4. 9. 2013 SVV – Beinahe hätten wir es geschafft

Nach der Sommerpause war es die erste Sitzung der SVV. Sie hatte eine überlange Tagesordnung mit vielen „Knackpunkten“, hatten doch die Fraktionen mehr als zwei Monate Zeit, sich mit manchmal wichtigen, aber zu oft mit unwichtigen Beschlussanträgen populistisch ins Gespräch zu bringen.

Natürlich hatten die Eltern einer Grundschule in Babelsberg Recht, als sie Maßnahmen zur Sicherheit ihrer Kinder auf dem Schulweg forderten. Dass aber gleich die Fraktion Bündnisgrüne einen Eilantrag daraus machte, mit der sie den OB verpflichten wollte, dort eine 30er-Zone einzurichten, ging dann doch zu weit, denn derartige Anweisungen darf die SVV dem OB nicht geben. Sind das bereits die Vorboten des Wahlkampfes?

An dieser Stelle muss auch noch einmal Kritik an den LINKEN geäußert werden, die grundsätzlich alle ihre Anträge (oftmals unwichtig, aber populistisch) mit einer fünf Minuten langen Rede einbringen. Einerseits muss man das Durchhaltevermögen von Dr. Scharfenberg, Fraktionsvorsitzender der LINKEN,  bewundern, der selbst zu vorgerückter Stunde noch unverdrossen ans Mikrofon geht und die Redezeit ausschöpft, andererseits nervt er damit gewaltig die anderen Stadtverordneten.
Sie äußerten unüberhörbar Unmut und denken darüber nach, wie man ihm das austreiben kann, denn allen guten Ratschlägen, die weniger wichtigen Anträge über die Konsensliste sofort in die Ausschüsse zu  überweisen, war er bisher nicht zugänglich.

So kam es, wie es kommen musste: die Stadtverordneten schafften die Tagesordnung nicht und müssen nun am kommenden Montag „nachsitzen“, obwohl sie wichtige Diskussionspunkte im Konsens bereits in die Ausschüsse überwiesen hatten, darunter die Mitteilungsvorlage zum „Langen Stall“.

Nun zu den Inhalten der SVV-Sitzung:

In seiner Rede „zur Lage der Nation“ sprach der OB auch die Diskussion Bettensteuer vers. Tourismusabgabe an. Das hätte er sich besser verkniffen, aber seine Zufriedenheit über den Schwenk der IHK hin zur Tourismusabgabe war nicht zu überhören. Damit befand er sich in guter Gesellschaft der LINKEN, die das ausdrücklich lobten. So ließen es die Fraktionen nicht aus, in der Erwiderung auf diesen Punkt einzugehen und ihre jeweiligen Standpunkte darzulegen. Peter Schultheiß und Wolfgang Cornelius, als Potsdamer Demokraten vehemente Gegner der Tourismusabgabe, gingen sogar beide ans Mikrofon, um auf die Unsinnigkeit dieser neuen Steuer  aufmerksam zu machen.

Aber dieser Tagesordnungspunkt war bereits vorher zurückgestellt bzw. in die Ausschüsse überwiesen worden, so dass man sich die Diskussion eigentlich sparen konnte.

Bei der TOP „Weiterführung des Freiland“ konnte sich Peter Schultheiß nicht zurückhalten und erinnerte noch einmal daran, dass mit dem Beschlussvorschlag des JHA und des Kulturausschusses zwar deutlich mehr Geld (+ 47 T€) ins Freiland fließen sollte, dass aber mit einer Änderung der Vorlage durch diese Ausschüsse jegliche Kontrolle der Verwendung der Gelder auf Wunsch der Freiland-Betreiber untersagt wurde. Folgerichtig forderte er, diese Änderung abzulehnen und die ursprüngliche Fassung zu beschließen. Das rief die LINKEN auf den Plan, die mit den Ausschussvorsitzenden Frau Dr. Müller (JHA) und Frau Dr. Schröter (KA) wortreich die Änderungen verteidigten.
Natürlich fand Schultheiß mit seinem Vorschlag keine Mehrheit, aber die Zahl der Stadtverordneten, die nachdenklich wurden und ihn unterstützten, war doch unübersehbar. Dass ihn aber auch die CDU nicht unterstützte, die sich früher öffentlich gegen das Freiland ausgesprochen und die Geldverschwendung angeprangert hatte, war mehr als verwunderlich,

Zu längeren Diskussionen führte auch der Antrag der CDU/ANW (unterstützt von den LINKEN), auf Wunsch des Investors Aldinger dass Gewerbegebiet im Kirchsteigfeld in Wohngebiet umzuwandeln. An dieser Stelle muss daran erinnert werden, dass Aldinger den Wahlkampf der CDU-Stadtverordneten Peter Lehmann und Michael Schröder nicht unerheblich gesponsert hatte.

Dr. Wilfried Naumann, Potsdamer Demokraten, hatte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Bürgerinitiative Kirchsteigfeld Rederecht beantragt und erhalten und in seiner unnachahmlich sachlich-ruhigen Art die Stadtverordneten davon überzeugt, dass diese Umwandlung dummes Zeug wäre, so dass sogar die LINKEN vorsichtig davon abrückten.
Auch Wolfgang Cornelius, Potsdamer Demokraten, der sich schon damals beim Drewitz-Park (44.000 qm zusätzliche Verkaufsfläche) im Interesse der Innenstadthändler, aber auch des Stern-Centers und des Havel-Nuthe-Centers, hervorgetan hatte, hielt noch einmal eine überzeugende Rede.

Im Ergebnis lehnten die Stadtverordneten mit einer deutlichen Mehrheit von 21 : 16 Stimmen die Umwandlung ab.

Auch einem anderen Wunsch der Potsdamer Demokraten folgten die Stadtverordneten. Dabei ging es um die Frage, ob man Straßenbahnen des ViP auf Gleisen der DB ins Umland fahren lassen könnte. Dies sollte der OB mit seiner Verwaltung unter Einbeziehung des Nachbarkreises prüfen.

Die Zustimmung war deutlich, und man darf auf das Ergebnis gespannt sein. Warum große Teile der LINKEN sich dagegen aussprachen, bleibt deren Geheimnis. Lag es daran, dass nicht sie selbst auf die Idee gekommen waren?

Die Neuwahl des Finanzbeigeordneten fand als letzter Tagesordnungspunkt vor der Pause statt. Mit der erforderlichen absoluten Mehrheit von 33 Stimmen  (bei 5 Gegenstimmen) wurde auf eine Ausschreibung verzichtet; die dann folgende Wahl von Exner war deutlich: von 48 abgegebenen Stimmen erhielt er 32 Stimmen bei 15 Gegenstimmen und einer Enthaltung. Peter Schultheiß ließ es sich nicht nehmen, ihm im Namen der Potsdamer Demokraten herzlich zur Wiederwahl zu gratulieren. Im Vorbeigehen lobte er aber auch Dr. Scharfenberg, die LINKE, der trotz seines Abwahlantrages gegen Exner im vergangenen Jahr diesmal die Stimmabgabe seiner Fraktion freigegeben hatte, so dass Exner auch von ihnen teilweise Zustimmung erfuhr. Dies war nicht unerheblich, fehlten doch in den Fraktionen der Rathauskooperation mehrere Stadtverordnete, so dass die Mehrheiten wieder einmal recht fragil waren.

In der Einwohnerfragestunde beschwerte sich ein Bürger, dass der OB 18 Monate lang nicht auf seine insgesamt sechs Schreiben geantwortet habe. Derartige Rügen häufen sich, und es scheint in der Verwaltungsspitze eine Unsitte zu sein, überhaupt nicht zu reagieren. Die Potsdamer Demokraten werden das im Auge behalten.

Alle Anträge in Zusammenhang mit dem Lustgarten und dem Neubau der Weißen Flotte wurden von den Stadtverordneten in den SB-Ausschuss sowie in den Hauptausschuss überwiesen. Die LINKE hatte noch einmal versucht, ihren Antrag zur Beschlussfassung einzubringen (siehe oben), aber die Überweisung zusammen mit den anderen Anträgen in die genannten Ausschüsse wurde ausdrücklich beschlossen, und auch hier darf man auf die weitere Entwicklung gespannt sein.

Die Neuberufung der Mitglieder des Gestaltungsrates ging ohne Probleme vonstatten. An dieser Stelle muss einflochten werden, dass die Mitglieder zwei Jahre vor ihrer Berufung und mindestens ein Jahr nach ihrem Ausscheiden nicht in Potsdam tätig werden dürfen.

Anders beim Anstrich der Fassade der Fachhochschule. Die LINKE  hatte diesen unsinnigen Antrag eingebracht, mit dem jetzt kurz vor dem Abriss des Gebäudes die Fassade neu angestrichen werden sollte, aber die Stadtverordneten ließen sich nicht beirren und lehnten das mit deutlicher Mehrheit ab.

Der weiteren Planung, die Scholle 51 in das ehemalige Restaurant Charlottenhof zu verlagern, stimmten die Stadtverordneten ebenfalls zu. Schultheiß hatte noch die Überweisung in den Finanzausschuss gefordert, witterte er doch Unrat, dass hier wieder für ein neues soziokulturelles Zentrum Geld verschwendet werden sollte. Wie nicht anders zu erwarten, scheiterte er auch mit diesem Vorschlag.

So blieben nur noch wenige TOP wegen der fortgeschrittenen Zeit unbearbeitet, davon ein wichtiger, nämlich die Einteilung in die neuen Wahlkreise, die für die Planungen der Parteien und Wählervereinigungen für die kommende Kommunalwahl von erheblicher Bedeutung ist. Aus rechtlichen Gründen kann der Beschluss aber nicht sofort erfolgen; dazu ist noch eine Entscheidung des Innenministeriums notwendig. Diese soll in Kürze erfolgen, so dass dieser TOP nicht behandelt wurde.

Dann folgte der nicht-öffentliche Teil, über den hier aus verständlichen Gründen nicht berichtet werden kann, und alle werden sich am kommenden Montag wiedersehen, muss doch dort der Rest der Tagesordnung abgearbeitet werden, und vermutlich wird bis dahin die vorgenannte Entscheidung des Innenministeriums getroffen sein.