27. 11. 2011 Recht muss Recht bleiben oder wer wirklich für ein originalgetreues Stadtschloss war
Da haben wir nun am Stadtschloss das Richtfest gefeiert, und diesmal waren auch die Potsdamerinnen und Potsdamer eingeladen. Die Vertreter der SPD (Ministerpräsident Platzeck, Landtagspräsident Fritsch, Oberbürgermeister Jakobs) sowie der LINKEN (Finanzminister Markov) hielten flammende Reden, wie sehr sie sich ins Zeug gelegt haben, damit endlich dieser Neubau entstehen konnte. Der Erfolg hat bekanntlich viele Väter!
Zugegeben, wer die Fläche zu Wendezeiten 1990 gesehen hat, muss schon staunen. Damals war sie eine Brache, und mitten auf ihr stand ein Bunker – nein, es war der Beton-Rohbau des Hans-Otto-Theaters. Da gehörte schon politischer Mut dazu, bereits zu dieser Zeit den Abriss des Theaters und den Neubau eines Stadtschlosses zu fordern.
Und diese Leute gab es – es waren Horst Prietz, Hans-Joachim Ziebarth und andere Vertreter der CDU, die bereits damals in der Stadtverordnetenversammlung oder im Kulturausschuss (dem Prietz vorstand) den Wiederaufbau des Stadtschlosses ein ums andere Mal forderten.
Die LINKEN, die damals noch SED-PDS hießen, waren natürlich dagegen. Auch als sie sich in PDS umbenannt hatten, änderte sich nichts an ihrer Aversion gegen derartige monarchistische Attribute.
Und die SPD? Sie besann sich auf ihre republikanischen Wurzeln der Arbeiterbewegung, war äußerst reserviert und fand die Lösung anderer Probleme wichtiger.
1994 beschloss die CDU Potsdam unter ihrem damaligen Vorsitzenden Dr. Wieland Niekisch ein Grundsatzpapier, das neben dem Stadtschloss die Wiedererrichtung der vollständigen historischen Mitte Potsdams forderte.
Allein hätte sie es nie geschafft, denn ihr Stimmenanteil bei den Kommunalwahlen dümpelte irgendwo um die 15 Prozent herum. Aber das ständige „Finger-in-die-Wunde-Legen“ und die Überzeugungsarbeit bei anderen Stadtverordneten brachte langsam Bewegung in die Sache.
Und Niekisch, der mittlerweile in den Landtag gewählt worden war, tat dort ein Übriges.
Der Durchbruch kam 2005, als der Landtag, bisher in der ehemaligen Bezirksparteileitung auf dem Brauhausberg untergebracht, dringend renoviert werden musste. Die Kosten in diesem maroden Gebäude waren dafür so hoch, dass man sich etwas Besseres überlegen musste. Denn trotz aller Renovierungsversuche wäre das Gebäude auf dem Brauhausberg im Grunde mit seinen Kleinst-Büros und den vielen anderen Unannehmlichkeiten ein Behelf geblieben.
Was lag da näher, als sich nach einem Neubau umzusehen und dabei auch den Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nach einem Stadtschloss in die Überlegung einzubeziehen.
So kam die damalige Landesregierung mit ihrem Finanzminister Speer, der als „graue Eminenz“ der eigentliche Vordenker der Brandenburger SPD war, auf die Idee, ein völlig neues Bürogebäude auf dem Gelände des ehemaligen Stadtschlosses zu errichten. Damit wäre die Brache beseitigt und der Landtag hätte ein neues Gebäude!
Aber da hatten Speer und seine Helfershelfer nicht mit den Potsdamer Bürgerinnen und Bürgern gerechnet! Die wollten sich kein Bürogebäude á la IHK dorthin setzen lassen und schlossen sich in der Bürgerinitiative „Mitteschön“ zusammen. Mit vielen SPD-Genossen der Basis und anderen Vertretern des „bürgerlichen Lagers“, also CDU- und FDP-Anhängern, sowie der Kabarettistin Barbara Kuster an der Spitze, die sich nicht nur auf der Bühne zu artikulieren weiß, hielten sie dagegen und forderten die Wiedererrichtung des Stadtschlosses so originalgetreu wie möglich.
Da waren selbst die B90/Grünen, die sonst als „Dagegen-Partei“ bekannt sind, diesmal dafür. Ihre Rolle übernahm die Fraktion Die Andere, die es sich nicht nehmen ließ, auch beim Richtfest lautstark auf sich aufmerksam zu machen
Und die LINKEN, wie sich die SED-Genossen mittlerweile nannten? Sie murrten immer noch. Zweimal gelang es ihnen, in der Stadtverordnetenversammlung die Angelegenheit zu Fall zubringen. Dann aber ließen sie sich auf eine Bürgerbefragung ein, die ein klares Votum für den Neubau erbrachte.
So richtig sind sie auch heute noch nicht dafür. Mit vielen kleinen Anträgen in der SVV versuchen sie Sand ins Getriebe zu werfen, aber die Mehrheiten für das Stadtschloss stehen (seit dem Bürgervotum!).
Blieb noch der damalige Finanzminister Speer, der sich mit Händen und Füßen gegen das Stadtschloss wandte. Er ließ nichts aus, um gegen das Schloss zu agieren, bis endlich ein namhafter Mäzen 20 Mill. Euro aus seiner Privatschatulle für die originalgetreue Wiederherstellung spendete.
Da galt es nur noch, den Architekten auf Vordermann zu bringen. ´Mal waren es die Fenster, ´mal der Durchgang, ´mal das Dach – er fand immer etwas, um nicht ein Stadtschloss, sondern einen Kulka-Bau zu planen. Bis der bereits erwähnte Mäzen erneut mit einer Spende das Kupfer-Dach rettete.
Am 24. 11. 2011, 18.00 Uhr, standen diese Herren der SPD (Platzeck, Fritsch, Jakobs) und der LINKEN (Markov) einträchtig beim Richtfest zusammen, klopften sich gegenseitig auf die Schulter und ließen sich vom Volk feiern. Was sind sie doch für Kerle, und wie toll haben sie alles hingekriegt!
Die Vertreter der CDU und der Bürgerinitiative „Mitteschön“ standen bescheiden am Rande der Veranstaltung. Gegen soviel gemeinsame Heuchelei kämpfen selbst die Götter vergebens!
Wir wissen, wer sich wirklich um das Schloss verdient gemacht hat!
P.S. Die faktische Umsetzung, die Initialzündung für die Wiedererrichtung de Stadtschlosses, kam 2002 durch Günter Jauch, der mit einer Millionenspende das Fortunaportal errichten ließ.
Auch er wurde bei den Feierlichkeiten nicht gesehen!