2. 5. 2012 SVV Entscheidungen
Zugegeben, viele Anträge zur SVV wurden über die Konsensliste sofort in die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Gleichwohl zeigt die Erfahrung, dass auch von den anderen Anträgen viele erst noch in die Ausschüsse gehen, obwohl sie eigentlich selbsterklärend und abstimmungsreif sind.
Heute nicht so – die Stadtverordneten hatten Mut zur Entscheidung! Hier ein Auszug:
Haushalt 2012
Die Sitzung stand im Zeichen des Haushalts, der von allen Ausschüssen schon „durchgekaut“ worden war. Da gab es nichts mehr zu beschönigen, da wurde erstaunlich offen diskutiert. Alle Redner bemängelten die Schuldenlast, was vermutlich auf die öffentliche Diskussion der Potsdamer Demokraten („Keine Schulden im Stadthaushalt“), ihre Plakataktion und die Anzeigen in den Zeitungen zurückzuführen war.
Für Erstauenen sorgte Horst Heinzel (CDU), der seine Rede mit den Worten begann, dass die CDU dem Haushalt nicht zustimmen könne, dann die Redezeit von zehn Minuten ausschöpfte, dabei neun Minuten und vierzig Sekunden die Verschuldung des Haushalts anprangerte und im letzte Augenblick erklärte, dass die CDU/ANW-Fraktion dem Haushalt doch zustimmen würde.
Peter Schultheiß, Potsdamer Demokraten, fasste die Problematik noch einmal zusammen: Die Stadtverordneten sollten die Schuld für die ungebremste Verschuldung nicht beim politischen Gegner oder beim Kämmerer suchen – sie selbst hätten ohne Hemmungen die Steuergroschen der Bürger für Nützliches, weniger Nützliches und sogar für Unnötiges zum Fenster hinaus geworfen. Die Anwesenden trügen die Verantwortung für 72,5 Mio. Euro Schulden. Die Rede kann der geneigte Leser im Anhang finden.
Trotzdem kam es wie es kommen musste: Der Haushalt wurde mit erstaunlich vielen Gegenstimmen verabschiedet (24 : 18 : 0). Und wie soll man das Fehlen des Bürgerbündnisses interpretieren, das geschlossen bei der Abstimmung nicht anwesend war?
Beim Bürgerhaushalt waren das Tierheim und der Brauhausberg von der Tagesordnung genommen worden, da sie in Bearbeitung sind. Die anderen Vorschläge wurden – wie im Finanzausschuss vorbereitet – abgestimmt. Zwei mehr kuriose Anträge, nämlich einer zur Einführung von vier autofreien Sonntagen im Jahr (mit einem Ergänzungsantrg auf einen autofreien Sonntag von den B90/Grünen) sowie einer zur Einführung eines vegetarischen Wochentages wurden mit der Mehrheit der Stadtverordneten abgelehnt. Beim letztgenannten gab eine ebenso unselige wie unheilige Allianz: Die drei Befürworter waren der OB, der Stadtverordnete Menzel (B90/Grüne) sowie Herr Püschel (Die Andere).
Der modifizierte Eckwertebeschluss, der die Einnahmen und Ausgaben des kommenden Jahres (2013) jetzt schon festlegt und mit seinen geplanten neuen Schulden in Höhe von 10, 3 Mio. Euro ein besonderes Ärgernis der Potsdamer Demokraten ist, wurde in alle Ausschüsse überwiesen. Man darf gespannt sein, ob denn den vollmundigen Erklärungen der Fraktionsvertreter zur Verschuldung im Haushalt 2012 tatsächlich Taten folgen werden.
In diesem Zusammenhang haben die Stadtverordneten auch dem Parkraumbewirtschaftungskonzept (entgegen dem Namen wird der Parkraum nicht bewirtschaftet, sondern verteuert) zugestimmt. Dabei hatten die Potsdamer Demokraten besondere Bauchschmerzen bei der Vergrößerung der Parkraumzone II, die künftig nur für Anwohner vorgesehen ist, die sich einen Parkschein für ca. 30 Euro kaufen müssen.
Aufsichtsrat der EWP
Entscheidungsreif war auch die Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats der EWP. Nach der Paffhausen-Affaire war die Transparenzkommission ins Leben gerufen worden, die - mit zuviel Geld - einige gute Vorschläge für die Zukunft erarbeitet hatte. U. a. hatte sie die Ämterhäufung bei den Vorsitzenden der Aufsichtsräte der kommunalen Gesellschaften gerügt und Fehler bei der Wahrname ihrer Aufsichtspflichten vermutet.
Leider haben die Fraktionen die Chance für einen wirklichen Neubeginn verstreichen lassen und die alten Gesichter wieder auf den Wahlvorschlag gesetzt. Dann haben sie in seltener Einigkeit die gesamte Liste gewählt. Kein Wunder, dass die Vertreter der Potsdamer Demokraten die einzigen Gegenstimmen waren.
Die nächste Affaire kommt bestimmt.
Straßenreinigungssatzung einschl. –gebührensatzung
Zur Erinnerung: Seit vielen Jahren gab es in der Satzung eine Reinigungsklasse II (maschinengebundene Reinigung), die plötzlich nach Auffassung der zuständigen Beigeordneten Elona Müller-Preinesberger rechtswidrig war. Welcher Teufel sie wohl dabei geritten hat? Böse Zungen behaupten, dass die Verträge mit der STEP schlecht verhandelt waren und deshalb diese Reinigungsklasse verschwinden musste.
Die Stadtverordneten ließen sich nicht beirren und stimmten trotzdem für eine Satzung mit der Reinigungsklasse II, was prompt zu einer Beanstandung durch den OB führte. In zwei Sondersitzungen im Dezember 2011 blieben die Stadtverordneten bei ihrer Auffassung, und in einem Gespräch bei der Kommunalaufsicht im Innenministerium stellte sich heraus, dass die Auffassung der Stadtverordneten richtig war.
Also wurde wieder alles umgekrempelt, und gestern konnten dann die neuen Satzungen einvernehmlich verabschiedet werden.
Aber damit nicht genug: Die LINKE hatte einen Antrag eingebracht, mit dem das Verhalten des OB und seiner Beigeordneten gerügt werden sollte. Tatsächlich hatte sich soviel Unmut über das nicht nachvollziehbare Handeln des OB und seiner Beigeordneten angesammelt, dass die Mehrheit (19 : 13) beiden eine formelle Rüge aussprach.
Da kann man nur fragen, wann es der OB endlich lernt, falschen Beratern nicht mehr auf den Leim zu gehen. Es ist nicht das erste Mal, dass er vom GB 3 (Müller-Preinesberger) im Regen stehen gelassen wird – der Versuch, mit der Tiertafel eine Vertrag über 430 T€ jährlich für den Betrieb eines Tierheims abzuschließen, ist noch in guter Erinnerung.
Kunsthalle in Potsdam
Eine Zerreißprobe gab es noch bei dem Beschluss zu einer Kunsthalle, die Hasso Plattner auf eigene Kosten in Potsdam errichten und dort seine Sammlungen ausstellen will.
Die Anträge der Rathauskooperation (einschl. Potsdamer Demokraten) und der Linken waren nahezu deckungsgleich, aber keiner wollte seinen Antrag zurückziehen. Auch ein Kompromissvorschlag wurde abgelehnt. So kam es zu einer Auszeit, in der man sich hinter den Kulissen auf den Antrag der Kooperation einigte und die LINKE ihren Antrag zurückzog. Eine Sternstunde in der SVV!
Für eine Eklat sorgte wieder einmal Hannes Püschel von der Fraktion DIE ANDERE, im Hauptamnt Vorsitzender der VVN. Seine kruden Gedanken sind bekannt, und er gab sich rechtschaffen Mühe, der Öffentlichkeit eine zerstrittene Stadtverordnetenversammlung zu suggerieren. Dabei war er sich nicht zu schade, sogar den Krankenstand bei SAP (woher er den wohl weiß?) ins Feld zu führen und die klassenkämpferische These aufzustellen, dass Plattner sein Geld nur auf Kosten seiner Arbeiter verdient hätte. Keinesfalls durfte in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, dass die Befürworter der Kunsthalle die Mehrheit in der SVV hätten.
In dieses Horn stieß auch noch der Stadtverordnete Jens Gruschka (Die Linke), der schon an anderer Stelle unliebsam aufgefallen war, als er sich mit ebenfalls klassenkämpferischen Aufschriften auf seinem T-Shirt den Unmut der anderen Stadtverordneten zugezogen hatte. Und als sich auch noch Arndt Sändig (Die Andere) zu Wort meldete, platzte Peter Schultheiß, Potsdamer Demokraten, der Kragen. Er stellte den Geschäftsordnungsantrag, die Debatte zu beenden, und tatsächlich folgte die Mehrheit der Stadtverordneten diesem Antrag. Damit war diesen Leuten der Boden für weitere Provokationen entzogen.
Der Vorsitzende de Stadtverordnetenversammlung Peter Schüler (B90/Die Grünen) ließ bei dieser Gelegenheit seine Maske fallen und kommentierte den Beschluss der SVV zur Beendigung der Debatte mit den Worten, er hätte das Ergebnis lieber anders gesehen. Hätte er auch lieber weiter eine Zerrissenheit der SVV in der Öffentlichkeit wahrnehmen lassen wollen, die gar nicht vorhanden war?
Das Ergebnis der Abstimmung war deutlich: Alle Stadtverordneten stimmten für den gemeinsamen Antrag, lediglich zwei votierten gegen ihn und vier enthielten sich der Stimme.
Am Montag, dem 7. 5. 2012, 17.00 Uhr, müssen die Stadtverordneten „nachsitzen“, denn die Tagesordnung wurde wieder einmal nicht geschafft. Nicht nur hierbei, auch beim Blick auf den Haushalt sollten sich die Stadtverordneten eine Scheibe vom Landkreis Potsdam-Mittelmark abschneiden. Der dortige Kreistag kommt mit deutlich weniger Zeit aus und beschließt schon seit geraumer Zeit einen ausgeglichenen Haushalt. Ein Schelm, der dabei einen Zusammenhang vermutet.