22. 3. 2012 Kulturausschuss – Es zog sich hin
Der Kulturausschuss tagte in der Gedenkstätte Lindenstr. 54. Das war auch gut so, findet doch dort eine Umstrukturierung dahingehend statt, dass Gedenkstätte Lindenstraße und Potsdam-Museum getrennt werden, so dass die Gedenkstätte als eigenständige Stiftung – zu gleichen Teilen von Stadt und Land finanziert - weitergeführt wird.
Die Inaugenscheinnahme vor Ort war deshalb vernünftig, aber dass dieser Tagesordnungspunkt allein zwei Stunden in Anspruch nahm, war dann doch deutlich übertrieben. Selbst Dr. Scharfenberg (Die Linke) begann nach einiger Zeit, unruhig auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen.
Grund für die lange Dauer waren eine ergreifende Führung durch die Gedenkstätte sowie der anschließende Versuch von Hannes Püschel (VVN –Vorsitzender sowie Stadtverordneter der Fraktion Die Andere) mit verbaler Unterstützung der LINKEN, den Schwerpunkt der Gedenkstätte nach dem gerade Gesehenen und Gehörten auf das Unrecht des III. Reiches zu fokussieren. Damit kann man dann trefflich vom Unrecht der Sowjetischen Militäradministration sowie der Nachfolgediktatur ablenken. Wie man den Wortbeiträgen und den Unmutsäußerungen der anderen Stadtverordneten und Sachkundigen Einwohner entnehmen konnte, ging der Schuss eher nach hinten los.
Blieben noch die Anträge auf Straßen-Namen erwähnenswert. Einige Fraktionen haben eine neue Spielwiese entdeckt, die schon seit einiger Zeit trefflich von den LINKEN beackert wird: Man fordert Straßen nach verdienten Partei-Oberen zu benennen.
Diesmal waren es von der SPD Otto Braun und Regine Hildebrandt, die mit einer Straße geehrt werden sollten, und flugs schloss sich die CDU an, die eine Straße mit den Namen von Wilhelm Wolf, dem Gründer der CDU Brandenburg, und seiner Frau schmücken wollte.
Unser Stadthistoriker Dr. Arlt, der sonst immer sein Gutachten zu Straßennamen abgibt, wurde – trotz Anwesenheit – schon gar nicht mehr gehört. Zu deutlich lagen die Verdienste der Geehrten nach Auffassung ihrer jeweiligen Parteigenossen auf der Hand. Er konnte nur noch warnend den Finger heben und die akademischen Titel verbannen.
Und dann gab es wohl die stille Übereinkunft: Stützt Du meinen Vorschlag, stütze ich Deinen. Nur so ist zu erklären, dass auch die Vertreter der Linken bei den Anträgen zustimmten.
Nicht ohne Grund lässt Goethe in Faust I in Auerbachs Keller einen Zecher sagen: „Politisch Lied - ein garstig Lied!“. Und der Volksmund weiß „Politik verdirbt den Charakter“. Warum nun ausgerechnet Politiker mit Straßennamen geehrte werden sollen, entzieht sich jeder Logik. Haben wir denn keine Künstler, Wissenschaftler oder gar Verfolgte von Diktaturen, die für ihre politische Überzeugung ins Gefängnis oder KZ gesteckt bzw. sogar hingerichtet wurden und deren Namen man in der Gedenkstätte an den Wänden lesen kann?
Peter Schultheiß, Potsdamer Demokraten, hat diesen Unfug nicht mitgetragen und sich der Stimme enthalten – übrigens als einziger.