16. 12. 2022 29-Euro-Ticket im ÖPNV in Berlin
Das Land Berlin ist bis über beide Ohren verschuldet. Trotzdem werden die Berliner von ihrer Verwaltung und von den Abgeordneten wieder einmal besser gestellt als die Menschen in allen anderen Bundesländern. Der Grund: In gut zwei Monaten steht die Wiederholung der Wahl in Berlin an.
Überall sonst hat man das 9-Euro-Ticket des vergangenen Sommers beendet und wartet nun auf eine bundeseinheitliche Regelung, an der sich auch der Bund finanziell beteiligen soll. In der Diskussion ist ein 49-Euro-Ticket, das im Frühjahr 2023 in Kraft treten soll und mit dem man in ganz Deutschland den öffentlichen Nah- und Fernverkehr mit Ausnahme der Intercity-Verbindungen nutzen kann.
Nur die Berliner, zählen sie doch offensichtlich zu den ärmsten in unserer Republik, können auch jetzt schon mit 29 Euro pro Monat durch ihr Bundesland, also durch ganz Berlin vom Müggelsee bis zum Wannsee, fahren.
Warum die Berliner BVG billiger ist als der Potsdamer ViP, bei dem wir 36,90 Euro, und dann noch für ein 09.00-Uhr-Ticket, zahlen müssen, obwohl unser Bereich deutlich kleiner ist als Groß-Berlin, ist nicht nachzuvollziehen.
Wenn Berlin denn ein reiches Bundesland wäre wie das so oft von den Preußen gescholtene Bayern, könnte man das noch verstehen. Aber Berlin ist mit 61,9 Mrd. Euro das Bundesland mit der dritthöchsten Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer. Und man gibt sich alle Mühe, diesen vorderen Spitzenplatz zu behalten.
Und schon streiten sich die Berliner Koalitionäre. Während die Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) ankündigt, das Berlin-Ticket mit dem Deutschlandticket definitiv zu beenden, will SPD-Fraktionschef Raed Saleh das Sonder-Ticket dauerhaft behalten: „Ob die Fortsetzung unseres 29-Euro-Tickets im Interesse Berlins ist, entscheidet nicht Frau Jarasch, sondern das entscheiden die Berlinerinnen und Berliner am 12. Februar.“ Es wird also zum Wahlkampf-Thema.
Warum nur bestätigen die Berliner wieder einmal den Jahrzehnte alten Spruch, dass Sozialdemokraten nicht mit Geld umgehen können?
Übrigens: Dass nicht einmal das teurere Potsdamer Ticket kostendeckend ist, ist an dieser Stelle schon des Öfteren angeprangert worden. In Potsdam wird der Verkehrsbetrieb durch drei ungefähr gleich große Anteile am Leben gehalten: ein Drittel durch den Fahrkartenverkauf, ein Drittel durch Zuschüsse der LHP und ein Drittel durch den Binnenausgleich der städtischen Unternehmen. Wir unterstützen also mit unseren Gas- und Strompreisen auch Straßenbahn und Bus!
Die Berliner und die Opposition im Abgeordnetenhaus wären also gut beraten, einmal danach zu fragen, wie das denn in ihrem Lande aussieht.