10. 2. 2022 Jan Böhmermann scheitert vor dem Bundesverfassungsgericht
Erinnern Sie sich noch? 2016 hatte Jan Böhmermann, Moderator der Late-Night-Satire „Magazin Royal“ im ZDF, ein Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Erdogan veröffentlicht und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vorgetragen. In diesem „Gedicht“ hat er Erdogan aufs Übelste beleidigt und auch vor sexuellen verbalen Entgleisungen nicht Halt machte. Deshalb ist an dieser Stelle seinerzeit schon völliges Unverständnis dafür artikuliert worden, nicht weil Erdogan positiv erwähnt werden sollte, sondern weil das „Gedicht“ eine Beleidigung in übelster Form darstellte.
Auch Erdogan hat sich dagegen gewehrt und ging juristisch gegen Böhmermann vor. Die Politelite des Deutschen Staates hat seinerzeit gemeint, Böhmermann vor Erdogan schützen zu müssen, und schnell das Strafgesetzbuch geändert, mit dem bis dahin die „Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter“ unter Strafe gestellt war. Selbst diese peinliche Entgleisung unserer Volksvertreter half nichts, und die Hamburger Richter haben sich auch nicht von den Argumenten Böhmermanns überzeugen lassen, das Gedicht sei Satire, und die müssten Menschen des öffentlichen Lebens hinnehmen.
Schon dieser Urteilsspruch des Hamburger OLG hat peinlich lange gedauert, und jetzt – mehr als fünf Jahre später – hat das Bundesverfassungsgericht einen Schlussstrich gezogen. Die Verfassungsbeschwerde Böhmermanns wurde gar nicht erst angenommen, habe sie doch keinerlei „Aussicht auf Erfolg“.
Nun könnte man sich ruhig zurücklehnen, hat die Gerechtigkeit doch noch gesiegt. Aber einige Anmerkungen seien erlaubt:
Wie muss die Geisteswelt von Jan Böhmermann beschaffen sein, wenn er sich auch noch nach diesen unglaublichen Verbalinjurien im Recht sieht und bis zum höchsten deutschen Gericht zieht? Übrigens: Wer bezahlt das? Doch wohl nicht der Sender!?
Und welche Konsequenzen zieht das ZDF, war das Urteil doch auch eine schallende Ohrfeige für den Sender, der Böhmermann das Podium für seine Entgleisungen gegeben hatte? Wie reagiert es in Bezug auf die Verantwortlichen, die seinerzeit Böhmermann das „Gedicht“ vortragen ließen, und wie geht es mit Böhmermann um, der sich auch persönlich diskreditiert hat?
An dieser Stelle sei an Renate Künast erinnert, die auch erst das Bundesverfassungsgericht anrufen musste, bevor sie in einem vergleichbaren Fall Recht bekam. Sie war im Internet aufs Schlimmste – auch sexuell - beleidigt worden, musste aber nach einem Urteil des Kammergerichts Berlin vieles davon hinnehmen, da es von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sei. Auch hier entschied kürzlich das BVerfG im Sinne der Klägerin. Die Potsdamer Demokraten hatten am 19. 9. 2019 hier an dieser Stelle darüber berichtet
Bleibt zu hoffen, dass sich die nachgeordneten Gerichte die richtungsweisenden Vorgaben des BVerfG zu eigen machen und mehr zum Schutze der Persönlichkeitsrechte Betroffener tätig werden. Und das auch im Interesse des Internets, das nicht zu einer Hass-Schleuder verkommen darf.
Übrigens auch keine Hasstiraden gegen Menschen, die nicht politisch auf der Mainstream-Linie liegen