unbarmherzig zu, und jeder Satz z. B. gegen die Willkommenskultur wird von Gutmenschen zur Anzeige gebracht und von der Justiz hochnotpeinlich überprüft.
Da muss man auch die Frage stellen, was denn eigentlich das rechte Spektrum ausmacht. Wenn man die alten Bundestagsprotokolle aus den Zeiten der Bonner Republik liest, stellt man fest, dass hochgeachtete Bundeskanzler und –minister wie Helmut Schmidt (SPD), Helmut Kohl (CDU) oder Franz-Josef Strauss (CSU) Dinge von sich gegeben haben, derentwegen sie heute einen Shitstorm und die dazu gehörenden Strafverfahren über sich ergehen lassen müssten. Geradezu lächerlich wird es, wenn AfD-Vertreter heute dieselben Thesen wiederholen und als unverbesserliche Rechte oder gar Nazis gebrandmarkt werden.
Nein, nicht die Menschen, sonders das politische Raster hat sich seitdem und vor allem seit der Wende nach links verschoben. Seit 1982 resp. seit 1990 sind zwei neue Parteien in den Bundestag gezogen, die politisch links stehen, nämlich die Grünen und die Linke. Plötzlich befanden sich die CDU und ihre Schwesterpartei CSU, die früher immer die Mitte zwischen der linken SPD und einer rechten NPD darstellten, am rechten Rand. Also steuerten beide, die CDU unter Merkel zuerst, die CSU unter Seehofer und Söder etwas später, ebenfalls nach links. Damit machten sie die Mitte und die bürgerlich-konservative Seite frei, in die eine neue Partei, nämlich die AfD, stieß. Unisono stehen die herkömmlichen Parteien kritiklos zu Europa und unisono loben sie die Willkommenskultur in gleichem Maße, wie sie Kritik am Klimawandel verdammen. Wer da eine andere Meinung hat, dem bleibt nur die AfD.
Ernst zu nehmende Politologen sehen genau das als die entscheidende Ursache für den Zuwachs der AfD an.
Heute haben sogar unreife Teenies (Fridays für Future oder Extinction Rebellion) die Meinungshoheit und werden von den politischen Eliten und der Presse hofiert. Und einer von ihnen wird sogar ein Aufsichtsratsposten angeboten, obwohl sie nicht einmal einen Schulabschluss hat, geschweige denn eine berufliche oder universitäre Ausbildung. Selbst Wirtschaftsführer entblöden sich nicht, um sie herumzuschleimen.
Aber die Menschen mit einer Einstellung rechts von Merkel – hier werden bewusst die Begriffe „rechts“ oder „rechtspopulistisch“ vermieden - sollen bzw. dürfen ihre Meinung nicht äußern, ohne nicht von den anderen niedergemacht zu werden. Da sind wir wieder bei dem Punkt, dass man Toleranz und Meinungsäußerungsfreiheit zwar gut und richtig findet, aber nur bei den eigenen Überzeugungen.
Selbst unser gebührenfinanziertes öffentlich-rechtliches Fernsehen ist sich nicht zu schade, die Verträge mit missliebigen Journalisten, Tagesschausprecherinnen oder Comedians nicht zu verlängern und sie damit auf die Straße zu setzen. Selbst Dieter Nuhr muss um die Verlängerung seines Vertrages zittern, hatte er doch die Umweltikone Greta in einer seiner Sendungen durch den Kakao gezogen.
Unser Artikel 5 (Meinungsäußerungsfreiheit) schützt zwar in der Theorie des Grundgesetzes die freie Rede – aber er befreit nicht von deren Risiken in Form von sozialen Folgekosten. Wer sich öffentlich äußert, muss damit rechnen, dass seine Worte in der Inquisition der öffentlichen Prüfung landen. Da werden Arbeitgeber, Wohnungsvermieter, Vorsitzende von Sport-, Kultur- und Karnevalsvereinen, ja selbst der Feuerwehr aufgefordert, sich von den Andersdenkenden, den vermeintlich Rechten, zu trennen.
Aber eine Grenze bei der Meinungsäußerungsfreiheit muss deutlich gezogen werden: Wer sie dazu nutzt, Beleidigungen, Verleumdungen oder gar Hetze gegen Andersdenkende zu artikulieren, muss von der Staatsanwaltschaft und den Gerichten (nicht von Facebook und Co., wie es das Netzwerkdurchsetzungsgesetz vorsieht) zur Rechenschaft gezogen werden. Denn diese Freiheit hat ihre Grenzen – wie eingangs erwähnt – im Strafgesetzbuch und in der persönlichen Ehre des anderen.
Anders ausgedrückt: Die Meinungsfreiheit kann nur dann weiterhin gewahrt werden, wenn alle, die sich öffentlich äußern, die Grenzen des Grundgesetzes achten. Das gilt auf der einen Seite für Leute wie Jan Böhmermann als Täter wie auch auf der anderen Seite für Alice Weigel (AfD) oder Renate Künast (Grüne) als Opfer.
Und der Staat muss durchgreifen! Vielleicht hilft dabei schon, wenn die §§ 185 ff StGB (Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede) auch ohne Strafantrag verfolgt werden, wenn sie öffentlich oder im Netz begangen werden.