30. 10. 2013 Hauptausschuss

Eigentlich kann einem der Oberbürgermeister leid tun. Da holt er sich zum wiederholten Male eine Niederlage ab – nicht zuletzt, weil er auf die falsche Partei oder die falschen Berater gesetzt hat.

Das mit der Tourismusabgabe versus Bettensteuer war noch vorhersehbar. Zu deutlich hatten ihm in einem Vorgespräch die Fraktionsvorsitzenden gesagt, welche Position sie resp. ihre Fraktion einnehmen, gleichwohl hielt er an der Tourismusabgabe fest. Es kam, wie es kommen musste: die Tourismusabgabe fiel bei zwei Ja-Stimmen (OB und Fraktion DIE ANDERE) mit neun (!) Gegenstimmen und vier Enthaltungen (DIE LINKE) durch. Peter Schultheiß, Potsdamer Demokraten, hatte noch einmal genüsslich zu Beginn der Diskussion auf die Ungereimtheiten[1] der Vorlage hingewiesen, die auch in ihrer nachgebesserten Form nicht beseitigt worden waren, und zwischen dem OB und einzelnen Vertretern seiner Rathauskooperation entspann sich ein Schlagabtausch über den Parkeintritt. Während der OB ins Feld führte, dass man auch an die Gegenfinanzierung denken müsse, wenn man der „Schenkung“ von 5 Mio. Euro an die SPSG zustimme, gerieten doch mindestens die Vertreter der CDU/ANW und der B90/Grünen ins Nachdenken. Wenn sie es heute noch einmal zu tun hätten, würden sie wohl eher zum Parkeintritt tendieren. Die Öffentlichkeitskampagnen der Potsdamer Demokraten haben offensichtlich Wirkung gezeigt, und schlussendlich kann man nur sagen, dass man genauer nachdenken muss, bevor man sich vorschnell auf eine Position festlegt.
Übrigens: die Bettensteuer erzielte auch kein überragendes Ergebnis. Der Hauptausschuss empfahl der SVV mit 6 Ja-Stimmen bei 5 Gegenstimmen undi 4 Enthaltungen (Die LINKEN), die Vorlage zur Einführung der Bettensteuer anzunehmen.

Gleich zu Beginn hatte der OB die erste empfindliche Niederlage einstecken müssen. Als Vorsitzender des Hauptausschusses hatte er noch einmal alle Register seiner Regiemöglichkeiten gezogen, um den Neubau der Weißen Flotte am Standort Bahndamm zu präferieren. So trug nicht der oft undiplomatische und Widerspruch erzeugende Baubeigeordnete Matthias Klipp die Vorlage vor, sondern die charmante Susanne Engelbrecht aus dem GB 4, die mit einer Power-Point-Präsentation und wohlgesetzten Worten die sich anbahnende Entscheidung pro Mercure zu kippen suchte. Auch Wolfgang Cornelius, Potsdamer Demokraten, warf sich noch einmal ins Zeug. Neben anderen Sachargumenten versuchte er, mit einem Antrag auf Einholung eines Gutachtens über die Wirtschaftlichkeit eines Restaurants am Bahndammstandort einen Zeitgewinn heraus zu holen; es half ebenso wenig wie das Rederecht des Herrn von Ketteler, der als entschiedener Befürworter des Bahndamms seine Argumente vortrug. Die Mehrheiten konnten nicht mehr verändert werden, und so empfahl der Hauptausschuss der SVV mit neun zu fünf Stimmen bei zwei  Enthaltungen, den Neubau der Weißen Flotte am Fuße des Mercure-Hotels zu beschließen.

Interessant wurde es noch einmal bei dem TOP „Rückführung der Attika-Figuren“. Unser Denkmalspfleger Kalesse hielt einen hervorragenden Vortrag über die historische Entwicklung, wie die Figuren des Potsdamer Stadtschlosses auf das Gebäude der Humboldt-Uni in Berlin gekommen waren. Seine Ausführungen gipfelten in den Aussagen, dass die Figuren überhaupt nicht zum Prinz-Heinrich-Palais passten und dass man keine Kopien herzustellen brauche, wenn man die Originale habe. Zugegeben, man müsse viele renovieren, aber die Originale seien immer noch besser als Kopien.
Peter Schultheiß, der sich schon im Kulturausschuss vehement für die Rückführung ins Zeug gelegt hatte, brauchte gar nicht viel einzugreifen und meldete sich nur einmal zu Wort. Mit zwölf Ja-Stimmen bei 3 Enthaltungen verabschiedete der Hauptausschuss diesen TOP. Bemerkenswert war allerdings, dass sowohl Peter Schüler, B90/DIE GRÜNEN, als auch Frau Dr. Schröter, DIE LINKE, in ihren Wortbeiträgen sich gegen die Rückführung aussprachen, dann aber bei der Abstimmung sich „nur“ der Stimme enthielten. Warum sie dagegen waren, haben sie allerdings nicht überzeugend dargelegt.

Der Rest ist schnell geschildert:

Die EWP wird die Strompreise 2014 um 5 Prozent erhöhen, die Gaspreise bleiben stabil, und die Fernwärme wird um 5,9 Prozent teurer. Bei den Strompreisen werden die Haushalte je nach Größe zwischen 23 und 52 Euro p. a. mehr zahlen müssen, und bei der Fernwärme schlägt die Erhöhung durchschnittlich mit 60 Euro p. a. zu Buche.
Die Stadtverordneten nahmen das ohne sichtliche Regung zur Kenntnis; nur Schultheiß versuchte noch über den Umweg zur Konkurrenz durch andere Stromanbieter, die Erhöhungen im Rahmen zu halten – auch das nützte nichts, da die wenigen Haushalte, die den Anbieter wechseln, durch neu hinzugezogene ausgeglichen werden.

Die 3D-Straßenvermessung wird bis ins kommende Jahr aufgeschoben. Vorher will man mit der Datenschutzbeauftragten des Landes Brandenburg die Ängste und Befürchtungen einzelner Bürger ausräumen.

Der Rest war nicht-öffentlich, so das sich hier Berichterstattungen verbieten.



[1] In seinem Diskussionsbeitrag prangerte Schultheiß an, dass schon der touristische Aufwand in Höhe von 20 Mio. Euro, der die Basis der Tourismusabgabe bilde, nicht richtig sei. So seien dabei z. B. die städtischen Aufwendungen für das Waschhaus mit 1 Mio. Euro angegeben, was nachweislich falsch sei; auch der touristische Anteil der einzelnen Kulturträger (HOT = 63 Prozent, Kammerakademie = 0 Prozent) sei nicht nachvollziehbar. Ähnliches gelte für den Vorteilssatz, den einzelne Branchen durch den Tourismus hätten; so sei der Vorteilssatz für Hotels mit 70 % angegeben, der für Jugendherbergen aber mit 95 Prozent und für Campingplätze gar mit 100 Prozent. Dies sei den Betroffenen nicht vermittelbar. Und selbst bei der Zoneneinteilung, die in der zweiten Fassung nachgebessert worden sei, gebe es noch Ungereimtheiten zum Beispiel beim Stern-Center.

Außerdem verlange die LHP quasi einen Blankoscheck, denn sie wolle erst einen Beschluss zur zweiten Fassung der Tourismusabgabe, um dann eine dritte auf den Weg zu bringen, die eine Anhebung der Bagatellgrenze oder gar Ausnahmen bestimmter Betriebsarten vorsehe.

Deshalb, so Schultheiß, sei auch die neue (2.) Fassung nicht zustimmungsfähig.

Bliebe noch die geplante Bettensteuer zur Gegenfinanzierung. Auch hier ständen Klagedrohungen an, so dass man bei der einen wie bei der anderen Lösung wohl mit gerichtlichen Überprüfungen rechnen müsse. Insofern müsse man eine politische, nicht juristische Lösung finden. Diese spreche eindeutig für die Bettensteuer, denn dabei würden die Touristen über die Übernachtungspreise für die Steuer aufkommen müssen, während bei der Tourismusabgabe die zusätzlichen Abgaben über die Einpreisung an alle Potsdamerinnen und Potsdamer weitergegeben würden.