4. 12. 2016 Wir Populisten
Im Kampf um die Wählergunst sind alle Parteien populistisch, da sie „von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Aussagen machen, die das Ziel haben, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Wähler zu gewinnen“(= Definition der Bundeszentrale für politische Bildung). Der geneigte Leser möge als Beispiel nur an die aktuelle Maut-Diskussion der Grünen oder die sich abzeichnende Rentendiskussion der SPD für die kommende Bundestagswahl denken.
Mittlerweile wird fälschlicherweise das Wort „Populismus“ von der Mainstream-Presse und einschlägigen Politikern nur in Zusammenhang mit Parteien gebraucht, die sich rechts neben der CDU im politischen Spektrum befinden. Da muss die CSU scharf aufpassen, dass sie nicht auch als „rechtspopulistisch“ bezeichnet wird.
Dabei sind die Ursachen für den Aufstieg der Parteien rechts der CDU so einfach zu benennen – und auch die Lösungen sind oft recht einfach:
1. Die Menschen spüren ein Unbehagen in Zusammenhang mit der Europäischen Union, die auf den vielfältigsten Ebenen in die Belange der Menschen hineinregiert. Das fängt bei harmlosen Beispielen wie der Krümmung der Banane oder dem Durchmesser der Schlangengurke an, führt dann aber über die Abschaffung der D-Mark, die eine übergroße Mehrheit der Deutschen behalten wollte, zur Europäischen Zentralbank und zu einer gemeinsamen Finanzpolitik, bei der wir für die Schulden anderer Länder aufkommen müssen. Auch die unsägliche Privatisierung öffentlicher Aufgaben der Daseinsvorsorge (Post und Bahn, zuletzt der Versuch mit den Autobahnen) und andere Beispiele bis zu CETA und TTIP müssen hier erwähnt werden.
Aber eine gemeinsame Verteidigungspolitik resp. sogar eine gemeinsam Armee hat man dort nicht zustande gebracht!
Und man darf zu Recht daran zweifeln, dass die politischen Eliten aus dem Brexit und dem Beinahe-Grexit etwas gelernt haben.
2. Oder nehmen wir einmal die Landespolitik in Brandenburg als pars pro toto: Da wird mittlerweile eine dritte Kreisgebietsreform auf den Weg gebracht, die von der weitaus größten Zahl der Brandenburgerinnen und Brandenburger abgelehnt wird. Ein Mittel gegen den Ärztemangel auf dem Lande wird nicht gefunden, an den Schulen wird herumgedoktert, zuletzt mit dem Schlagwort der Inklusion, und die steigende Kriminalität im Lande und vor allem an der polnischen Grenze wird schlichtweg geleugnet. Aber die politische Elite hier im Lande weiß besser, was für das Volk gut ist.
3. Und auf der kommunalen Ebene? Hier soll der Hinweis auf die ideologisch motivierten Schikanen des motorisierten Individualverkehrs genügen.
Verzicht auf die Kreisgebietsreform, Anreize für die Niederlassung von Ärzten auf dem Lande, maßvolle Umsetzung der Inklusion oder Verstärkung der Polizei sind einfache Antworten. Die werden aber heute als „Populismus“ verschrien und bekommen dadurch eine Igittigitt-Bewertung. So etwas denken nur Rechtspopulisten, und das will man ja nicht sein.
Es ist aber durchaus denkbar, dass das Wahlvolk das anders sieht. Sind wir dann ein Volk von Rechtspopulisten?