7. 12. 2011 SVV - Der Staudenhof – ein „Bumms“-Beschluss in der SVV
Soll man nun die Spontaneität loben, mit der die Stadtverordneten auch nicht-vorhersehbare Entscheidungen treffen? Oder wissen sie nicht mehr, was sie gestern beschlossen haben? Man könnte noch andere, an Verbalinjurien grenzende Formulierungen finden! Wie auch immer – es ist zum Verzweifeln!
Da bringt die LINKE den Antrag mit dem verharmlosenden Titel „Wohnen im historischen Stadtzentrum“ (A.-Z. 11/SVV/0915) ein und bietet noch eine Dame reiferen Alters auf, die dort wohnt und von ihrem Haus und der Nachbarschaft schwärmt. Natürlich möchte sie dort wohnen bleiben, denn die Lage und die Mieten sind optimal.
Die LINKE weiß natürlich genau, dass sie mit dem Antrag auf Erhalt des Staudenhofes die bisherige Planung der historischen Mitte, niedergelegt im Masterplan Potsdamer Mitte, ad absurdum führt. Aber das hat sie schon oft so gemacht.
Nun möchte man als Stadtverordneter der alten Damen nicht wehtun, die bis nahezu 21.45 Uhr aushalten musste, bevor sie endlich zu Wort kam. Und auch nur ihr zuliebe ist der Antrag noch zu so später Stunde behandelt worden, denn sie sollte nicht umsonst gekommen sein. Aber eigentlich war klar, dass man den Antrag in den Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen überweist, um dort noch einmal in Ruhe über alles nachdenken und diskutieren zu können.
Da erhob sich der Baubeigeordnete Klipp, ging ans Rednerpult und meinte zur Überraschung vieler, dass die Sache doch ganz positiv sei und dass man ein Gremium einsetzen müsse, das beraten solle, wie man die Planungen für die historische Mitte und den Erhalt des Staudenhofes unter einen Hut bringen könne. Dazu sprach er von der Wohnungsnot in Potsdam, von den sozialen Mieten in Höhe von 6,38 Euro pro Quadratmeter im Staudenhof und von den 183 Wohnungen für Studenten und Senioren, deren Abriss nicht vermittelbar sei.
Uns Potsdamer Demokraten haute es schier vom Hocker! Ein befreundeter Fraktionsvorsitzender, der genauso perplex war, konnte sich diese Veränderung in der Meinung des Beigeordneten nur mit einem Deal erklären: Wenn der hier den LINKEN entgegenkommt, werden die seine Pläne Humboldtstr. 1 und 2 nicht scheitern lassen.
Wie auch immer: Ein Teil der Stadtverordneten war zu dieser vorgerückten Stunde entweder schon müde und schlichtweg nicht mehr aufnahmefähig – warum sollten sie sich mit Frau Ritter, so hieß die Bewohnerin des Staudenhofes, anlegen, wenn selbst der Beigeordnete umfiel. Also stimmten einzelne Gutmenschen mit den LINKEN für den Antrag – und bumms – er hatte die Mehrheit.
Nahezu alle Abgeordneten, wie die Presse schreibt, waren es nicht, aber es waren so viele, dass man schon von einer deutlichen Mehrheit sprechen konnte.
Jetzt müssen wir sehen, wie man von diesem Unfug wieder herunter kommen kann. Die vorgeschlagene Machbarkeitsstudie könnte ein Weg sein, denn eigentlich ist es nicht machbar, dass man den Staudenhof stehen lässt. Schauen wir mal, welche Ergebnisse präsentiert werden.
Die Stadtverordnetenversammlung ist eben immer wieder für eine Überraschung gut! Wenn es nur immer sachgerecht wäre!