19. 11. 2023 Das Schulsystem zeigt immer mehr Mängel
Es gab ´mal Zeiten, da waren wir auf unser Schulsystem stolz. Und wir waren das Volk der Dichter und Denker. Aber es wird immer schlechter, und seit 2015 geht es rapide bergab, wie die jüngst veröffentlichten Vergleichszahler der Neuntklässler zeigen.
Nach der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 hat die Kultusministerkonferenz (KMK) ein eigenes Forschungsinstitut gegründet, das die Leistungen der Viert- und Neuntklässler regelmäßig überprüfen sollte. Schon im letzten Jahr waren die Ergebnisse für Deutschlands Grundschulen überaus negativ, aber mit den kürzlich veröffentlichten Daten für die Neuntklässler wurden sie noch getoppt. .Wer beurteilen will, wo Deutschlands Schulen stehen, muss sich bloß die Leistungen der besten und der schlechtesten Schüler ansehen. Die besten sind die künftige geistige, handwerkliche und industrielle Elite der Bundesrepublik, die schlechtesten Deutschlands künftiger sozialer Problemfall. Insofern ist es wünschenswert, dass es von den besten Schülern möglichst viele geben sollte, von den schlechtesten möglichst wenige.
Zu den schlechtesten Schülern zählen gemäß KMK jene, die selbst nach neun Jahren Schule nicht einmal über die Mindestkompetenzen im Lesen und Schreiben verfügen; sie dürften nicht einmal einen Hauptschulabschluss erhalten. Ihr Anteil ist in den letzten Jahren trotz (oder auch wegen?) ständiger Bildungsreformen geradezu explodiert.
Im Jahr 2009 verfehlten – schlimm genug - 6,9 Prozent aller Neuntklässler die Mindestnormen beim Lesen, erreichten also nicht einmal das Hauptschulniveau. Im Jahr 2022 waren es bereits 15,2 Prozent, also mehr als das Doppelte! Im Jahr 2009 konnten nur 4,1 Prozent nicht richtig zuhören, im Jahr 2022 waren es 17,6 Prozent, also hier mehr als das Vierfache. Und im Jahr 2009 verfehlten nur 3,3 Prozent die Mindeststandards in Sachen Rechtschreibung, im Jahr 2022 waren es mit 7,9 Prozent mehr als das doppelt so viele.
Mindestens genauso schlimm: Während sich der Umfang schlechter Leistungen vermehrt, wird die Leistungsspitze auch immer geringer. Im Jahr 2009 erreichten noch 13,1 Prozent der Neuntklässler an Gymnasien den Optimalstandard im Lesen, im Jahre 2022 waren es nur noch 7,9 Prozent. Im Jahr 2009 erreichten noch 23,0 Prozent der Neuntklässler an Gymnasien den Optimalstandard beim Zuhören, im Jahre 2022 waren es nur noch 15,6 Prozent. Und auch die Leistungsspitze in Sachen Rechtschreibung an den Gymnasien ging zurück. Wieso trotzdem die Zahl der Abiturienten mit der Traumnote 1,0 von Jahr zu Jahr steigt, wissen auch nur die Studienräte wortreich zu erklären.
Zurück zum Vergleich der 9. Schuljahre: Dabei zeigt sich zwischen den Bundesländern Altbekanntes: Sachsen und Bayern wiesen durchweg die leistungsstärksten Bildungssysteme auf, Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen die schwächsten. Allein im Kompetenzbereich Lesen liegen zwischen den Schülern aus Sachsen und Bremen ganze zwei Schuljahre! Da darf man sich fragen, ob das an den Schülern liegt, die in Bremen dümmer sein könnten als in Sachsen – mitnichten, die Ursache dürfte bei den Lehrern und/oder dem Schulsystem liegen. Hier sei daran erinnert, dass Bayern immer noch die Grundschule mit vier Schuljahren hat. Daran anschließend - je nach Einschätzung der Schüler durch die Lehrer – folgen die Mittelschule, die Realschule oder das Gymnasium. Offensichtlich führt diese traditionelle Schulform zu besseren Ergebnissen als das, was vor allem die SPD-geführten Bundesländer ihrem Nachwuchs anbieten. So ist zum Beispiel in Brandenburg mit viel Vorschusslorbeeren die 6-jährige Grundschule eingeführt worden, und erst mit dem 7. Schuljahr trennt sich die Spreu vom Weizen. Die Ergebnisse liegen aber deutlich hinter den Bayern!
Bremen und Berlin gelingt es dabei nicht einmal, wenigstens mehr Gerechtigkeit auf niedrigerem Niveau herzustellen: Der Abstand zwischen den schlechtesten und den besten Schülern ist dort signifikant größer als zum Beispiel in Bayern. Das viel gescholtene bayerische Schulsystem ist also nicht nur leistungsstärker, sondern auch noch gerechter als in Bremen und Berlin. Aber auch in Bayern sind im Laufe der Jahre alle im Durchschnitt deutlich schlechter geworden.
Besonders auffällig ist die negative Entwicklung seit dem Jahre 2015. Die Forscher führen den Leistungsrückgang dabei nur teilweise auf „Effekte der pandemiebedingten Einschränkungen des Schulbetriebs in Deutschland“ zurück.
Stattdessen weisen sie darauf hin, dass sich der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund zwischen den Jahren 2015 und 2022 um knapp 9 Prozentpunkte auf insgesamt 38 Prozent erhöht hat. Und in genau diesem Zeitraum hat sich der Leistungsverfall beschleunigt.
Aber es nur auf die Migration zu schieben, ist letztlich zu kurz gesprungen, denn „für Deutschland insgesamt zeigen die Trendanalysen im Fach Deutsch, dass sich das Kompetenzniveau der Neuntklässler unabhängig vom Zuwanderungshintergrund zwischen den Jahren 2015 und 2022 in allen untersuchten Kompetenzbereichen signifikant verringert hat.“ Alle werden also schlechter.
Zumal es auch ein nicht erwartetes Ergebnis gibt: Seit dem Jahr 2009, so die Forscher, hätten sich die Schülerleistungen im Fach Englisch „insgesamt sehr positiv“ verbessert. Dieser Effekt dürfte auch auf die seit 2015 stark zunehmende Zahl von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an Deutschlands Schulen zurückzuführen sein, denn mittlerweile spricht ein Drittel aller Jugendlichen zu Hause kaum Deutsch.
Schulpolitik ist Ländersache! Die Forscher haben es sich jedoch verkniffen, die Ursachen auf die politischen Verantwortlichkeiten in den Bundesländern zurückzuführen. Aber man kann die Augen davor nicht verschließen, dass in Bayern seit Jahrzehnten die CSU regiert (in Sachsen die CDU) und die besten Schüler hervorbringt, während in Bremen nach 77 Jahren SPD-Regierung (seit 1946) die schlechtesten Ergebnisse erzielt werden.
Wer wie der Verfasser dieser Zeilen durch seine Kinder in NRW mit jahrzehntelanger absoluter Mehrheit der SPD die Schulpolitik aus nächster Nähe miterleben musste, hat dabei schmerzlich erfahren, was die Ursachen sind!