8. 10. 2019 Herbert Grönemeyer in Wien
Irgendwie fühlt man sich bei Grönemeyer an die Rede von Joseph Goebbels erinnert, als er am 18. 2. 1943 im Berliner Sportpalast die Massen fragte: „Wollte Ihr den totalen Krieg?“ Sie wollten ihn, und sie bekamen ihn.
Was war geschehen? Herbert Grönemeyer ist aktuell mit seinem Album „Tumult“ auf Tour. Der deutsche Popstar ist dafür bekannt, dass er sich auch politisch artikuliert. Und wie es sich für einen Künstler gehört, steht er politisch links. Mehrfach schon machte er gegen Fremdenfeindlichkeit mobil, wobei er alles, was nicht freudestrahlend jeden Flüchtling in Deutschland aufnimmt, als rechts und fremdenfeindlich bezeichnet. Daneben bekundete er, keinerlei Verständnis dafür zu haben, dass jemand eine rechte Partei wählt.
Am Donnerstag, dem 12. 9. 2019, spielte der Sänger vor einer ausverkauften Halle in Wien. Auch da machte der 63-Jährige einen Aufruf gegen rechts. Vor 14.000 Fans sagte er: „Ich kannte das nur vom Hörensagen, in Zeiten zu leben, die so zerbrechlich, so brüchig und so dünnes Eis sind. Und ich glaube, es muss uns klar sein, auch wenn Politiker schwächeln, das ist, glaube ich, in Österreich nicht anders als in Deutschland, dann liegt es an uns.“
Grönemeyer wird von Applaus und Jubel der Fans unterbrochen. „Dann liegt es an uns zu diktieren, wie ´ne Gesellschaft auszusehen hat. Und wer versucht, so eine Situation der Unsicherheit zu nutzen, wer rechtes Geschwafel für Ausgrenzung, Rassismus und Hetze, der ist fehl am Platze! Diese Gesellschaft ist offen und humanistisch“(wörtl.). Er beendet seine Ansage mit dem Ausruf: „Keinen Millimeter nach rechts! Keinen einzigen Millimeter nach rechts! Und das ist so. Und das bleibt so.“
Auf Twitter wird diese Szene, die als Video gepostet wurde, diskutiert. Während einige Nutzer ihm zustimmten, rügten andere den Duktus des Sängers. „Der Tonfall, mit dem Grönemeyer sein Publikum politisch anheizt, macht ein wenig Angst“, twittert der deutsche Autor Bernd Stegemann. Er ist Unterstützer der linken Sammlungsbewegung „Aufstehen“ und fügte an: „Ich sag`s ungern, aber er klingt wie ein Redner vor 1945.“
Auch inhaltlich gibt es Kritik am Sänger, der die meiste Zeit mit seiner Familie in London lebt. Der Satz „Dann liegt es an uns zu diktieren, wie `ne Gesellschaft auszusehen hat“ wird mit „verstörend“, „gruselig“ oder als Entgleisung kommentiert. Auch der Vergleich zu Goebbels fällt (Siehe oben).
Das sieht Heiko Maas anders. Der deutsche Außenminister mischte sich in die Debatte ein, indem das Video teilte und schrieb: „Es liegt an uns, für eine freie Gesellschaft einzutreten und die Demokratie gemeinsam zu verteidigen. Danke an Herbert #Grönemeyer und allen anderen, die das jeden Tag tun.“
Ein Tweet, für den auch Maas nun in der Kritik steht. „Ist das Ihr Verständnis von Demokratie?“, wird da gefragt. Oder: „Herr Maas, haben sie nicht hingehört? Grönemeyer will diktieren und nicht verteidigen!“
Schade, Herbert. Als du damals noch „4630 Bochum“ oder „Flugzeige im Bauch“ sangst, war ich ein Fan von Dir. Als Sänger mochte ich Dich, als Politiker tust Du Dir keinen Gefallen!
Schuster, bleib bei deinem Leisten!