13. 10. 2022 Deutschland hat Erfahrung mit Inflationen
Die Preise steigen und steigen, und wer rechnen kann, hat mit der angeblichen Geldentwertung von „nur“ 10,0 Prozent, wie jetzt vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wurde, seine Probleme, nicht zuletzt weil sein Einkommen nicht in gleichem Maße steigt. Aber es regt sich keiner auf, und man nimmt alles als gottgegeben hin, auch wenn deutlich zu sehen ist, dass die Hersteller, Großhändler und Einzelhändler noch einmal zusätzlich eins draufschlagen. Man kann ja alles auf die Energie- und andere Importpreise sowie auf den Ukraine-Krieg schieben.
Aber Geldpolitik, Währungspolitik, Finanzpolitik und auch die jetzige Geldentwertung sprechen leider die Bürger in unserem Lande kaum an, obwohl wir zweimal Opfer einer Inflation geworden sind.
Einmal im Jahr 1923 eine Hyperinflation nach dem ersten Weltkrieg, und ein zweites Mal nach dem zweiten Weltkrieg eine „normale“. Und eine „schleichende“ mit 10 Prozent und mehr – nach oben ist keine Grenze gesetzt - findet jetzt wieder statt!
In den Monaten der Hyperinflation des Jahres 1923 sank der Wert der deutschen Währung so schnell, dass vielerorts die Löhne täglich ausgezahlt wurden. Mit Tüten und Reisetaschen holten die Menschen die Scheine ab und drängten in die Geschäfte, um das Geld möglichst schnell gegen Waren einzutauschen. Da die Mark fast jeden Tag rapide an Wert verlor, mussten die Händler genauso schnell die Preise erhöhen - eine sich immer schneller drehende Spirale! So kostete In Berlin am 19. November 1923 ein Kilogramm Roggenbrot 233 Mrd. Mark und ein Kilogramm Rindfleisch 4,8 Billionen Mark.
Die Regierung leitete eine Währungsreform ein; am 20. November 1923 wurde die Mark von der Rentenmark abgelöst. Die Inflation entwertete praktisch vollständig alle Geldschulden und Geldvermögen, die auf Mark gelautet hatten. Am meisten profitierte davon der Staat: Die gesamten deutschen Kriegsschulden in Höhe von 154 Milliarden Mark beliefen sich am Tag der Einführung der Rentenmark auf gerade einmal 15,4 Pfennige.
Auch der 2. Weltkrieg führte zu einer massiven Geldentwertung und mündete 1948 in der Bundesrepublik in einer Währungsreform, bei der die D-Mark eingeführt und im Verhältnis 1 zu 10 gegen Reichsmark eingetauscht wurde. Sparer und Besitzer von Reichsmark als Geldvermögen sahen sich zu einem guten Teil enteignet. Gern wird allerdings verschwiegen, dass die Aktien (!) im Verhältnis 1 zu 1 umgetauscht wurden, so dass der Spruch, alle hätten 1948 gleich arm angefangen, schlichtweg unwahr ist.
Nach diesem Exkurs in die Vergangenheit freut sich der Verfasser dieser Zeilen trotz des negativen Anlasses darüber, dass nun tatsächlich, wenn auch langsam, die Zunft der Journalisten wach wird und immer öfter die Preiserhöhungen beklagt. Bisher allerdings mit nur geringem Erfolg in der Politik!
Wie sagte schon der frühere deutsche Arbeitsminister Norbert Blüm in seiner klaren, auch für Laien verständlichen Sprache: „Inflation ist der Taschendieb der kleinen Leute.“ Der CDU-Politiker lobte daher Preisstabilität als eine „Verteilungspolitik ohne Formulare und Anträge, ohne Schalter und Genehmigungsbehörden“. Man würde sich wünschen, dass irgendwann auch der Deutsche Bundestag und mit ihm die Mehrheit der linksgrünen Genossen diesen Vorzug erkennt – und getreu seinem sozialen Anspruch zu handeln beginnen.
Nach 16 Jahren Merkel sollte man mit Blüm nicht schon wieder die CDU loben, aber leider hat sich bisher nur Friedrich Marz als kompetenter Wirtschafts- und Finanzpolitiker zu diesem Thema öffentlich zu Wort gemeldet! Wo bleiben unsere Sozialpolitiker?
Denken Sie daran: Der Wert Ihrer Sparguthaben ist damit um 10 Prozent gesunken, der Ihrer Schulden aber auch!