18. 3. 2023 Das neue Wahlrecht – Kein Meisterstück der Ampel
Das Foto des Deutschen Bundestages wurde absichtlich diesem Artikel vorangestellt. Es zeigt – wie so oft – die Leere des Plenums bei den Diskussionen, die unser aller Wohl und Wehe betreffen. Meist sind mehr Zuschauer als Parlamentarier anwesend. Vermutlich war es nicht viel anders, als man über das neue Wahlrecht diskutierte – doch bei der Abstimmung haben nahezu alle Abgeordneten ihre Stimme abgegeben, kam es doch zu einer Kraftprobe mit der Opposition, die ein klares NEIN angekündigt hatte.
In die Erarbeitung des neuen Wahlrechts hat die rot-gelb-grüne Ampel offensichtlich CDU, CSU und LINKE nicht einbinden können. Wenn man es ohne Arg sieht, haben sie schlichtweg dilettantische demokratische Anfänger-Fehler gemacht – wenn man es böse interpretiert, hat sie ihre aktuelle Mehrheit im Bundestag ausgenutzt, um die eigene Position zu stärken und der Opposition übel mitzuspielen. Letzteres ist wahrscheinlicher, denn dem Antrag von Friedrich Merz, die Abstimmung um 14 Tage zu verschieben, wurde nicht stattgegeben
Schauen wir das Gesetz einmal im Detail an:
Kernpunkt ist ein Wertverlust der Direktmandate, denn einerseits werden alle Direktmandate nicht mehr vergeben, die zu einem Zuwachs der jeweiligen Fraktion über das prozentuale Ergebnis der Partei führen würden. Andererseits fallen auch alle Direktmandate weg, wenn die Partei in Gänze unter die Fünf-Prozent-Hürde fällt.
Wie wirkt sich das bei den Linken aus? Sie sitzt im Bundestag nur dank dreier Direktmandate in Berlin und Leipzig, denn sie hat nur 4,9 Prozent der Stimmen erzielt. Nach der neuen Regelung fliegt sie aus dem Bundestag und die Direktmandate sind futsch. Ob das gerecht ist, darf man da fragen. Übrigens dürfte sich damit auch die Frage erübrigt haben, ob Sahra Wagenknecht künftig mit einer eigenen Partei antritt.
Die CSU hat ebenfalls Grund zum Zittern. Zwar ist sie im Bayernland die führende und seit ewigen Zeiten den Ministerpräsidenten stellende politische Kraft, aber bundesweit sind es nur 5,2 Prozent der Stimmen. Sie liegt also nur knapp über der 5-Prozent-Hürde. die ja nun ohne Rücksicht auf die erreichten Direktmandate gelten soll. Sollte sie also bei der nächsten Bundestagswahl nur 0,2 Prozent weniger Stimmen erzielen, sind alle Direktmandate verloren und gehen an die Zweiplatzierten. Dabei hat die CSU zuletzt alle bayerischen Wahlkreise bis auf einen gewonnen.
Wenn die CSU auf der sicheren Seite überleben will, muss sie zum Landesverband der CDU werden. Die CDU wird sie deswegen als die konservativere Schwesterpartei integrieren und damit domestizieren – oder es kommt wirklich zur Spaltung der Union. Denn die Alternative wäre, dass die CSU sich bundesweit ausdehnt, wobei sie natürlich vor allem der CDU Stimmen wegnähme. Als getrennt marschieren oder vereinen?
SPD, FDP und Grünen kann es nur recht sein! Aber Föderalismus ist kein Regionalismus. Deutschland wurde als föderaler Bundesstaat gegründet. Insofern ist die geplante Wahlrechtsänderung auch ein Schritt in Richtung zu mehr Zentralstaat. Für die FDP ist das kein guter Ausgangspunkt bei der kommenden bayerischen Landtagswahl.
Die SPD hat Grund zum Jubeln! Jetzt wird sie endlich wieder zur einzigen Partei im linken Spektrum. Aber ob die Hoffnung aufgeht? Die Wähler der LINKEN, vor allem in den neuen Bundesländern, könnten auch zur AfD abwandern!
Und die FDP? Sie hat sich in die bestehende Koalition mit Grünen und SPD fest eingebunden. Als eigenständige Partei ist sie kaum noch wahrnehmbar. Ist sie sich nicht in Anbetracht der Wahlumfragen darüber im Klaren, dass sie selbst nahe der 5-Prozent-Hürde herumlaviert? Es reicht eben nicht, wenn Christian Lindner am teuren Riesenausbau des Kanzleramtes herummäkelt – aber ansonsten jeden Winkelzug der rotgrünen Blockparteien nachvollzieht und Schulden als „Sondervermögen“ schönredet. Wozu braucht man einen gelb lackierten Wurmfortsatz der Rotgrünen?
Gestärkt wird – sicherlich unbeabsichtigt - die AfD. Sie verfügt bundesweit prozentual über eine zweistellige Wählerschaft und kann damit rechnen, einen Teil der Wählerschaft der LINKEN in den neuen Bundesländern zu erben. Sie kann in Ruhe zuschauen, wie die Ampel-Koalition jetzt Union und Linke schwächt – und von den Resten profitieren. Allerdings: Die AfD muss fürchten, dass sie über ein Parteienverbot zu Fall gebracht wird. Dem Machtanspruch der rotgrünen Blockparteien ist jedes Mittel recht.
Malen wir ´mal den Teufel an die Wand: Linke, FDP und CSU scheitern an der 5-Prozent-Hürde, die AfD wird verboten, und im Bundestag verbleiben allein SPD, Grüne und CDU.
Zitieren wir für die Linke, die Union und die FDP aus Friedrich Schillers Drama „Wallenstein“, der sterbend im III. Akt sagt: „Das war kein Heldenstück, Octavio! Nicht deine Klugheit siegte über meine. Dein schlechtes Herz … hat den schändlichen Triumph davongetragen.“
Aber warten wir ab, wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet.