4. 12. 2021 Ist Putin wirklich der „Böse Bube“?
Erinnern Sie sich noch, als es um die 2 + 4 –Verhandlungen in Zusammenhang mit der Deutschen Einheit ging?
Die Außenminister Roland Dumas (Frankreich), Eduard Schewardnadse (UdSSR), der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow, James Baker (USA), Hans-Dietrich Genscher (BRD), Lothar de Maiziere (DDR) und Douglas Hurd (Großbritannien) unterzeichneten am 12. September 1990 den Zwei-plus-Vier-Vertrag im Moskauer Hotel "Oktober" und machten damit den Weg frei für die Deutsche Einheit.
Dieser Vertrag war zugleich einer der Grundpfeiler für das Ende des Ost-West-Konflikts.
Denn die Frage der Deutschen Einheit war nicht ausschließlich Angelegenheit der beiden deutschen Staaten. Die BRD war insbesondere durch ihre Mitgliedschaft in der NATO sowie in der Europäischen Gemeinschaft in das westliche Bündnissystem eingebunden.
Die DDR spielte ihrerseits eine Schlüsselrolle innerhalb der sowjetischen Satellitenstaaten in Mittel- und Osteuropa. Mit dem Verlust des Einflusses auf die DDR und andere Ostblock-Staaten – Polen hatte erstmals eine nicht-kommunistischen Regierungschef und auch Ungarn und die Tschechoslowakei drohten dem Einflussgebiet der Sowjetunion zu entgleiten – drohte der Zusammenbruch der Vormachtstellung der Sowjetunion in Osteuropa.
Im Vorfeld sahen Frankreich und Großbritannien eine deutsche Wiedervereinigung kritisch. Deshalb setzten sich zusammen mit den USA, ab er auch mit Polen, dafür ein, die Vereinigung Deutschlands im Rahmen der NATO zu vollziehen. Außerdem drängte Frankreich auf eine Vertiefung der europäischen Integration, eine stabile Europäische Union und die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Währung – Forderungen, die schließlich 1992 im Vertrag von Maastricht Niederschlag fanden. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag war somit auch ein Impuls für eine Neuordnung der politischen Bündnisse in Europa.
Das vereinigte Deutschland in der NATO zu sehen, war verständlicherweise nicht im Interesse der Sowjetunion. Deshalb einigte man sich in einer Protokollnotiz, dass auf dem Gebiet der ehemaligen DDR NATO-Manöver nur „unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der UdSSR abgehalten werden dürften.
Im März 1990 verkündete der deutsche Außenminister Genscher gemeinsam mit dem US-Außenminister bei einem Besuch in Washington, dass der Westen bei allen anstehenden Verhandlungen und Gesprächen selbstverständlich Rücksicht auf die strategischen Interessen der Sowjetunion nehmen wird. „Wir waren uns einig, dass nicht die Absicht besteht, das Nato-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten", erinnert sich Genscher später. „Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir nicht einverleiben wollen, sondern das gilt ganz generell."
Tage später beim Besuch in Moskau wird James Baker noch einmal auf diese Zusicherung zurückkommen. Er und seine Mitarbeiter wissen: Nur so wird sich eine Tür für Verhandlungen überhaupt erst öffnen. Jack Matlock, 1990 US-Botschafter in Moskau: „Ich erinnere mich an Bakers Worte zu dem Thema Deutschland in der NATO: 'Sie müssen nicht gleich antworten, aber denken Sie darüber nach. Angenommen, die Nato dehnt sich nicht weiter nach Osten aus, keinen Zentimeter: Wäre es dann nicht besser für die zukünftige Stabilität der Welt, wenn Deutschland in die Nato eingebunden wäre und Amerika wäre weiterhin militärisch in Europa präsent?' Gorbatschow antwortete: 'Jede Nato-Erweiterung nach Osten wäre selbstverständlich inakzeptabel. Aber ich verstehe, was Sie meinen. Und ich will gründlich darüber nachdenken.'"
Das alles ist jedoch nicht schriftlich im 2+4-Vertrag oder zumindest in einer Protokollnotiz zum Vertrag festgehalten worden, und so stehen heute Nato-Staaten an der Westgrenze Russlands. Ist es da nicht nachvollziehbar, dass der heutige „Starke Mann“ Russlands, Wladimir Putin, Furcht vor dem Eintritt der Ukraine in die NATO hat?
Aber ist es nicht auch verständlich, dass die Ukraine aus Angst vor dem starken Nachbarn im Osten, der ihr schon die Krim weggenommen und in den östlichen Teilen eine eigene Republik errichtet hat, den Schutz des westlichen Verteidigungsbündnisses NATO sucht? Ein bisschen mehr Objektivität könnte man von der Presse schon erwarten
Eigentlich eine dankbare Aufgabe für die Diplomaten, die nicht unlösbar scheint. Aber schnell, damit nicht bis dahin ein Krieg ausgebrochen ist!