23. 1. 2013 Vorbereiteter Redebeitrag Dr. Wilfried Naumann im Hauptausschuss
Dr. Wilfried Naumann
Vorbereiteter Beitrag Rederecht zur 83. Sitzung des Hauptausschusses am 23.01.2013 - Abgelehnt
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, Sie befassen sich in Ihrer heutigen Sitzung gleich in drei Tagesordnungspunkten mit dem geplanten Neubau der Weißen Flotte am Lustgarten. Wie Sie wissen, hat die Veröffentlichung des Entwurfs von Prof. Winkens für einen riesigen Winkelbau um das Neptunbecken für Ablehnung und heftige Diskussionen in der Öffentlichkeit gesorgt.
Für mich und für viele Potsdamerinnen und Potsdamer ist es nicht nachzuvollziehen, völlig ohne Not und Zwang ein bereits 2010 beschlossenes und allseits akzeptiertes Konzept für einen unstrittig notwendigen Neubau den Standort am Fuße des Mercure-Hotels wieder zu verlassen, in den südlichen Hafenbereich auszuweichen und wertvolle Fläche der einzigen und ältesten historischen Gartenanlage der Innenstadt zu opfern.
Die Kubatur und die Fassade des Landtagsneubaus gehen unter hinter dem gewaltigen und von der Architektur her beliebigen Glaspalast, welcher den Blick auf den Landtag, die Havel und das Neptunbecken versperrt, auch wenn mit dem aktuellen Entwurf hier nachgebessert wurde.
Der neue Landtag bildet zusammen mit dem Lustgarten einen Kern Potsdams. Wer den Landtag aufbaut, darf den Lustgarten nicht links liegen lassen bzw. weiter einengen.
In der letzten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Bauen am 8. Januar wurden von Wissenschaftlern, Historikern und sachkundigen Bürgern in ihren Rederechten hierzu vielfältige Argumente vorgetragen. Ebenso wurden eine ganze Reihe alternativer Vorschläge unterbreitet.
Ich maße mir hier nicht an, diese Vorschläge im Einzelnen zu bewerten. Es zeigt sich aber, dass hinsichtlich der städtebaulichen Zielsetzung dringender Klärungs- und Abstimmungsbedarf vorhanden ist.
Erst wenn hierüber Klarheit und Einigkeit herrschen, ist es m.E. angezeigt konkrete Beschlüsse etwa zur Änderung der Sanierungsziele Potsdamer Mitte oder zum Grundstücksverkauf auf den Weg zu bringen.
Aber zurück zur Weißen Flotte. Lassen Sie mich noch drei Aspekte ansprechen.
(1) Die jetzt angebotene Verkürzung des Gebäudes an der Wasserseite betrifft den Front-End-Bereich, also das Kundenzentrum der Weißen Flotte. Fahrgäste müssten also auch in Zukunft die alten Räume am Mercur nutzen. Für sie ändert sich nichts. Der Neubau ist damit von seiner originären maritimen Funktion als Hafengebäude entkoppelt und mutiert zu einer reinen Gaststätte mit angeschlossenem Wirtschaftsbereich. In diesem Fall kann sich die Vorsorgepflicht der Stadt durchaus in Grenzen halten.
(2) Ausschlaggebend für den Standortwechsel weg vom Mercure-Hotel war ja bekanntlich die Absicht Hasso Plattners dort seine Kunsthalle zu errichten. Er wollte das Hotel kaufen und abreißen. Da man in dieser Situation die Weiße Flotte nicht hängen lassen konnte, wurde nach einer Ausweichfläche gesucht.
Nun – die Kunsthalle am Lustgarten ist leider Geschichte. Rückblickend hatte das Vorhaben aber wohl niemals eine echte Realisierungschance. Denn dazu hätte die Bereitschaft des Besitzers Blackstone zum Verkauf des Hotels gehört und die ist meines Wissens nach niemals erklärt worden.
Blackstone als einer der international führenden Hotelbetreiber wird einen solchen Premium-Standort in der Boomtown Potsdam niemals aufgeben.
Für ein Hotel, welches auch problemlos größere Gruppen von Touristen aufnehmen kann und für „normale“ Bürger bezahlbar bleibt, gibt es keinen besseren Standort. Auch das Hotel ist damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Potsdam.
Gegenüber dem Stadtschloss, fußläufig zur Innenstadt und direkt am Wasser gelegen – welcher vernünftig handelnde Kaufmann würde so etwas aufgeben, seinen Goldesel schlachten?
Insofern war und ist eine Diskussion über Risiken infolge eines möglichen Abrisses des Hotels völlig unbegründet.
Also – warum nicht zurück zum alten Standort! Das ist doch offensichtlich auch der Plan B von Herrn Lehmann.
(3) Nun noch eine Bemerkung zur vorgesehenen Grundstücksübertragung an die Weiße Flotte.
Mir ist es dabei egal, ob ein Verkauf oder der Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags angestrebt wird. In beiden Fällen wird öffentliches Land in ganz besonders exponierter Lage einem privaten Investor zur Errichtung eines Geschäftsbetriebs übertragen.
Werden hierbei nicht – wie ich befürchte – markt- und standortgerechte Konditionen, d.h. der Verkehrswert, in Ansatz gebracht, werden wertvolles öffentliches Land verschleudert, auf Einnahmen verzichtet und dem Erwerber unzulässige Wettbewerbsvorteile verschafft.
Es hat dem Gemeinwesen noch niemals genutzt, wenn Investoren Grund und Boden zu besonders günstigen Bedingungen erwerben können. Oftmals führt dies zu Spekulationen und Abwarten, wie es derzeit wieder im Kirchsteigfeld zu beobachten ist. Natürlich möchte ich Derartiges der Weißen Flotte im vorliegenden Fall nicht unterstellen.
Trotzdem meine Bitte an Sie, sehr geehrte Mitglieder des Hauptausschusses:
Sorgen Sie zunächst für die Erarbeitung einer stadt- und bürgerfreundlichen Zielsetzung für das Sanierungsgebiet Potsdamer Mitte unter Berücksichtigung der Belange der Weißen Flotte und der Bürgerschaft und fassen Sie anschließend die notwendigen Beschlüsse.
Allein ein voreiliger Beschluss zur Grundstücksübertragung hätte eine präjudizierende und unumkehrbare Wirkung und würde eine ernsthafte Prüfung und Evaluierung alternativer Lösungsansätze von vorn herein zum Scheitern verurteilen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.