8. 5. 2013 Stadtverordnetenversammlung – Eine Sitzung mit Überraschungen

Eine Sitzung der Stadtverordnetenversammlung besteht grundsätzlich aus einem Teil, in dem die Tagesordnungspunkte, die vorher in den Ausschüssen beraten worden sind, beschlossen oder abgelehnt werden, aus einem zweiten Teil, in dem die neuen Anträge besprochen, manchmal sofort beschlossen und oft in die Ausschüsse überwiesen werden, sowie einem weiteren Teil, in dem die Verwaltung über das Ergebnis früherer Beschlüsse berichtet.

Hinzu kommt ein TOP, in dem der OB „über die Lage der Nation“ referiert. Ein Thema darin war natürlich der Neubau der Weißen Flotte im Lustgarten und die Bürgerinitiative „Rettet den Lustgarten“, deren Aktivitäten ihn sichtlich verärgert hatten. Er ließ nichts aus, dabei klar zu machen, wo seine Sympathien liegen, nämlich bei der Weißen Flotte. Es sei verständlich, dass diese sich aus Angst um ihre Arbeitsplätze zur Wehr setze. Hier muss man natürlich wieder fragen, wo er denn diese Weisheit her hat, hat sich doch  die Bürgerinitiative nie gegen die Weiße Flotte ausgesprochen – im Gegenteil, sie unterstützt einen Neubau, allerdings nicht am Neptunbassin.

Hauptpunkt des ersten Teils der Sitzung war der Doppelhaushalt, der mit 516,1 Mio. Euro (2013) bzw. 521,8 Mio. Euro  (2014) Einnahmen, aber 519,4 Mio. Euro (2013) bzw.  534,3 Mio. Euro (2014) Ausgaben geplant wurde.
Damit nicht nachgerechnet zu werden braucht: In diesen beiden Jahren sowie in den Folgejahren bis 2017 plant die LHP insgesamt eine Unterdeckung von 41,6 Mio. Euro.
Hinzu kommen 56,9 Mio. Euro neue Schulden des KIS (der grundsätzlich damit die Investitionen – neue Schulen usw. - finanziert und sich über die Mieten refinanziert), so dass mit diesem Haushalt in der Summe 98,5 Mio. Euro neue Schulden festgeschrieben werden.

Wie nicht anders zu erwarten. fanden die Fraktionsvorsitzenden der Rathauskooperation das Machwerk toll und klopften sich gegenseitig teilweise bis ins Peinliche auf die Schulter. Selbst Dr. Scharfenberg,  DIE LINKE, sprach von einem ausgeglichenen Haushalt und einer positiven Entwicklung, so dass bei Peter Schultheiß, Potsdamer Demokraten, der Kamm schwoll. Er fragte ihn in seinem Statement zum Haushalt, wer denn bei den LINKEN für den Haushalt zuständig sei – der oder die müsse ihn fürchterlich beschwindelt haben.

Schultheiß legte noch einmal den Finger in die Wunde und bat um Selbstbeschränkung bei den Ausgaben; dort sei noch ausreichend Luft. Gleichwohl wurde der Antrag der Potsdamer Demokraten, endlich die Geldausgaben für den Uferweg Griebnitzsee einzustellen und damit bereits jetzt 10,2 Mio. Euro einzusparen (zur Erinnerung: Der Uferweg wird insgesamt annähernd 30 Mio. Euro kosten), mit einer deutlichen Mehrheit abgelehnt. Nur FDP und BügerBündnis standen ihm zur Seite.

Die Rede von Schultheiß finden Sie unter dem Button „Politische Stellungnahmen“.

Ansonsten wurden grundsätzlich die Änderungsanträge der Rathauskooperation mit deren Mehrheit beschlossen, während jene der LINKEN – selbst wenn sie inhaltsglich waren – krachend abgeschmettert wurden.

Nach dem Ende der Diskussion wurde der Haushalt mit 22 : 20 Stimmen beschlossen; Mehrheit ist Mehrheit, aber ein überzeugendes Ergebnis ist es nicht!

Ähnliches gilt für den KIS, dessen Wirtschaftsplan allerdings ohne Gegenstimme angenommen wurde. Den Stadtverordneten war klar, dass der KIS die Schulden aufnehmen muss, wenn die Investitionen nicht auf Null gefahren werden sollen.
Bei den Änderungsanträgen gab es eine weitere Überraschung: Hier wurde - ausnahmsweise - einem Antrag der LINKEN stattgegeben, mit dem die Hausmeister, deren Arbeitsverträge befristet waren und abgelaufen sind, nun doch weiterbeschäftigt werden sollen, bis sie wieder durch Berentungen im kommenden Jahr oder durch neue Schulen gebraucht werden. Ein Sieg der Vernunft!

In Zusammenhang mit dem Haushalt wurde auch die Erhöhung der Zweitwohnungssteuer und der Hundesteuer beschlossen.

 

Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde die Straßenbenennung nach Otto Wiesner abgelehnt (22 : 16 Stimmen). Dr. Scharfenberg, DIE LINKE, und Jan Wendt, DIE ANDERE, sprachen sich noch einmal in rhetorisch guten Reden für die Straßenbenennung aus, während ein glänzend aufgelegter Hans-Wilhelm Dünn, CDU/ANW, in einer überzeugenden Gegenrede für die Ablehnung warb. Mit Erfolg, wie sich zeigte!

Der im SB-Ausschuss abgelehnte Antrag zu einem Workshop zum Langen Stall fand in der SVV überraschend eine Mehrheit (23 : 17 Stimmen). Saskia Hüneke, die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, legte sich noch einmal vehement ins Zeug und wurde dabei tatkräftig von Wolfgang Cornelius, Potsdamer Demokraten, unterstützt. Gegen diesen Antrag sprach sich – natürlich – der Baubeigeordnete Matthias Klipp aus, der dabei wieder einmal teilweise unsachlich wurde, so dass Cornelius sogar ein zweites Mal ans Rednerpult ging, um die unsachlichen Bemerkungen zurückzuweisen.

Zum Schluss gab es die o. a. Mehrheit; pikanterweise votierte die SPD geschlossen für den Antrag, während der SPD-OB Jakobs tapfer aber einsam unter den Genossen dagegen stimmte.

Bei den neuen Anträgen fiel auf, dass ausgerechnet die LINKEN und die SPD, die in ihrer Landtagskoalition die Regierung stellen und für den Stellenabbau der Polizei die Verantwortung tragen, einen Antrag zur inneren Sicherheit einbrachten. Damit wollten sie den OB auffordern, die dadurch entstandenen Sicherheitsdefizite durch einen verbesserten Einsatz des Ordnungsamtes auszugleichen. Grundsätzlich ist das positiv zu sehen, und die Potsdamer Demokraten stimmten dem zu. Schultheiß musste aber in der Diskussion darauf hinweisen, dass es seit vielen Jahren die SIKO (Sicherheitskonferenz) gibt, die von der Stadt getragen und von vielen Institutionen, auch der Polizei, unterstützt wird. Schultheiß fragte zu Recht, was denn dort in der Vergangenheit getan worden ist – allein der Kampf gegen Rechts ist zu wenig und entspricht nicht dem ursprünglichen Gründungsgedanken.

Bleibt zum Schluss noch ein Hinweis für die Mitglieder und Freunde des Tierschutzvereins: In der Fragestunde zu Beginn der Sitzung teilte Frau Müller-Preinesberger mit, dass die Ausschreibung für eine Tierbetreuungseinrichtung im SAGO-Gelände noch in diesem Monat erfolgen werde.