13. 7. 2012 Potsdam TV - Stadtfernsehen im wahrsten Sinne des Wortes

Die städtischen Gesellschaften als Sponsoren von Potsdam TV

Natürlich hat es für jede Partei und erst recht für jeden Politiker etwas Bestechendes, eine eigene Zeitung oder gar einen eigenen Rundfunk- bzw. Fernsehsender zu haben.  Da kann man schwadronieren, die eigenen politischen Ziele dem Wähler verdeutlichen, da braucht man keine unliebsamen Zwischenfragen zu fürchten, und der Kommentar wird wird ebenfalls immer im gewünschten Rahmen liegen.

Insofern kann man nachvollziehen, dass Jann Jakobs, unser OB, glänzende Augen bekommt, wenn er an Potsdam TV denkt. Zwar fällt der Sender in der letzten Zeit nicht mehr durch übermäßige Kritik an der Stadtspitze auf, und die wöchentliche Fragestunde mit ihm gibt dem OB die Möglichkeit, dem staunenden Wahlvolk die Vorstellungen und Hintergründe seiner Politik – allerdings nur die gewünschten – zu erläutern. Aber es gibt nichts, was man nicht noch toppen könnte.

Lassen wir die Hoffbauer-Stiftung aus dem Spiel. Ob der Kauf von Potsdam TV mit dem Stiftungszweck vereinbar ist, muss dort entschieden werden, notfalls von einer Aufsicht, so es sie denn gibt. Allerdings darf man daran deutliche Zweifel haben, wenn man § 3 der Satzung über den Stiftungszweck liest. Hermann und Clara Hoffbauer würden sich im Grabe umdrehen!

Die Übernahme der zweiten, etwas kleineren Hälfte der Anteile an Potsdam TV durch die städtischen Gesellschaften war politisch nicht durchsetzbar. Unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Pläne meldeten sich die Parteien zu Wort (Potsdamer Demokraten mit einer Pressemitteilung vom 10. 6. 2012 – vgl. dort), und unisono verurteilten sie diese Absicht.  Böse Zungen zitierten sogar Vergleiche mit Berlusconi-Italien bzw. Putin-Russland.

Also umging Jann Jakobs diese Hürde. Als OB ist er kraft Amtes Gesellschaftervertreter und konnte so darauf Einfluss nehmen, dass die städtischen Gesellschaften pro Jahr 500.000 Euro für Sponsoring/Werbung bei diesem Sender ausgeben und damit das Überleben des Senders sichern.  Selbst das gemeinnützige Klinikum muss seinen Beitrag leisten!

Natürlich kommt es immer bei Großanzeigen-Kunden zu einer gewollten oder ungewollten  Einflussnahme auf den redaktionellen Teil; man will sie ja schließlich nicht verprellen. Aber mit welcher Impertinenz hier vorgegangen wird, sucht ihresgleichen. Wo hat nur unser OB sein oft so sicheres politisches Gespür gelassen?

Diese jetzt entstehende Abhängigkeit ist auch für den Sender – und allgemein für die Presse - nicht gut. Glaubt denn tatsächlich noch eine Potsdamerin oder ein Potsdamer, dass hier unabhängige journalistische Arbeit gemacht würde?

Um es auf den Punkt zu bringen: Auch dieser neuerliche Versuch, einen stadteigenen Fernsehkanal über das Sponsoring der städtischen Gesellschaften zu etablieren, ist politisch unklug und zeugt von wenig Sensibilität für das differenzierte Zusammenspiel von Politik und Presse.

Das ist die Folge davon, wenn eine Partei zu lange an der Macht ist. Da werden langsam aber sicher alle Hemmungen über Bord geworfen und das Land bzw. die Kommune als Erbhof betrachtet.

Wir wollen aber nicht hoffen, dass es bei Potsdam TV wie bei vielen anderen SPD-eigenen bzw. Gewerkschafts-eigenen Firmen passiert, dass sie nämlich unternehmerisch an die Wand gefahren werden. Die „Neue Heimat“, der Konsum, der „Vorwärts“ u.v.a lassen grüßen.

 

Die Transparenzkommission, die uns ebenso lieb wie teuer war, hätten wir uns sparen können. Sie hat empfohlen, dass keine Schattenhaushalte durch Sponsoring entstehen dürfen, dass das Sponsoring nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen darf, dass es befristet sein muss und dass die politische Neutralität durch ein Sponsoring nicht verletzt werden darf.[1] Aber wenn es ins politische Kalkül passt, werden alle guten Vorsätze über den Haufen geworfen.

Noch ein Wort zu den Sponsoring-Regeln: Die für die Unternehmen der LHP geltenden „Leitlinien guter Unternehmensführung“, die noch aus der Zeit vor der Paffhausen-Affaire und der Transparenzkommission stammen, sind und waren gut, nur dass sich der Chef , damals Paffhausen, nicht daran gehalten hat.

Gibt es da Parallelen zu Jakobs heute? Honi soit qui mal y pense.[2]



[1] Vgl. Abschlussbericht Transparenzkommission S. 33 – 38, Ziff. 2.1.4.1 und 2.1.5.1

[2] Ein Schelm, der Böses dabei denkt