25. 5. 2022 Wahlwiederholung in Berlin - Die Bundesrepublik eine Bananenrepublik?

Wahrlich kein Ruhmesblatt für die Bundeshauptstadt Berlin! Im Nachhinein mussten die Verantwortlichen der gleichzeitig stattfindenden Wahlen zum Deutschen Bundestag und zum Abgeordnetenhaus in Berlin immer neue Fehler einräumen. Landeswahlleiterin Petra Michaelis trat schließlich zurück.

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland legte jetzt der Bundeswahlleiter Georg Thiel Einspruch gegen die Wahl ein und will die Bundestagswahl in der Hälfte der Wahlkreise in Berlin wiederholen lassen. Doch die Aufarbeitung des Debakels stockt auch acht Monate später, fehlen doch immer noch Dokumentationen.

Schon lange ist neben weiteren schweren Mängeln bekannt, dass an der Bundestagswahl Berliner Bürger nicht teilnehmen konnten, obwohl sie wahlberechtigt waren. Gleichzeitig konnten Minderjährige abstimmen, obwohl sie nicht wahlberechtigt waren. Aber die Aufarbeitung läuft nur schleppend.

Erst am Montag – acht Monate nach der Wahl – fand im Bundestag eine öffentliche Anhörung des Wahlprüfungsausschusses statt. Was man dort von Thiel und von der Berliner Landeswahlleitung zu hören bekam, dürfte selbst fleißigen „Botox-Anwendern Sorgenfalten auf die Stirn treiben“, wie die WELT schrieb.

So fehlen noch heute von sehr vielen Wahlvorständen, also den Verantwortlichen der 2257 Berliner Wahllokale, Angaben über die „besonderen Vorkommnisse“ in ihrem Lokal. Schlimmer noch, viele meldeten sich bis heute gar nicht auf die Anfragen der Berliner Wahlverantwortlichen zu  den Vorwürfen und Fehlern.

Thiel warnte das Gremium eindringlich vor einer Verharmlosung der Vorgänge. Die „Vorbereitung und Durchführung waren fehlerhaft“, resümierte er. Er bat die Abgeordneten aber „um Entschuldigung, dass ich Ihnen keine klareren Fakten nennen kann, aber der Bundeswahlleiter habe ich keine Aufklärungsmöglichkeiten. Ich kann nur sammeln, was mir geliefert wird aus Medienrecherchen“. Für die Aufklärung der Vorgänge seien die Niederschriften der Wahlvorstände in den einzelnen Lokalen die entscheidenden Quellen. Doch „die Dokumentationen sind völlig unzureichend, sie sind so schlecht, dass wir heute in dieser Situation stehen. Das kann nicht sein.“

Ulrike Rockmann, stellvertretende Berliner Wahlleiterin nach dem Rücktritt ihrer Chefin zuständig für die Aufarbeitung  – bis heute gibt es keine Nachfolgerin –, zeigte sich wenig überrascht. Sie erklärte, sie habe die Bezirkswahlleiter gebeten, alles zu dokumentieren, was vorgefallen sei. Das sei ihr dann „mehr oder weniger umfangreich zur Verfügung gestellt worden“.

Entschuldigend meinte sie: „Ich kann nur mit dem Material arbeiten, was ich zur Verfügung gestellt bekomme.“ Aber sie wusste nicht einmal, wie viele Wahlvorstände geantwortet hatten und wie viele nicht. Rockmann zeigte aber Verständnis. Sie könne sich vorstellen, dass Wahlvorstände, die sowieso schon „im Stress“  gewesen seien, ihre Dokumentation „nicht so ausführlich“ gefertigt hätten. Bei Hinweisen auf Fehler im Wahllokal habe die Landeswahlleitung die Bezirke gebeten, mit den entsprechenden Wahlvorständen zu reden, dabei hätten sich „aber auch nicht alle gemeldet“.

Der ob des großen Verständnisses für die Schludrigkeit vieler Wahlvorstände sichtlich erschütterte Bundeswahlleiter griff zum Wahlgesetzbuch und las vor, dass ein Kreiswahlleiter „alle Niederschriften auf Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit prüfen“ muss. Es könne „doch wohl nicht wahr sein“, dass in Berlin viele Wahlvorstände ihre Niederschrift gar nicht oder nur lückenhaft abgeben, obwohl dies sonst kein Problem sei.

Unter diesen Umständen gibt keinen guten Grund anzunehmen, dass sich das in Zukunft nicht wiederholt. Und man darf die Frage stellen, wann denn endlich die Verantwortlichen bis hin zum Innensenator abgelöst werden!
Unabhängig davon ist bisher ungeklärt, was denn mit den Gewählten passiert, die evtl. bei der "Nachwahl" nicht wiedergewähtl werden, oder mit jenen, die neu ins Abgeordnetenhaus kommen sollten, vor allem wenn sie unterschiedlichen Parteien angehören.