28. 11. 2022 Eine soziale Pflichtzeit für alle
Unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sie vor geraumer Zeit öffentlich initiiert und ein soziales Pflichtjahr für alle gefordert. Jetzt hat er nachgelegt, spricht allerdings nur noch von einer „sozialen Pflichtzeit“ und bekräftigt: „Wir brauchen Ideen, wie es gelingen kann, dass mehr Frauen und Männer mindestens einmal in ihrem Leben für eine gewisse Zeit aus ihrem gewohnten Umfeld herauskommen und sich der Sorgen ganz anderer Menschen widmen.“
Das Liz Mohn Center der Bertelsmann Stiftung ist mit dem Meinungsforschungsinstitut IPSOS der Frage nachgegangen, wie die Bevölkerung in Deutschland zu einer sozialen Pflichtzeit steht. Rund zwei Drittel (64 Prozent) der Bevölkerung würden die Einführung einer flexibel gestaltbaren, altersunabhängigen Pflichtzeit für alle Männer und Frauen befürworten. Mit anderen Worten: Der Vorschlag des Bundespräsidenten fand eine breite Zustimmung bei den Bürgern, was in dieser mit Wohltaten verwöhnten Gesellschaft nicht unbedingt zu erwarten war. Nur 36 Prozent lehnen sie ab, wie herausgefunden wurde.
Steinmeier, von der SPD in sein Amt gehoben, kann also auf die Unterstützung der Bevölkerung bauen.
Doch die Politik sieht das anders: Besonders von Mitgliedern der Ampel-Koalition kommt heftiger Gegenwind. So lehnt u. a. die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus den Vorschlag rundheraus ab: „Ein sozialer Pflichtdienst würde einen Eingriff in die individuelle Freiheit eines jeden Jugendlichen bedeuten.“ Eine Doppelzüngigkeit, denn gerade ihre Partei hat sonst mit Verbots- und Beschränkungsdenken wenig Probleme. Denn geht es beispielsweise ums Klima, setzen die Grünen der „individuellen Freiheit“ schnell Grenzen: Tempolimit, autofreie Innenstädte, Feuerwerksverbot. Ganz zu schweigen von den Sprech- und Denkverboten politisch korrekter Sprache, die beinahe zum Parteiausschluss des grünen Tübinger OB Boris Palmer geführt hätten.
Von allen für alle – unter diesem Motto könnte eine soziale Pflichtzeit für alle Menschen in Deutschland stehen. Um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, hat der Bundespräsident dieses altersunabhängige soziale Engagement, dessen Zeitpunkt und Dauer frei wählbar sind, eingefordert.
Dass ausgerechnet die Parteien, die sich sonst gern gegenseitig darin zu übertreffen versuchen, ein Füllhorn von Unterstützungen und Zuschüssen auf die Bevölkerung zu verteilen, sich hier querstellen, lässt tief blicken!