14. 12. 2019 Die AfD und ihr wundersamer Aufstieg
Die Umfragewerte der AfD zeigen derzeit immer noch nach oben. Selbst in Thüringen mit dem von allen Parteien und den Leit-Medien angegriffenen Vorsitzenden Björn Höcke erzielte die Partei mit 23,4 Prozent einen landesweiten Höchststand und konnte ihr Ergebnis von vor 5 Jahren verdoppeln.
Bei der letzten Bundestagswahl waren es vor knapp zwei Jahren 12,6 Prozent gewesen. Das klingt nicht viel, hat aber dazu geführt, dass die AfD die stärkste Oppositionsfraktion stellt.
Offenbar sind die Wähler der AfD gegen zweierlei immun: gegen immer wiederkehrende Ausfälle und Selbstbeschädigungen ihrer eigenen Mandatsträger – jüngst erst zerlegte sich die AfD in Bremen, die bayerische AfD hätte es fast ebenso getan –, immun sind sie aber auch gegen die Verwünschungen und Angriffe durch konkurrierende Parteien und die sie unterstützenden Leitmedien.
Der Grund für diese doppelte Resistenz ist selten zu hören, liegt aber auf der Hand: Die AfD hält auf dem politischen Markt ein Angebot bereit, nach dem es eine stabile Nachfrage gibt. Und niemand sonst will diese Nachfrage befriedigen, will diese Wähler für sich gewinnen. Hier sei nur an die CDU mit ihrer Werteunion erinnert, die sie intern bekämpft, als sei sie der Leibhaftige persönlich. Die Arroganz der Polit-Eliten ist unglaublich. Sei´s drum, die AfD lebt von der Angebotslücke, die die anderen Parteien geschaffen haben.
Die Debatte, ob die AfD eine bürgerliche Partei sei oder nicht, ob sie demokratisch sei oder nicht, führte zu keinem Einbruch der Umfragewerte, im Gegenteil. Selbst die Androhung des Verfassungsschutzes, sie unter Beobachtung zu stellen, zeigte keine oder nur eine geringe Wirkung. Weil es den potenziellen und tatsächlichen Wählern der AfD egal ist? Gewiss nicht. Die AfD wird nicht für das gewählt, was sie ist, sondern für das, was die anderen Parteien nicht sind. Sie ist die Schnittmenge der programmatischen Leerstellen von CDU, CSU, SPD und FDP, vielleicht auch von Grünen und Linkspartei.
Wen beispielsweise soll ein Kritiker der Merkel´schen Migrationspolitik wählen, wenn diese bis heute nicht von CDU und CSU aufgearbeitet worden ist? Für wen soll sich erwärmen, wer die „Klimaschutz–First-Bewegung“ ablehnt und sich seine Freude an der Mobilität nicht durch politischen Gewissensdruck vermiesen lassen will? Wen soll man wählen, wenn man mit der EU hadert?
Die AfD hat sich mittlerweile zu einer in sich geschlossenen Partei gewandelt. In ihr sammeln sich jene Anliegen einer bürgerlichen und wertkonservativen Klientel, die von den anderen Parteien als überholt oder weltanschaulich „von gestern“ ausrangiert worden sind. Zudem profitiert sie als Oppositionspartei davon, dass sie nach Belieben schimpfen und fordern kann, was sie will, ohne sich dem Praxistest stellen zu müssen.
Ein bemerkenswertes Interview gab an ferner Stelle im Ausland der ehemalige Chef des Bundesnachrichtendienstes August Hannig. Im Sunday Express erklärte er, Merkels Migrationspolitik habe Deutschland eine „Sicherheitskrise“ eingebracht. Es gebe jeden Tag Probleme; in Deutschland hielten sich über 300.000 Menschen mit ungeklärter Identität auf.
Wahrscheinlich hat diese Aussage, dieser letztlich schwerwiegende Vorwurf bei jenen, die es angeht, nicht auch nur einen einzigen Gedanken ausgelöst. Und Hannig kann froh sein, dass er mittlerweile pensioniert ist, denn wie man mit Behördenleitern umgeht, die der Kanzlerin oder ihrem Regierungssprecher widersprechen, kann er an dem BfV-Chef Maaßen sehen.
Wo sind die klugen Köpfe in den Reihen von CDU und CSU, die jenseits von Fraktionszwang und Parteilinie nachdenklich geworden wären? Wo sind die mutigen Politiker mit Augenmaß, die in Selbstkritik und erst recht in Kanzlerinnenkritik kein parteischädigendes Verhalten erblicken? Wo sind die Frauen und Männer in der politischen Klasse, die Allgemeinwohl und Staatsräson zusammenbringen? Fehlanzeige, soweit man blicken kann!. Durch selbstgerechte Scheuklappenpolitik spielt man jener Partei in die Hände, die man mit Beschimpfung meint kleinhalten zu können. Welch Wahnwitz, aber auch welch kolossaler Irrtum.
Wenn Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) jeden vierten Migranten, der über das Mittelmeer nach Europüa kommt, in Deutschland aufzunehmen verspricht, protestieren die Werteunion und Teile der CSU, werden aber durch ihre Pateioberen, die Mitglieder der anderen Fraktionen und natürlich durch die Mainstreampresse niedergehalten. Vermutlich zieht die Kanzlerin mit ihrer Entourage weiter und verteilt das Geld der hiesigen Steuerzahler ungebrochen nach vorgeblich humanitären Gesichtspunkten in vieler Herren Länder. Ist es da ein Wunder, dass Protest sich bündelt bei einer Oppositionspartei, die behaupten kann, für solche von ihr abgelehnte Mittelverwendung nicht auch nur die geringste Verantwortung übernehmen zu wollen?
Wenn das Land Berlin ankündigt, für Migranten zehn neue Häuser mit dem Geld der hiesigen Steuerzahler zu bauen, wo soll derjenige seinen Protest artikulieren, der solche Ausgaben mit dem Allgemeinwohl abgewogen wissen will? In den Bürgersprechstunden von CDU und SPD, Linken und Grünen stieße er auf Unverständnis, müsste sich vielleicht als nationalistisch beschimpfen lassen.
Wer wirklich, wie es vollmundig heißt, der AfD „den Wind aus den Segeln nehmen will“, sollte sich etwas weniger über die Mandatsträger der AfD echauffieren und etwas mehr mit den Wählern und deren Motiven beschäftigen. Als RAlf Stegner, nicht-gewählter Kandidat für den SPD-Vorsitz, gegen „diese völkischen Demokratiefeinde und Nationalisten“ ausholte, die „wieder raus aus unseren Parlamenten“ müssten, tat er das programmatisch Falscheste. Kein einziger AfD-Wähler wird sich in Luft auflösen, solange er seine Anliegen nur von der AfD vertreten sehen kann. Auch die Forderung von Stegners Parteifreund Johannes Kahrs, die AfD zu verbieten, schließt nicht die Angebotslücke. Solange die SPD sich weigert, die soziale Frage und die Migrationsfrage gemeinsam zu betrachten, werden ihr weiterhin viele Arbeiter den Rücken kehren, im Ruhrgebiet und anderswo.
Insofern gilt im Fall der AfD, was generell im politischen Wettbewerb gilt: Probleme löst man nicht, indem man sie zu Ängsten erklärt und damit verharmlost. Wähler gewinnt man nicht zurück, wenn man die Wähler beschimpft und die Gewählten herabwürdigt. Angebotslücken schließen sich nicht, wenn man Nachfragen unbeantwortet lässt.
Selbstkritik ist der Königsweg, um Vertrauen zurückgewinnen, Selbstgerechtigkeit verdirbt alles. Diese einfachen Lektionen sind im Umgang mit der AfD die allerschwersten. Darum ist derzeit nicht absehbar, wann deren Höhenflug enden wird.
Wir sind gekommen, um zu bleiben“ tönten die AfD-Spitzen nach ihrem Einzug in die Parlamente, und das scheint sich wohl zu bestätigen.