23. 4. 2022 „Experten“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Ein Problem im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) greift um sich: Immer öfter werden „Experten“ um ihre Meinung zu einem Thema gebeten. Nicht nur, dass sie vor allem dieselbe Auffassung wie der Journalist haben, sie gehören auch oft einer politischen Partei an oder stehen ihr nahe.
Dass hier vor allem SPD und Grüne die Präferenz haben, ist kein Wunder; fragte sich doch der SPIEGEL bereits im Jahr 2013, warum so viele Journalisten links seien. Dabei bezog er sich auf eine Umfrage, nach der 35,5 Prozent der Journalisten mit den GRÜNEN, 26,0 Prozent mit der SPD, 8,7 Prozent mit der CDU/CSU und 6,3 Prozent mit der FDP sympathisieren. Übrigens: mit keiner Partei sympathisierten 19,6 Prozent, also nur jeder Fünfte. Dass damit die Journaille deutlich andere politische Denkrichtung hat als die deutsche Bevölkerung, haben die letzten Bundestagswahlen gezeigt
Das hat sich bis heute eher verstärkt. Der geneigte Leser weiß, wenn er z. B. die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) kauft, dass dieses Blatt wie viele andere Tageszeitungen in Deutschland über die ddvg der SPD gehört, auch wenn die MAZ das nicht gern zugibt. Allerdings verwendet sie den Begriff „überparteilich“ seitdem nicht mehr. Und notfalls kann man ja eine andere Zeitung lesen!
Doch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist das schlimmer. Hier kann der Hörer oder Fernsehzuschauer nur bedingt ausweichen, wenn ihm die Berichterstattung zu einseitig wird. Deshalb sind aus gutem Grund die Rundfunkanstalten zu politischer Neutralität verpflichtet, aber gerade in Wahlkampfzeiten – und die haben wir durch die 17 Bundes- und Landtagswahlen ja ständig – verstoßen sie gern gegen diese Vorschrift. Zumal Konsequenzen nicht folgen, sind doch die Rundfunkräte genauso linkslastig!
Natürlich unterstützen die eingangs erwähnten „Experten“ aus der Wissenschaft oder manchmal auch aus nebulösen Organisationen die Meinung des Journalisten. Vor allem aber haben sie die Aufgabe, dem Bürger eine sachlich-objektive Berichterstattung vorzugaukeln.
So wurde vor wenigen Tagen im Hörfunkprogramm WDR 5 eine Politikexpertin dazu interviewt, wie groß der Schaden der „Mallorca-Affäre“ für die CDU und wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Regierungswechsels im bevölkerungsreichsten Bundesland wohl sei. Das Problem dabei: Die befragte Politikwissenschaftlerin Julia Schwanholz ist SPD-Mitglied und zudem Funktionärin in ihrer Partei. Das erfuhren die Zuhörer jedoch nicht.
Der Essener CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer reagierte ungehalten, und die CDU-Bundesschatzmeisterin Julia Klöckner stellte die rhetorische Frage: „Ist das noch Zufall oder einfach politisch gewollte Hilfe für den SPD-Kandidaten?“ Der WDR entschuldigte sich bald darauf auf Twitter: Man hätte „transparent machen müssen“, dass Schwanholz SPD-Mitglied ist. „Wir bitten zu entschuldigen, dass wir das nicht getan haben.“ Der Tweet war aber wenig später nicht mehr abrufbar.
Oder die Politikwissenschaftler Frank Decker (Bonn) und Wolfgang Merkel (Berlin). Die beiden renommierten Professoren sind Mitglieder der SPD-Grundwertekommission und damit den Genossen weitaus enger verbunden als der unbedarfte Fernsehzuschauer ahnt. Aber wann immer Decker bei Phoenix oder Merkel bei „Anne Will“ auftaucht: Ihre SPD-Nähe wird von den Moderatoren systematisch verschwiegen.
Ebenfalls strikt „neutral“ wird Andrea Römmele, Professorin für Politische Kommunikation in Berlin, behandelt. Ihr SPD-Mitgliedsbuch wird nie erwähnt, wenn sie zu politischen Fragen Stellung nimmt und auch mit kritischen Bemerkungen zur CDU nicht hinter dem Berg hält.
Zu dieser Riege zählen auch Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und sein Chef Marcel Fratscher, Dauergast in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen. Die FAZ nannte ihn ´mal „einen lautstarken Claqueur der Sozialdemokraten“.
Wird dagegen das „Institut der deutschen Wirtschaft“ oder einer von dessen Ökonomen zitiert, fehlt – was völlig in Ordnung ist – selten der Hinweis „arbeitgebernah“.
Fassen wir zusammen: Auch Experten und Wissenschaftler haben eine parteipolitische Grundhaltung. Wenn sie sich außerhalb ihrer Lehr- oder Berufstätigkeit aktiv in parteipolitische Prozesse einbringen, dann kann das unseren Parteien und unserer Demokratie nur nutzen. Professoren wie Merkel, Decker oder Römmele haben ja durchaus etwas zu sagen. Aber sie wären aufrichtiger und glaubwürdiger, wenn sie ihre politische Heimat nicht verschweigen würden – und die sie einladenden Sender auch.