5. 9. 2019 Die DDR-Bürger, die AfD und die Treuhand

Die AfD ist seinerzeit in Sachsen-Anhalt und jetzt in Sachsen und Brandenburg von ungefähr jedem vierten Bürger in den östlichen Bundesländern gewählt worden, und in Thüringen im Oktober dürfte es ähnlich ausgehen.

Plötzlich werden die Leitmedien, an erster Stelle der SPIEGEL und der STERN, hellhörig. Fairerweise suchen sie nicht wieder zuerst die Schuld bei den Ossis, sondern fragen nach, was bei der Wende schief gelaufen ist.

Galt die deutsche Einheit bisher als eine vollendete Erfolgsgeschichte, werden nun ihre Schattenseiten thematisiert. Die Treuhand, die ganze Industriezweige abgewickelt, Regionen mit einer 150jährigen Industriegeschichte deindustrialisiert und Millionen von Menschen arbeitslos und ohne Perspektiven hinterlassen hat, gerät ins Visier. Ebenso das Aussterben ostdeutscher Kleinstädte, deren Bevölkerung infolge der Abwanderung in manchen Fällen auf die Zahl der Mitte des 19. Jahrhunderts geschrumpft ist.

Zur Erinnerung: Die Treuhandanstalt war eine in der Spätphase der DDR von der Modrow-Regierung gegründete Anstalt des öffentlichen Rechts in Deutschland mit der Aufgabe, die Volkseigenen Betriebe der DDR nach den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft zu privatisieren und die „Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sichern“ (§ 8 Treuhandgesetz) oder, wenn das nicht möglich war, stillzulegen. Unmittelbar nach der Wende übernahmen Wirtschaftsfachleute aus der Bundesrepublik das Sagen in der Treuhand, und mit Rohwedder und nach seiner Ermordung mit Breuel wurde nur wenig Rücksicht auf die Menschen und die Regionen genommen. Darüber hinaus kam es Im Umfeld der Privatisierung zu Fällen von Fördermittelmissbrauch und Wirtschaftskriminalität.

Zugegeben, die Treuhand hat nicht allein schuld an der Misere der Wirtschaft in den Bundesländern der ehemaligen DDR. Denn relativ zeitgleich ist mit dem Niedergang der Sowjetunion ist auch der RGW, der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, in dem die Ostblockstaaten wirtschaftliche zusammengengeschlossen waren, zusammengebrochen, so dass der Export in diese Länder ebenfalls einbrach.

Aber man kann es den ehemaligen DDR-Bürgern nicht verdenken, dass sie der Wirtschaft der Bundesrepublik resp. der Europäischen Union mit sehr viel Skepsis gegenüber stehen, zumal sich die Soziale Marktwirtschaft, auf die die Bundesrepublik zu Recht stolz war, schleichend in einen weltweit operierenden Raubtierkapitalismus gewandelt hat.

Man darf sogar die Frage stellen, wann die Bürger der Bundesrepublik (alt) das merken und die Konsequenzen ziehen.