20. 6. 2013 Kulturausschuss - War es die Hitze des Tages?
Die Gluthitze draußen mit weit über 30 Grad Celsius forderte ihren Tribut; nahezu alle verzichtten darauf, sich bei der Begrüßung die Hand zu geben. Kämpften doch fast alle mit Schweißausbrüchen, die körperliche Berührungen unhygienisch machten.
Glücklicherweise stand nur ein Thema auf der Tagesordnung, und zwar die Evaluierung des Freilandes und seine Weiterführung, aber das war nicht ohne.
Dazu hatte man die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses und die des Kulturausschusses zu einer gemeinsamen Sitzung zusammengetrommelt, haben doch hier die Gutmenschen des Jugendhilfeausschusses die dominierende Mehrheit.
So kam es, wie es kommen musste: die Beigeordnete für Kultur brachte die Vorlage der Verwaltung ein, die vom OB, dem Kämmerer, der Sozialbeigeordneten Müller-Preinesberger und ihr selbst unterzeichnet worden war. Sie sah vor,
1. das Freiland weiter zu führen,
2. einen Vertrag mit dem Betreiber mit einer jährlichen Kündigungsfrist abzuschließen,
3. das Freiland weiter durch einen Beirat begleiten zu lassen und
4. nach drei Jahren eine neue Evaluation zu planen.
Doch hier haben der OB und seine Beigeordnetenriege die Rechnung ohne den Wirt, sprich die Gutmenschen der beiden Ausschüsse, gemacht. Doch dazu später.
Also wurde erst einmal der Evaluationsbericht durch die Vorsitzende Charlotte Große vorgetragen. Natürlich war nahezu alles Friede, Freude, Eierkuchen. Sie lobte die Macher über alle Maßen und hatte damit auch recht, denn was in den wenigen Jahren auf die Beine gestellt worden ist, ist bewundernswert und sucht seinesgleichen.
Danach sprach Herr Trautvetter, als Partner von Dirk Harder einer der Betreiber des Freilandes. Er prangerte an, dass man den jährlichen Zuschuss von 134.000 Euro "nur" auf 176.000 Euro erhöht habe und dass man zum Überleben mindestens 190.000 Euro brauche.
Dem schloss sich der Vorsitzende der AG Jugendsoziokultur Andreas von Essen an (zugleich Geschäftsführer des Lindenpark), der meinte, dass man keinen zweiten Evaluationszeitraum brauche (vgl. oben Ziff. 4). Man müsse doch schließlich Vertrauen zu den jungen Menschen haben.
Ihm folgte die Vorsitzende des Spartacus, die gleich die Streichung aller Ziffern 2 – 4 forderte, also auch keine Kündigungsmöglichkeit und keine Begleitung mehr durch einen Beirat wollte.
Das muss man sich ´mal auf der Zunge zergehen lassen: das Freiland bekommt mehr Geld von der Stadt, will noch mehr Geld und lehnt jede Aufsicht und Kontrolle ab. Peter Schultheiß, Potsdamer Demokraten, verschlug es fast die Sprache ob solcher Unverfrorenheit. Aber das beifällige Nicken der Ausschussmitglieder ließ Böses ahnen.
Als erste fiel Frau Müller-Preinesberger ihrer eigenen Vorlage in den Rücken. Populistisch schlug sie vor, das Projekt Freiland in „Zentrum“ umzubenennen, denn ein Projekt sei ja nur temporär und das Freiland wolle man schließlich auf Dauer. Auch die anderen Wünsche der Freilandbetreiber und ihrer Unterstützer fanden ihre Zustimmung. Das galt insbesondere für die Kündigungsregelung, die auf Wunsch des Rechtsdezernenten und Kämmerers Eingang in die Vorlage gefunden hatte und von ihr mitunterzeichnet worden war.
Damit war der Damm gebrochen und nahezu alle Stadtverordneten äußerten unverhohlene Sympathie für die Wünsche der Freilandbetreiber und –unterstützer. Nur Kevin Lücke, FDP, und Peter Schultheiß, Potsdamer Demokraten, wagten es, gegen den Strom zu schwimmen und Kritik zu äußern.
Schultheiß wollte natürlich nicht das Projekt zu Fall bringen, hatte es sich doch in den vergangenen Jahren – wider Schultheiß´ Erwarten - positiv entwickelt. Aber kritische Fragen dürfen durchaus erlaubt sein und dieses einhellige Sich-auf-die Schultern-Klopfen war dann doch zu aufgesetzt. Also fragte er Frau Große, die den Evaluationsbericht verfasst und vorgetragen hatte, was denn unter „politischer Bildungsarbeit“ zu verstehen sei. Denn in der Presse war kolportiert worden, dass man im Freiland nur eine linksalternative Szene zulasse und dass politisch anders denkende Jugendliche nicht hineingelassen worden wären. Auch wollte er wissen, wie es denn mit dem Wirtschaftsplan stehe und wie es mit den Mieteinnahmen aussehe. Schließlich fragte er, wie die Zahl von angeblich 90.000 Besuchern festgestellt worden sei.
Von dem Fall, dass ein Jugendlicher wegen der Aufschrift seines T-Shirts verwiesen worden war, wusste sie nichts, die finanzielle Situation war nicht geprüft worden und nur bei den Besucherzahlen wusste sie zu sagen, dass es schwer sei, bei einem solchen offenen Projekt genaue Zahlen zu ermitteln. Da stand er nun, der arme Tor (Schultheiß), und war so schlau als wie zuvor.
Nach annähernd drei Stunden Diskussion folge die Abstimmung. Dabei wurde die Kündigungsmöglichkeiten gekippt, eine erneute Evaluation wurde verworfen und ein evtl. Beirat sollte nur von den Betreibern selbst – wenn überhaupt – einberufen werden.
Und das Freiland wird natürlich fortgeführt!
Die flankierenden Beschlüsse waren wahrlich keine Ruhmestat von verantwortlich denkenden und handelnden Stadtverordneten, und Schultheiß stimmte als einziger gegen die Änderungsanträge.
Da all diese Kontrollmaßnahmen abgelehnt worden waren, konnte Schultheiß entgegen seiner ursprünglichen Absicht der Fortsetzung des Freilandes nicht zustimmen und wollte sich nicht mitschuldig machen; er enthielt sich der Stimme.
Merke: Wenn man zu hohe Forderungen stellt, verprellt man sogar Gutmeinende!
Warum wieder einmal kein Vertreter der CDU-Fraktion anwesend war, bleibt deren Geheimnis.