2. 3. 2012 Zu den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst – Augenmaß auf beiden Seiten
Natürlich haben auch die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes bei anziehender Wirtschaft einen Anspruch auf Teilhabe. Da können nicht nur die Angehörigen der Privatwirtschaft vom Mehrwert zehren, auch der öffentliche Dienst hat seinen Teil dazu beigetragen.
Seine Gewerkschaften sollten aber auch daran denken, wer die Lohn- und Gehaltserhöhungen zahlt. Es ist nicht der Privatunternehmer, der vielleicht – nicht zuletzt auf Grund der Auswirkungen des Konjunkturpakets II - auf vollen Auftragsbüchern sitzt. Es ist der Steuerzahler, der alle Konjunkturpakete bezahlt und ob der hohen Abgaben für Steuern und Sozialleistungen schon ächzt und stöhnt. Nicht zu Unrecht fordern die Parteien deshalb die Abschaffung oder zumindest Reduzierung des Mittelstandsbauches.
Auf der anderen Seite gibt es auch im öffentlichen Dienst Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sogar im Beamtenbereich - , die sogenannte Aufstocker sind. Das heißt, dass ihr Dienstherr ein so geringes Entgelt zahlt, dass sie aus der öffentlichen Hand ihr Einkommen um einen Zusatzbetrag aufstocken müssen, damit sie nicht unter das Arbeitslosengeld II bzw. die Sozialhilfe rutschen. Das ist eine Schande, und man sieht daran, dass die öffentlichen Arbeitgeber keinen Deut besser sind als die privaten.
Die LHP gibt zur Zeit 92,9 Mio. Euro an Personalkosten aus. Daraus kann der Leser einfach errechnen, dass jeder Prozentpunkt mehr in den öffentlichen Tarifen fast eine Million Euro ausmacht. Bei bereits 12 Mio. Euro Unterdeckung im laufenden Haushalt kann man die zusätzlichen Ausgaben auch nicht an anderer Stelle einsparen, so dass jeder Tarifabschluss zu einer weiteren Verschuldung führt.
Wenn der Kämmerer weitsichtig war - und unser Burkhard Exner ist so ein Mann -, wird er eine gewisse Steigerung der Personalausgaben in den Haushalt eingeplant haben, denn die Tarifverhandlungen kamen ja nicht überraschend. Über die Höhe schweigt er natürlich, um die Verhandlungen nicht zu beeinflussen. aber erfahrungsgemäß liegt das so bei 1 – 2 Prozent.
Kurzum: Tarifsteigerungen um ca. 2,5 Prozent sind hinnehmbar, schon um auch für den öffentlichen Dienst die Teuerungsrate auszugleichen. Mehr wäre unverantwortlich!
Ein probates Mittel der Gewerkschaften (und öffentlichen Arbeitgeber) ist es, den prozentualen Anstieg relativ gering zu halten, weil das die Öffentlichkeit merkt und höhere Abschlüsse für andere Tarifverhandlungen ein negatives Beispiel sein könnten. Dafür aber werden höhere Eingruppierungen oder längere Urlaubszeiten resp. kürzere Arbeitszeiten vereinbart, die in ihrer Langzeitwirkung noch negativer sind.
Da kann man allen Seiten nur raten: Kommt zu einem fairen Ergebnis, aber mit Augenmaß!