23. 6. 2019 Ein Nachklapp zum Mathe-Abiturprüfung
Die Lösung einer Mathematikaufgabe in der Schule ist richtig oder falsch. Mathematik ist nicht verhandelbar, lässt keinen psychologischen Debattierspielraum, auch mit seichtem Gerechtigkeitsgequatsche und Klimavisionen kommt man hier nicht weiter, ebenso wenig wie mit emotionaler Erpressung von Eltern oder Lehrern oder Verweisen auf religiöse oder rassistische Ausgrenzung.
Bei Mathematik gilt einfach nur logisches und folgerichtiges Denken sowie die Anwendung von Formeln und erlernten Grundlagen. Zwei und Zwei ist nun ´mal Vier, da beißt auch die Maus der Kuschelpädagogik keinen Faden ab!
Kein Wunder, dass die Schmalspurabiturienten aus allen Wolken fallen, wenn tatsächlich einmal ein wirklicher Leistungsanspruch an sie herangetragen wird. Das sind sie nicht gewöhnt.
Dass das Abitur in Deutschland zur Discounter-Ware verkommt, ist längst bekannt. Der wahre Mensch beginnt ja angeblich erst mit Abitur und Eintritt ins Studium. Dieser Haltung folgen die Realitäten: Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich die Zahl der jährlichen Studienanfänger von damals rund 260.000 auf aktuell gut 500.000 verdoppelt; seit 2014 gibt es pro Jahr mehr junge Leute, die ein Studium beginnen, als junge Leute, die eine berufliche Bildung qua Lehre anfangen. Wie ausgeprägt die Schieflage ist, zeigt zugleich die Tatsache, dass wir 330 Berufsbildungsordnungen und etwa 18.000 Studienordnungen haben.
Folge: Der Fachkräftemangel ist zum ernsten volkswirtschaftlichen Problem geworden, das Abitur gilt als Standardabschluss. Die Hochschulen aber müssen für Studierberechtigte – was etwas anderes ist als Studierbefähigte – mittlerweile etwa in Mathematik Liftkurse einrichten, damit die jungen Studiosi überhaupt in die Anfangsveranstaltungen der Studienfächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technikwissenschaften oder Wirtschaftswissenschaften hineinfinden.
Kein Wunder, wenn immer mehr junge Leute und deren Eltern daraus ein Recht auf Schulabschluss mit Abitur ableiten. Die Parteien und Regierungen unterstützend das mehr oder minder direkt. Der Weg zu Abitur und Studium wird immer mehr geglättet, auf dass doch ja keiner stolpere oder hängenbleibe. Die steigenden Gymnasiasten- und Abiturientenquoten und die immer besser gewordenen Abiturnoten sind Ergebnisse dieser Politik. Obendrein gibt es immer mehr „Einser“-Abiturzeugnisse. Die Landesschnitte beim Abitur bewegen sich dort, wo früher ein Spitzenabitur lag: zwischen den Noten 2,10 und 2,50. Gymnasien mit einem Abiturschnitt von 2,0 oder gar 1,9 sind keine Seltenheit mehr.
Bei so viel Gefälligkeits- und Erleichterungspädagogik kann es doch bitte nicht angehen, dass plötzlich anspruchsvollere Abituraufgaben, zum Beispiel in Mathematik, gestellt werden! So geschehen in diesem Jahr beim teilweise bundesweit einheitlichen Mathematikabitur. Tausende von „Abiturienten“ protestierten daraufhin mit Digitalpetitionen gegen die Abiturprüfung. In Bayern sollen es mehr als 60.000 (bei 36.000 Abiturienten) gewesen sein. Die Politik kuschte, versprach Aufklärung. Ohne die Korrektur und Bewertung der abgelieferten Arbeiten abzuwarten, stellten sich Oppositionsparteien, Grundschul-Organisationen (!) und nicht wenige Medien an die Seite der „Petenten“.
Und schon haben wir nach dem Urbild der „Fridays-for-Future“-Demos eine Art Bewegung „Mondays-for-Mathe-Success“. Man weiß mittlerweile, dass man mit Infantilisierung und Hysterisierung von Anliegen Erfolg hat.
Viele erfahrenen Gymnasialdirektoren und Mathematiklehrer bestätigten: Die gestellten Aufgaben entsprechen den Lehrplänen und damit dem Mathematikunterricht der gymnasialen Oberstufe. Nur sind sie eben eine Spur anspruchsvoller ausgefallen. Wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass an einzelnen Gymnasien z.B. wegen Klassenfahrten ins sonnige Italien oder wegen der Erkrankung der Mathe-Lehrer der Stoff tatsächlich nicht oder nicht ausführlich genug durchgenommen worden ist.
Was sagt uns das? Die Ursachen liegen weiter zurück. Hier gilt, was jeder Erziehungspsychologe weiß: Sind Eltern permanent zu großzügig, werden die Ansprüche der Kinder an deren Großzügigkeit immer weiter ausgedehnt. Siehe das Sprichwort on dem berühmten Finger und der ganzen Hand!
Bei den Schülern und Eltern führt das dazu, dass sie glauben, nicht nur ein Recht auf das Abitur, sondern sogar auf ein Spitzenabitur zu haben. Und so fordern sie denn via What’s-App-Gruppen: „Leute, unterschreiben, egal, ob zu schwer oder nicht – Hauptsache bessere Note …!“
Ja, das ist sie, die Generation Schneeflocke, wie sie in den USA genannt wird „Generation Snowflakes“: Jugendliche, die noch nie haben erfahren müssen, dass etwas nicht nach ihrer Vorstellung geht. Mit einer solchen Jugend ist kein Staat zu machen, auch wenn der Staat qua Bildungspolitik populistisch meint, das sei die Zukunft.
Ja, es sind tolle Jugendliche darunter, aber die Zahl derer, die trotz Abitur mit ihrer geistigen und charakterlichen Einstellung für unser Gemeinleben nicht geeignet sind, wächst unübersehbar! Viele von ihnen werden von der Wiege bis zur Bahre von den Steuergroschen der arbeitenden Bevölkerung leben, sprich vom Kindergeld bis zur Aufstocker-Rente. Und leider gibt es zu viele Parteien, die dem auch noch Vorschub leiste. Man erinnere sich nur an das bedingungslose Grundeinkommen, das vor allem Faulpelzen in die Hände spielt.
Mit einer gewissen Portion Schadenfreude könnte man sagen, dass unser angehenden Abiturienten hätten lieber Mathe lernen sollen, statt zu den vordergründigen und vor allem einseitigen, unausgereiften Demos „Friday für Future“ zu gehen.