20. 7. 2012 Wechsel städtischer Bediensteter in die private Wirtschaft

Potsdam, den 20. 7. 2012

Einreicher: Fraktion Potsdamer Demokraten

Antrag

Wechsel städtischer Bediensteter in die private Wirtschaft

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, auf geeignete Weise dafür Sorge zu treffen, dass städtische Bedienstete erst zwei Jahre nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeits-, Angestellten- oder Beamtenverhältnis bei der LHP zu einem Arbeitgeber wechseln, der Empfänger kommunaler Zuwendungen aus dem Geschäftsbereich war, dem der/die Bedienstete angehörte.

Das Verbot soll auch für Fälle gelten, in denen der/die städtische Bedienstete gegen Entgelt Leistungen für einen vorgenannten Arbeitgeber erbringt, ohne in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden.

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Stadtverordneten im Januar 2013 über die ergriffenen Maßnahmen zu informieren.

 

Begründung:

Der Wechsel des Leiters des Jugendamtes zu einem Träger der Jugendhilfe, der bisher in nicht unerheblichem Maße auch aus dem Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes Zuwendungen von der LHP erhalten hat,  ist sowohl für den neuen Arbeitgeber als auch für den Bediensteten selbst nicht unproblematisch. Das gilt umso mehr, als in den vergangenen Monaten intensive Verhandlungen zwischen der LHP (Maßgeblich geführt vom Jugendamtsleiter Schweers) und den Trägern über die vertraglichen Rahmenbedingungen und die Höhe der Leistungsentgelte und Zuschüsse zu den Personal- und Sachkosten stattfanden und noch stattfinden.

Der Wechsel eines ehemaligen Kommissars der EU[1], eines früheren Bundeskanzlers[2], von Ministerpräsidenten einzelner Bundesländer[3] sowie hochrangigen Bundes-, Landes- und Kommunalbeamten zu Unternehmen, die während der Amtszeit der Wechsler Empfänger von Aufträgen oder Begünstigte von Gesetzesänderungen waren, ist immer in der Öffentlichkeit Objekt kritischer Nachfragen der Presse gewesen und hat deutliche Kratzer am Bild der Staatsdiener, aber auch am Ansehen der jeweiligen Unternehmen hinterlassen.

Die LHP ist gut beraten, nach den jüngeren Skandalen dafür Sorge zu tragen, dass das Bild der LHP und ihrer städtischen Bediensteten in der Öffentlichkeit nicht in Misskredit gebracht wird. Insofern sollten derartige Wechsel wie der des Jugendamtsleiters unterbunden werden, so nachvollziehbar die Veränderung auch ist.

Das gilt auch für das EJF, bei dem lt. Lausitzer Rundschau der ehemalige Innenminister Speer mit einem mehrjährigen Beratervertrag mit mehr als 1.000 Euro pro Monat auf der Gehaltsliste steht und gegen dessen bisherigen Chef die Staatsanwaltschaft noch vor nicht allzu langer Zeit Ermittlungen durchgeführt hat; es sollte sich deshalb nicht erneut  kritischer Nachfragen aussetzen. Das liegt allerdings im Verantwortungsbereich des dortigen Aufsichtsrates.

Der OB wird deshalb mit diesem Antrag dazu aufgefordert, auf geeignete Weise dafür zu sorgen, dass städtische Bedienstete erst zwei Jahre nach ihrem Ausscheiden aus dem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zu einem neuen Arbeitgeber wechseln dürfen, der Empfänger städtischer Leistungen aus dem Geschäftsbereich des Bediensteten ist oder war. Ob dies durch Veränderungen der Arbeitsverträge oder auf andere Weise auch rückwirkend oder nur für die Zukunft  zu bewerkstelligen ist, muss vom OB bzw. seinem zuständigen Personalbereich geprüft werden.

Das Verbot soll nicht nur für die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses gelten, sondern auch ein Verbot  künftiger Dienstleistungen  (z. B. Gutachten und dgl.) gegen Entgelt beinhalten, ohne dass es zu einem formellen Arbeitsverhältnis kommt.

Es soll aber ausdrücklich nur für Wechsel zu denjenigen Unternehmen gelten, die Empfänger von Leistungen aus dem Geschäftsbereich sind oder waren, dem der oder die Bedienstete bisher angehörte.



[1] Bangemann zu Telefonica

[2] Gerhard Schröder zu Gasprom

[3] z.B. Koch zu Hochtief