16. 3. 2022 Flüchtlinge sind nicht gleich Flüchtlinge

Gern werden Vergleiche zwischen den Personen, die 2015 und danach in die Bundesrepublik einreisten, und den heutigen Menschen aus der Ukraine gezogen. Aber dabei vergleicht man Äpfel mit Birnen.

Die Ankunft von Hunderttausenden von Flüchtlingen, die Europa infolge des Krieges in der Ukraine erlebt, erinnert zuerst einmal an die Flucht von Millionen Deutschen 1944/45 aus den Ostgebieten vor der Roten Armee. Nicht zu vergessen die Gräuel in den überrannten Gebieten an den Zurückgebliebenen. Die meisten der damaligen Flüchtlinge leben nicht mehr, aber ihre Erzählungen über das, was sie erlebt haben, blieben bei den Nachkömmlingen im Gedächtnis, so dass man sich über die deutsche Solidarität mit den Ukrainern nicht zu wundern braucht!

Und doch ist dieses Mal einiges anders. Sinnbildlich dafür stehen die Bilder von Abschiedsszenen an ukrainischen Bahnhöfen. Frauen trennen sich von ihren Männern, Kinder von ihren Vätern. Familien fliehen in den Westen, die Männer bleiben zurück. Denn die Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen nicht ausreisen, sie müssen ihr Land verteidigen. So sind die meisten Kriegsflüchtlinge, die die ukrainische Grenze überschreiten, Frauen, Kinder und ältere Menschen.

Bei der Flüchtlingskrise von 2015/16 war die Situation vollkommen verschieden. Gerade junge Männer aus dem arabischen und afrikanischen Raum waren überproportional stark vertreten. Die deutschen Medien versuchten, diesen Eindruck anfangs zu vertuschen, indem sie vor allem Bilder von syrischen Familien und den wenigen Frauen unter den Geflüchteten publizierten. Und weil der deutsche Fernsehzuschauer sehr schnell merkte, dass er manipuliert werden sollte, verschlimmerten sie eher die Situation

2015/16 war für die meisten Asylsuchenden „Germany“ oft das einzige Wort, das sie sprechen konnten, und das „gelobte Land“. Heute ziehen es viele Ukrainer vor, in Polen zu bleiben. Ausgerechnet in Polen, das in der Flüchtlingskrise 2015/16 von der deutschen Politik und den deutschen Medien als unsolidarisch, hartherzig und implizit auch als rassistisch dargestellt wurde. Dass den Polen das Schicksal der Ukrainer näher geht, beruht auf geografischer und kultureller Nähe. Aber das Wichtigste: Der Feind der Ukrainer, Wladimir Putin, ist auch der Feind der Polen. Die Situation in der Ukraine beschäftigt sie auch deshalb, weil sie selbst, wie viele andere europäische Länder, fürchten müssen, ebenfalls von Russland angegriffen zu werden.

Die Flüchtlingspolitik 2015/16 war vor allem eine Herzensangelegenheit von Angela Merkel und den linksgrünen Parteien. Die meisten osteuropäischen Länder standen dem ablehnend gegenüber. Jetzt ist die Situation anders. Nach den jungen Männern aus Damaskus oder Schwarzafrika der Jahre 2015/16, die ihre Familien zurückgelassen haben, kommen jetzt vor allem Frauen und Kinder. Und wenn wir Frauen und Kinder aus einem christlichen europäischen Land gern aufnehmen, dann wissen wir auch, dass sie bei weitem integrativer sind als junge Männer aus der Dritten Welt!

Wenn wir das einmal addieren, dann hat Deutschland nach 1945 12 – 14 Mio. Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten sowie  nach 2015 ca. 3 Mio. Menschen aus arabischen und schwarzafrikanischen Ländern aufgenommen. Und jetzt wird es auch seinen Teil zur Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge beitragen. Ein tolle Leistung, und von den ca. 3 Mio. Flüchtlingen aus der ehemaligen DDR wollen wir gar nicht erst sprechen.