16. 8. 2018 Der Fall Sami A. - Jetzt schlägt das OVG zurück
Der Tunesier Sami A. sollte abgeschoben werden und legte Rechtmittel bei Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ein. Die dortigen Richter entschieden wieder einmal in seinem Sinne, stellten ihr Urteil aber erst zu, als der Tunesier bereit in der Luft war. Nach ihrer Meinung hätte das Flugzeug sofort umkehren und Sami A. wieder nach Deutschland bringen müssen. Ob es zu diesem Zeitpunkt noch im deutschen Luftraum war oder in dem eines anderen überflogenen Landes oder gar im internationalen über dem Mittelmeer, sei dahingestellt.
Sami A. gilt seit Jahren als Symbol für das Versagen des Rechtsstaats im Umgang mit islamistischen Gefährdern. Und das VG Gelsenkirchen hat einen deutlichen Anteil daran. Schon 2012 hatte die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), nach eigenen Angaben die größte Zeitung im Ruhrgebiet, enthüllt, dass der „nette Nachbar aus dem Terror-Camp“ dem ehemaligen Terror-Chef Osama bin Laden früher als Leibwächter gedient haben soll, nunmehr in Bochum lebt und dort salafistisch aktiv sei. Später bezeichnete die WAZ ihn als „Drahtzieher in der deutschen Islamisten-Szene“. Sami A. bestritt die Vorwürfe.
Seit 2010 hatte das Verwaltungsgericht seine Abschiebung stets aufs Neue mit der Begründung untersagt, in Tunesien drohe ihm Folter. Wie wir nach der Abschiebung aus der Presse wissen, ist er zwar kurzzeitig nach seiner Abschiebung in tunesischen Gewahrsam genommen, dann aber auf freien Fuß gesetzt worden. Lediglich der Pass wurde ihm abgenommen, damit er sich nicht der tunesischen Justiz entziehen kann. Folter sieht anders aus!
Von den deutschen Sicherheitsbehörden wurde Sami A. als Gefährder eingestuft. Seit 2008 konnte sich der Tunesier, vom hiesigen Steuerzahler nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit zuletzt 1.167,84 Euro monatlich finanziert, ein ruhiges Leben machen. Das hatte eine Anfrage der AfD-Fraktion im April ergeben. Außerdem wurde dadurch bekannt, dass seine ebenfalls aus Tunesien stammende Ehefrau im Januar 2010 trotz seines islamistischen Hintergrunds eingebürgert wurde.
Die Erläuterungen des OVG Münster zu seinem Beschluss gewähren erschreckende Einblicke in die Mentalität der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit. So heißt es an einer Stelle: „Für die vom OVG nur zu beurteilende ausländerrechtliche Frage, ob Sami A. nach Deutschland zurückzuholen ist, kommt es allein darauf an, ob die Abschiebung selbst rechtswidrig war und dadurch ein andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, dessen Beseitigung tatsächlich und rechtlich möglich ist.“
Das bedeutet unter anderem, so „nrw-direkt“, dass die Frage, ob dem in Tunesien inzwischen auf freien Fuß gesetzten Sami A. dort tatsächlich Folter droht, in diesem Beschluss keine Rolle spielt: „Für eine Prüfung der Frage, ob dem Antragsteller in Tunesien Folter oder unmenschliche Behandlung droht, sei hier kein Raum. Insoweit sei der Senat an die weiterhin wirksame Entscheidung des Bundesamtes aus dem Jahr 2010 gebunden. Die dort getroffene Feststellung gelte vorerst fort, nachdem das Verwaltungsgericht die Vollziehung des Widerrufsbescheides des Bundesamtes vom 20. Juni 2018 ausgesetzt habe. Über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs sei abschließend in dem beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahren zu befinden.“
Auch die Einstufung von Sami A. als Gefährder spielte bei dem Beschluss keine Rolle: „Dieser Umstand ist bei der Klärung der Frage der Rechtswidrigkeit der Abschiebung und nachfolgend der Folgenbeseitigung im Wege einer Rückholung unerheblich. Der Ausländerbehörde und den weiteren beteiligten Sicherheitsbehörden obliegt es, in Fortführung des – vor der rechtswidrigen Abschiebung durchgeführten – erforderlichen Sicherheitsmanagements Sami A. im Bundesgebiet zu beobachten und zu kontrollieren“, hieß es dazu.
Die Justiz urteilt "im Namen des Volkes"(!) und verbittet sich jegliche Kritik an ihren Urteilen und wird dabei auch noch von Parteipolitikern unterstützt, denen es nur darum geht, ihren jeweiligen politischen Gegner zu diskreditieren. Dabei pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass man „vor Gericht und auf Hoher See“ in Gottes Hand ist, was bedeutet, dass man – wie im vorliegenden Fall – trotz eindeutiger Rechts- und Beweislage nicht wissen kann, wie der Prozess ausgeht.
Wie unfehlbar die Justiz ist, kann man schon daran feststellen, wie viele Urteile durch die jeweils höhere Instanz kassiert worden sind. Aber es ist eben etwas anderes, ob die Justiz ihresgleichen korrigiert oder ob Außenstehende (Politik, Presse oder Bürger) Kritik üben.
Dass sie selbst heute noch daran festhält, dass Sami A. in Tunesien die Folter drohe, ist schon ein Stück aus dem Tollhaus.
Man kann nur hoffen, dass die Tunesier ihren Landsmann nicht an die deutsche Justiz ausliefern.