6. 6. 2012 SVV: Was behandelt wird und was nicht

Wie so oft kann man aus dem, was in der Sitzung behandelt wird oder auch nicht, politische Schlussfolgerungen ziehen.

Dabei ist der Beschlussantrag des OB zur Besetzung der Leitungsstelle im Baudezernat ein offenkundiges Beispiel.  Am 5. 6. 2012 im Ältestenrat haben wir noch darüber gerätselt, was den OB wohl dazu bewogen hat, den Antrag zurückzuziehen; gestern (6.6.12) in der SVV kursierte schon das Flugblatt,  und heute steht alles brühwarm in den Zeitungen.

 

Auch der Antrag der Rathauskooperation zur Aufhebung des Beschlusses vom 7. 12. 2011, mit dem in Bezug auf das Leitbautenkonzept eine Machbarkeitsstudie mit dem Ziel der Erhaltung des Staudenhofes beschlossen worden war, wurde nicht behandelt, sondern per Konsensliste in die Ausschüsse überwiesen.  Dabei war er doch eilig, denn mit ihm sollte der Baubeigeordnete Klipp angewiesen werden, die Machbarkeitsstudie nicht in Auftrag zu geben. Da die Mehrheiten vorhanden waren und auch das Bürgerbündnis Zustimmung signalisiert hatte, hätte er direkt verabschiedet werden können. Dass das nicht geschah, öffnet Mutmaßungen Tür und Tor: Böse Zungen behaupten, dass der Erhalt des Staudenhofes ein Kompensationsgeschäfts mit den LINKEN sei, damit die der Kunsthalle am Mercure zustimmen. Und was ist, wenn Blackstone das Mercure nicht an Plattner verkauft? Dann sind wir Neese, wie der Berliner treffend sagt.

Die Mitteilungsvorlage der Verwaltung zum Verkauf des Sago-Geländes zwecks Errichten einer „Tierbetreuungseinrichtung“ wurde ebenfalls direkt in den Hauptausschuss überwiesen.  Hierfür hatte sich Peter Schultheiß, Potsdamer Demokraten, stark gemacht, der die Befürchtung hatte, dass die Stadtverordneten ohne weitere Aussprache die Vorlage zur Kenntnis nähmen. Der Beschluss zur Machbarkeitsstudie vom 7. 12. 2011 ist ein beredtes Beispiel dafür, was unverhofft in SVV-Sitzungen möglich ist. Jetzt muss sich der Hauptausschuss intensiv mit dieser Verhinderungs(!)-Vorlage befassen.

 

Und was sonst noch geschah:

Der OB sprach in seinem Bericht wieder einmal den Parkeintritt an, den er schärfstens ablehnt. Stattdessen solle eine Tourismusabgabe eingeführt werden, mit der Hotellerie, Gastronomie und Händler zur Kasse gebeten werden. Aus diesen Erlösen soll dann eine Million Euro pro Jahr an die Stiftung abgeführt werden.

Das rief Schultheiß auf den Plan.Er wies auf die Unausgegorenheit dieser Abgabe hin, denn die Touristen selbst blieben unbehelligt. Und wenn schon eine derartige Summe aus dem städtischen Haushalt zur Stiftung fließen solle, dann brauche man keine neue Steuer oder Abgabe, sondern könne diese aus dem laufenden Haushalt begleichen. Die Einnahmen seien von 2010 zu 2012 um 75,7 Mio. Euro gestiegen, da könne man sehr wohl eine Million  abzweigen. Im übrigen solle man ´mal rechnen: wenn man den Parkeintritt zulasse und allen Potsdamern auf Wunsch ein Jahresticket von der LHP zur Verfügung stelle, dann würde das vermutlich deutlich billiger als die geplante Million.

 

Die Abstimmung über die Lockerung der Sortimentsbeschränkung im Bahnhofs-Center nahm Wolfgang Cornelius, Potsdamer Demokraten, der zugleich Vorsitzender der AG Innenstadt ist und als solcher die Innenstadt-Händler vertritt, zum Anlass, die Zustimmung seiner Arbeitsgemeinschaft zu diesem Antrag der Stadtverwaltung zu betonen. Die stringente bisherige Sortimentsbeschränkung habe eine positive Wirkung auf die Innenstadt gehabt, aber nun sei es nicht mehr schädlich, sie in Maßen zu lockern.
Das gilt natürlich nicht für die geplante Erweiterung des Stern-Centers. Hier muss man noch ein paar Jahre warten, bis die neuen Geschäfte rund um das Stadtschloss Mieter gefunden und sich etabliert haben.

Die Vorlage des OB zum Bad-Neubau am Brauhausberg wurde nach unerwartet kurzer Diskussion beschlossen. Dabei wurde ein Änderung einzelner Fraktionen, darunter auch die Potsdamer Demokraten, angenommen, mit der die Kosten nicht über 23 Mio. Euro steigen dürfen.

Die Fraktion Die Andere kann ihre Aversion gegen die Errichtung der Garnisonkirche nicht verbergen. Jetzt versuchte sie es mit der Umgestaltung der Breiten Straße, aber sie erhielt dabei nur die Zustimmung der LINKEN. Der Antrag wurde mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

 

Die Einwohnerfragestunde, mit der interessierte Bürger vor der SVV Fragen an die Verwaltung richten können, war ein Schlag ins Wasser. Von den fünf Fragestellern, auf deren Beantwortung die Verwaltung sich vorbereitet hatte, war nur einer anwesend. Die anderen können ihre Antworten im Internet nachlesen. Schade, mit dem bürgerschaftlichen Interesse scheint es doch nicht soweit her zu sein, wie manche Fraktionen glauben machen wollen.

 

Viele der neuen Anträge wurden sofort abgestimmt und nicht erst in die Ausschüsse überwiesen. So z. B. ein Antrag der LINKEN, mit dem gegen den von der Landes-SPD geplanten Verlust der Kreisfreiheit der LHP Stellung bezogen wurde. Obwohl sich OB und SPD vehement gegen den Antrag aussprachen, wurde er mit 22 : 18 Stimmen beschlossen. Die SVV hat sich also mehrheitlich dagegen ausgesprochen, als kreisangehörige Stadt in den Landkreis Potsdam-Mittelmark integriert zu werden.

Bleibt noch von einem Wermutstropfen zu berichten. Die Fraktion Potsdamer Demokraten hatte auf Bitten der IHK und der Potsdamer Einzelhändler eine Änderung der VO zu den Sonntagsöffnungszeiten eingebracht.  Da die ursprüngliche VO bereits im Amtsblatt veröffentlicht worden ist, konnte eine zeitnahe Änderung nicht erzielt werden, und die Mehrheit der Stadtverordneten lehnte den Antrag ab.