5. 3. 2014 SVV – Der Wahlkampf wirft seinen Schatten voraus
Der Tag der Kommunalwahl rückt näher, und die Anträge der Fraktionen werden in gleichem Maße populistischer, wie sie an Gehalt verlieren.
Sozial sein ist in! Also reichen die meisten Fraktionen, an ihrer Spitze die LINKE, dicht gefolgt von DIE ANDERE, Beschlussanträge ein, mit denen mehr oder minder große soziale Wohltaten unter das Volk gebracht werden. Woher man das Geld nimmt, ist völlig egal. Selbst die Presse, die sich regelmäßig um eine ausgewogene Berichterstattung bemüht, fällt auf diesen Sozialpopulismus herein und hinterfragt nicht.
So wurde beispielsweise der Jugendhilfeplan verabschiedet, der allerdings wie auch das Stadtentwicklungskonzept Verkehr unter Finanzierungsvorbehalt steht. Und wann dafür Geld vorhanden sein wird, steht in den Sternen. Oder das Rahmenkonzept für die Bürger- und Begegnungshäuser – es wurde verabschiedet, aber man weiß, dass jedes einzelne Objekt mindestens 125.000 Euro pro Jahr kosten wird.
Und so ganz nebenbei wurde einer Kreditaufnahmen des KIS in Höhe von 20,050 Mio. Euro zugestimmt. Diese Stadt, ihre politische Führung und die Mehrheit der Stadtverordneten haben sich längst von einem ausgeglichenen Haushalt verabschiedet.
Wenn man selbst nicht mehr weiter weiß, sich aber ein soziales Mäntelchen umhängen möchte, z. B. beim Anstieg der Mieten, denn beschließt man, dass die Landesregierung alle Möglichkeiten auszuschöpfen hat, um einen weiteren Anstieg der Mieten in Potsdam zu begrenzen (Nahezu einstimmig!).
Die Bündnisgrünen brachten den Vorschlag, dass die LHP sich am Wettbewerb zum Kommunalen Klimaschutz 2014 beteiligen solle. Der OB konterte darauf, dass man sich schon längst beworben habe, aber ein solcher Beschluss könne nicht schaden. Es war nicht der einzige Antrag, der längst von der Verwaltung in Angriff genommen worden war, aber es macht sich gut, wenn man vor der Öffentlichkeit so tut, als sei man die treibende Kraft.
Und natürlich wurde der Schaffung von Proberäumen im Freiland zugestimmt. Dabei weiß keiner, wie viele Bands es in Potsdam gibt, die Proberäume suchen, und wie viele Proberäume tatsächlich vorhanden sind – egal, koste es ,was es wolle, auch die Freiland-Nutzer und die Bands sind Wähler.
Die Buslinien Richtung Norden sind sofort zu verstärken, so ein Antrag, dem auch zugestimmt wurde. Ob das in das Fahrplankonzept des ViP hineinpasst oder ob die Stadt dem ViP dadurch als Ausgleich mehr Geld zahlen muss, ist in Vorwahlzeiten völlig egal.
Einige Fraktionen, manchmal sogar einige Stadtverordnete, wissen natürlich alles besser als die Verwaltung. So auch beim Dringlichkeitsantrag der LINKEN, die Suppenküche wieder auf dem Gelände des Rathauses zu errichten. Jeder weiß, dass die LHP dafür zwar 150.000 Euro im Wirtschaftsplan KIS als Darlehen vorgesehen hat, dass aber die Kommunalaufsicht die Kreditaufnahme nicht genehmigen wird, weil es sich um eine freiwillige Leistung handelt und die Stadt bis über die Halskrause verschuldet ist. Insofern war die Planung der Sozialbeigeordneten zu loben, die als Ausweichquartier ein Gelände auf dem Areal des Erst-von-Bergmann-Klinikums geordert hat. Nein, die LINKE stellte diesen populistischen Antrag, und keine Fraktion wagte es, gegen ihn zu stimmen. Man könnte sich die Haare raufen!
Gleichwohl gab es auch einige – wenn auch nur wenige – wichtige Beschlüsse, beispielsweise die Bebauungspläne. Über die wird allerdings regelmäßig im Bauausschuss diskutiert, so dass sie in der SVV nur noch “abgenickt“ werden und sich deshalb hier für eine Information nur selten eignen.
Kurios wurde die Abstimmung zum Rückbau des Käfigs im Potsdam-Museum, wie das dortige Treppengeländer trefflich genannt wird. Hier muss man wissen, das der KIS-Chef Richter und sein Architekt Becker dieses Ungetüm entgegen den Denkmalbestimmungen errichtet haben. Es war auch keine künstlerische Eingebung, wie sie heute gern kolportieren, sondern allein der Wunsch, den Blick auf das von ihnen ungeliebte Stadtschloss zu verbauen. Letzteres hat der Bausachverständige Florian Mausbach im Kulturausschuss mündlich und schriftlich zu Protokoll gegeben. Kein Wunder, dass den Stadtverordneten der Kamm schwoll und sie tabula rasa machten – das Ding muss weg!
Die Zustimmung ging durch alle Fraktionen, nur der OB (gegen seine eigene SPD-Fraktion), der ständige Quertreiber Menzel von den Bündnisgrünen (der durch solche Eskapaden dafür sorgt, dass man ihn nicht mehr ernst nehmen kann) sowie die Fraktion die ANDERE stimmten dagegen.
Unter demonstrativem Beifall der Grünen wurden wieder einige 30 km/h-Begrenzungen auf öffentlichen Straßen beschlossen. So auf der Kastanienallee, auf der man ob des Großpflasters eh nicht schnell fahren kann, und natürlich an allen Schulen. Schultheiß, Potsdamer Demokraten, verkniff sich die Frage, ob es denn Schulen an Autobahnen und Schnellstraßen gebe, aber er stimmte tapfer dagegen. Nicht weil er nicht alles tun möchte, um die Sicherheit der Schüler zu gewährleisten, aber statt Geschwindigkeitsbegrenzungen und Zebrastreifen (ein anderer Antrag) sollte man zu vernünftigen Schutzmaßnahmen kommen, wenn sie denn tatsächlich vonnöten sind. So raten beispielsweise alle Verkehrsfachleute davon ab, Zebrastreifen an Schulen anzubringen, aber die Potsdamer Stadtverordneten wissen so etwas natürlich besser (siehe oben). Wenn dann drei Monate später eine Mitteilungsvorlage der Verwaltung kommt, dass es rechtlich nicht möglich sei, z.B. beim gewünschten Haltverbot in der Reiherbergstraße, nimmt man sie einfach zur Kenntnis – vermutlich haben viele Stadtverordnete sie gar nicht gelesen.
Es wird Zeit, dass eine neue Stadtverordnetenversammlung gewählt wird! Und es bleibt zu hoffen, dass in den verbleibenden zwei Sitzungen nicht noch mehr Unfug verzapft wird, unter dessen finanziellen Lasten die neuen Stadtverordneten zu leiden haben werden.