27. 1. 2019 Die Bürgen brauchen nicht zu bürgen

„Flüchtlingsbürgen“ sind Menschen, die sich bei der Ausländerbehörde verpflichtet hatten, die Lebenshaltungskosten für einen Flüchtling zu übernehmen.

Diese Verpflichtungserklärungen haben in den Jahren 2015 und 2016 Tausenden geholfen, ein Visum zu erhalten und so legal nach Deutschland zu reisen. Die genaue Zahl der „Flüchtlingsbürgen“ ist  öffentlich nicht bekannt.

Aber viele dieser Flüchtlinge haben hier für ihre Lebenshaltung nicht aufkommen können, und so wurden sie von den Arbeitsagenturen finanziell unterstützt.  Und jetzt fordern die Jobcenter und Sozialämter aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Januar 2017 die erbrachten Sozialleistungen von den Bürgen zurück. Denn die hatten sich selbst zur Übernahme der Kosten für die „Flüchtlinge“ für die ersten drei respektive fünf Jahre verpflichtet.  

Natürlich darf man sich fragen, was das für Menschen waren, die seinerzeit gebürgt hat. Man geht sicherlich  nicht fehl in der Annahme, dass es die Angehörigen bestimmter Parteien waren, die – von ihren Parteioberen dazu überredet – Bürgschaften übernommen hatten, um noch mehr Flüchtlinge ins Land zu holen.

Nach Aussagen von Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) wollen Bund und Länder jetzt den „Flüchtlingsbürgen“ finanziell unter die Arme greifen, also überwiegend ihren Parteifreunden, da sie angeblich von den Behörden – natürlich nicht von den Parteioberen - falsch informiert worden seien.  Bund und Länder sollen je zur Hälfte die Kosten übernehmen. Er sei froh, dass es nun eine Lösung gebe, sagte Heil am Donnerstag in Berlin. Die Hilfe werde mit einem „niedrigen zweistelligen Millionenbetrag“ zu Buche schlagen. Wie immer bei solchen Unredlichkeiten meint er sicherlich nur den Teil der Kosten, den der Bund übernimmt.

Bemerkenswert an der Meldung ist auch der abschließende Satz „Die genaue Zahl der ‘Flüchtlingsbürgen’ ist öffentlich nicht bekannt.”  Denn er bedeutet, dass die “genaue Zahl” dem Amte durchaus bekannt ist, aber gegenüber dem zahlenden Steuerbürger geheim gehalten werden soll.

Mehr als ein Grund, sich verblüfft die Augen zu reiben:

Da gibt es also Leute, die ihr Gutmenschentum vor sich und anderen unter Beweis stellen wollten, indem sie durch ihre Bürgschaft für die Unterhaltskosten die Einreise von Flüchtlingen legalisierten. Sie geben damit zwar einerseits ein überzeugendes Beispiel für die Aufforderung der Kanzlerin, „illegal” durch „legal“ zu ersetzen, andererseits haben sie die Gesetzeslage und die Regeln von Treu und Glauben vergessen und waren höchst erschrocken, als sie die verbürgte Summe am Ende tatsächlich zahlen sollten.

Die nun gefundene “Lösung” bürdet die Rückzahlung kurzerhand der Allgemeinheit auf, hier “Staat” genannt. Tatsächlich ist das aber der Steuerzahler. Das gewöhnlich vor allem auf Banken gemünzte Prinzip “Gewinne privatisieren – Verluste sozialisieren” feiert hier fröhliche Urständ. Zur Erinnerung: Der Gewinn ist hier das Seelenheil des Gutmenschen.

Grundsätzlich weiß aber jeder, dass eine Bürgschaft eine ernste Sache ist. Und bei der Prüfung der Liquidität anlässlich eines Darlehens werden die Bürgschaften wie Schulden behandelt.

„Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt” versprach einst Johann Tetzel den Käufern seiner Ablasszettel. Er hätte sich wohl kaum auf eine Bürgschaft anstelle des Geldes eingelassen, so wie das die neuzeitlichen Ablassnehmer tun.

In Wikipedia lesen wir dazu:

Die Bürgschaft ist in Deutschland ein Vertrag gemäß § 765 BGB zwischen dem Bürgen und einem Gläubiger, durch den der Gläubiger seine Forderungen gegenüber seinem Schuldner für den Fall von dessen Zahlungsunfähigkeit absichern kann.

In „grauer Vorzeit” wurde in der Schule noch ein Gedicht des großen deutschen Dichters Friedrich Schiller auswendig gelernt; ein Gedicht mit dem Titel “Die Bürgschaft”, das er im Revolutionsjahr 1789 schrieb, und in dem es drastisch heißt:

Ich lasse den Freund Dir als Bürgen/
              ihn magst Du, entrinn ich, erwürgen.

Nun, heute wird nicht der Bürge gewürgt, sondern der Bürger.