15. 5. 2012 Stellungnahme der Potsdamer Demokraten zur Gedenkstätte Lindenstr. 54

Mit dem nachfolgenden Schreiben vom 15. 5. 2012 hat die Fraktion Potsdamer Demokraten zur künftigen Konzeption der Gedenkstätte Lindenstr. 54 Stellung genommen:

Die Fraktion „Potsdamer Demokraten“ nimmt zur Konzeption der Gedenkstätte Lindenstr. 54 sowie zu Ihrem Fragenkatalog wie folgt Stellung:

zu 1.

Wir halten das Konzept für die Gedenkstätte Lindenstr. 54 grundsätzlich für gelungen und danken an dieser Stelle den Verfassern für ihre hervorragende Arbeit.

Das gilt insbesondere die Aufarbeitung aller drei Unrechts-Phasen

·       Nazizeit (Erbgesundheitsgericht/Volksgerichtshof) 

·       SMT/NKWD (SBZ)

·       Ministerium für Staatssicherheit

Dabei sollte es aber nicht zu einer Schwerpunktsetzung bei der Nazi-Phase kommen, wie von einschlägiger Seite gewünscht. Diese Zeit wird in vielfältiger Art und Weise von anderen Stellen aufgearbeitet, im Land Brandenburg u. a. von der Stiftung Brandenburger Gedenkstätten.

 

Den Opfern wird ausreichend Platz eingeräumt, jedoch fehlen zu den Tätern Angaben. Um es am Beispiel der Nazi-Diktatur zu erläutern: Den Vorsitzenden des ersten Senats des Volksgerichtshofes Roland Freisler kennt man; die Vorsitzenden und Beisitzer der zwei Senate, die in Potsdam wüteten, sowie die Staatsanwälte sind weitgehend unbekannt.

Gleiches gilt für die MfS-Vernehmer und die schikanierenden Aufseher der DDR-Zeit, die vermutlich heute noch unter uns leben.

 

zu 2.

Neben den bereits praktizierten gedenkstättenpädagogischen Führungsprogrammen sollten zur Erweiterung der politischen Bildungsarbeit an der Gedenkstätte spezifische Programme entwickelt werden, die sich an dem wachsenden Interesse an der politischen Zeitgeschichte orientieren.

 

zu 3.

Aus der Nazi-Phase sind vermutlich keine Zeitzeugen mehr vorhanden. Umso mehr Bedeutung kommt der Dokumentationsarbeit der Zeitzeugen aus der Zeit nach 1945 zu. Hier sind deutliche Schwerpunkte zu setzen, damit nicht noch mehr Wissen, Erfahrung und Erinnerung untergeht.

 

zu 4.

Die Gedenkstätte Lindenstr. 54 wird künftig voraussichtlich 4,5 Mitarbeiter/-innen haben.

Diese Stellen sollten dem wissenschaftlichen und Besucherdienst zugeordnet werden; eine eigene Verwaltung (Personal, Finanzen, Liegenschaft) dürfte entbehrlich sein. Die Verwaltungsaufgaben sollten von anderen Bereichen der LHP wahrgenommen werden.

Ebenso sind die Fragen der Aufsicht offensichtlich noch nicht geklärt. Ob das durch die LHP, die Landesverwaltung oder ein einzurichtendes Kuratorium geschieht, sei dahingestellt.  Eine Angliederung an die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten befürworten wir nicht, da diese mit ihrer Ausrichtung auf das Nazi-Unrecht der Gedenkstätte Lindenstr. 54 nicht gerecht wird.

An diesen Fragen sollte sich auch die Rechtsform der Gedenkstätte ausrichten. Geld und Personal sollten der wissenschaftlichen Arbeit zugute kommen und nicht in eine neue Verwaltung gesteckt werden.

 

zu 5.

Wie in dem Konzept vorgeschlagen, sollten die Opfer- und Interessenverbände pp. in einen wissenschaftlichen Beirat eingebunden werden.

Dieser Beirat sollte jedoch so wenig wie möglich Mitglieder haben, damit eine konstruktive Arbeit gewährleistet ist. Im Konzept werden 8 – 12 Mitglieder vorgeschlagen; man sollte die untere Zahl nehmen.

 

Auf Seite 13 der Konzeption werden die potenziellen Institutionen genannt. Wir schlagen vor, dass beim zweiten Stabstrich die Arbeitsstelle Medizingeschichte gestrichen wird, da das Problem des Erbgesundheitsgerichts kein medizinisches war.

Auch stellt sich die Frage, warum das Brandenburgische Landeshauptarchiv beteiligt sein muss.

Energisch sprechen wir uns aber gegen die Beteiligung des Verbandes der Verfolgten des Naziregimes (VVN) im wissenschaftlichen Beirat aus. Basierend auf den Vorstellungen der Gruppe Ulbricht, die 1945 aus Moskau zurückkam, dass kein „rechtschaffener Kommunist“ in Deutschland den Naziterror überlebt haben kann, ohne mit den Nazis kollaboriert zu haben, wurde der VVN zu einem willfährigen Teil des DDR-Unterdrückungssystems. Er bekam nämlich den Auftrag, alle Überlebenden auf diese Verdachtsmomente zu überprüfen und bediente sich dabei übelster Methoden.

Mit seiner Einbindung würde man Täter zu Opfern machen.