11. 1. 2022 Die Polizei agiert auf dünnem Eis

In Potsdam trafen sich am 10. 1. 2022, gegen 18.00 Uhr, Impfgegner am Brandenburger Tor, um gemeinsam von dort aus zu zwei offiziell angemeldeten Versammlungen am Bassinplatz bzw. vor dem Filmmuseum gehen.

Die Polizei hatte von dem angekündigten „Lichterspaziergang“ erfahren und daher bereits im Vorfeld vor dem Brandenburger Tor eine Info-Tafel aufgestellt, auf der die Teilnehmer eines solchen „Spaziergangs“ darüber informiert wurden, dass diese Versammlung (juristisch gesehen ein Aufzug) nicht genehmigt sei, eine Teilnahme daher als Ordnungswidrigkeit gelte.

Trotzdem setzten sich jedoch zunächst mehrere Menschen in Bewegung. Die Polizei begleitete diese „Spaziergänger“ anfangs, unterband dann aber teilweise die weitere Durchführung. Rund 30 Menschen wurden festgehalten. Die Beamten nahmen die Personalien der Anwesenden auf und fertigten Ordnungswidrigkeitsanzeigen.

Dennoch machten sich ca. 400 Impf-Gegner auf dem Weg durch die Potsdamer Innenstadt zum Bassinplatz. Ein Teil von ihnen fand sich auf dem Bassinplatz ein, der andere Teil ging zur ebenfalls angemeldeten Demonstration am Filmmuseum.

Immer wieder trafen die Impfgegner auf dem Wege auf Gegendemonstranten. Dabei erklärten sie über Lautsprecher, dass sie für eine freie Impfentscheidung demonstrierten und dass sie weder Corona-Leugner noch Nazis seien. Wörtlich: „Hier laufen keine Nazis und keine Corona-Leugner“. Die Antwort der Gegendemonstranten war u.a.: „Haut ab, haut ab!“ und „Wir impfen Euch alle!“ und „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda!“.

Um den Sachverhalt abzurunden: Kurz nach 19 Uhr fand auf dem von der Polizei hell ausgeleuchteten Bassinplatz die  Abschlusskundgebung statt. Nach einigen kurzen Reden und der Ankündigung, am kommenden Montag, 17. Januar 2022, erneut zu demonstrieren, wurde die Versammlung auf dem Bassinplatz offiziell beendet.
Kurz vor 20 Uhr endete auch die zweite angemeldete Demonstration der Impfgegner am Filmmuseum. Beide ohne besondere Vorkommnisse, wie man beim Militär und der Polizei zu sagen pflegt.

Nun sitzt der Verfasser dieser Zeilen, selbst ein bekennender Impf-Freund und Befürworter der Impf-Pflicht, am Schreibtisch und denkt in der Retrospektive auf seinen früheren Beruf darüber nach. Ist es  zulässig, dass mehrere Menschen sich gemeinsam auf den Weg zu einer nicht-verbotenen (!) Versammlung machen dürfen?  Nach den Pressefotos zu urteilen, haben sie dabei nicht einmal Transparente und dgl. mitgeführt.

Und darf die andere Seite, also die Gegendemonstranten. sie auf dem Weg dorthin beleidigen, bedrohen oder gar einschüchtern und behindern?

Gilt heute immer öfter die Regel, dass es zwar erlaubt ist zu demonstrieren, aber nicht gegen den politischen Mainstream? Denn das ist mindestens anrüchig, wenn man nicht sogar als Rechter oder, noch schlimmer, als Nazi eingeordnet wird.

Und stehen sich das Vermummungsverbot bei öffentlichen Versammlungen und Aufzügen und die Corona-Maskenpflicht nicht konträr gegenüber?

Fragen über Fragen! Ich würde sie mit Voltaire beantworten, der die Worte zugeschrieben werden; „Ich bin zwar nicht Ihrer Meinung, aber ich werde mich immer dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen!“