13. 3. 2013 Aus dem Hauptausschuss – Die Unredlichkeit einzelner Fraktionen bzw. ihrer Mitglieder
Schon oft ist an dieser Stelle darüber berichtet worden, dass Fraktionen anders abstimmen, als es ihre jeweiligen Parteien beschlossen haben. Wollen sie damit auf doppelten Stimmenfang gehen? Die Partei für ein Projekt, die Fraktion gegen – oder umgekehrt? Damit, so glaubt man vielleicht, könne man Eindruck schinden sowohl bei den Befürwortern als auch bei den Gegnern bestimmter Vorhaben.
Aber dass gar eine Fraktion Ja sagt und Nein stimmt (bzw. sich enthält), hat schon eine neue Dimension. Und die Politiker wundern sich, dass ihr Ansehen immer mehr gen Null sinkt.
Dabei fing es im Hauptausschuss mit dem Antrag der LINKEN, nach Otto Wiesner eine Straße zu benennen, noch recht harmlos an. Zwar wundert man sich, dass die LINKEN nach dem vernichtenden Sachverständigenurteil ihren Antrag noch nicht zurückgezogen haben, aber es würde einen Beobachter der Szene nicht wundern, wenn sie dabei den OB auf ihrer Seite hätten. Denn der hat schon einmal diesen Antrag, der im Kulturausschuss mit Pauken und Trompeten durchgefallen war und auch in der SVV keine Mehrheit bekommen hätte, erneut zur Beratung in den Hauptausschuss überwiesen – und auch noch einen anderen Gutachter dazu eingeladen. (Nachtigall, ick hör Dir trapsen!)
Aber auch der kam zum gleichen Ergebnis, dass es in der Nachkriegszeit zu unübersehbaren schwarzen Flecken auf der Weste von Wiesner gekommen war, hatte der doch mit der Sowjetischen Militäradministration zusammengearbeitet und offensichtlich Leute denunziert. Er, der Sachverstädnige, könne nur im Interesse des Ansehens der LHP, aber auch des zu Ehrenden von einer Straßenbenennung abraten.
Die Diskussion neigte sich deutlich sichtlich gegen die Straßenbenennung nach Wiesner, so dass der OB (als Vorsitzender des Hauptausschusses) die Sache noch einmal zur Beratung in den Fraktionen zurückstellte. Schultheiß wagte schüchtern den Einwurf, dass die Potsdamer Demokraten keine Beratung mehr brauchten, hatte doch Wiesner als FDJ-Vorsitzender in Brandenburg dafür gesorgt, dass ein Mitglieder der Potsdamer Demokraten seinerzeit von der Schule gewiesen wurde, weil er nicht in die FDJ eintreten wollte. Es half nichts, die Sache wird in 14 Tagen erneut aufgerollt.
Und dann kam die Fassade der Alten Post. Die Fronten schienen klar: SPD, Grüne und FDP wollten im Beschlussantrag 12/SVV/0845 die Unger-Fassade, LINKE (natürlich!) und Bürgerbündnis wollten den moderneren Redlich-Entwurf. Die CDU, die sich als Partei öffentlich für die Unger-Fassade ausgesprochen hatte, hatte allerdings ihre Fraktion nicht im Griff (vgl. Eingangsbemerkungen), so dass es einen Änderungsantrag von ihr gab, den Redlich-Entwurf umzusetzen. Wieder einmal, wie zuletzt beim Neubau der Weißen Flotte im Lustgarten, bezog die Fraktion Position gegen den Kreisverband und stimmte mit den LINKEN.
Aber es kam noch schlimmer: Der OB war offensichtlich mit seiner SPD-Fraktion wieder einmal über Kreuz und hatte sogar Müller-Zinsius, den Geschäftsführer der ProPotsdam, aufgeboten, um die Anwesenden von Unger-Fassade abzuhalten und für den Redlich-Entwurf zu begeistern. Dass der OB über dessen Rederecht nicht abstimmen ließ und ihm sogar mehrfach das Wort erteilte, ließ Böses ahnen.
Doch die Krönung war, dass der Vertreter der B 90/Grünen, Peter Schüler, dessen Fraktion den Antrag auf Unger-Fassade mit eingebracht hatte, sich der Stimme enthielt (vergleiche noch einmal die Eingangsbemerkungen!).
So kam es wie es kommen musste: Mit 9 : 6 Stimmen bei einer Enthaltung (Schüler) wurde die Unger-Fassade von den Anwesenden verworfen. Für die Fassade stimmten SPD, FDP und Potsdamer Demokraten, dagegen stimmten die Vertreter der LINKEN, CDU, BürgerBündnis, Die Andere und der OB.
Da fällt dem Belesenen nur noch Schiller ein, der im Lied von der Glocke so viele Lebenswahrheiten zitiert und wohl offensichtlich die Fraktionen der Potsdamer SVV vor Augen hatte, als er schrieb:
Doch mit des Geschickes Mächten
ist kein ew´ger Bund zu flechten.
Und das Unglück schreitet schnell!