2. 12. 2021 Eine Sternstunde im öffentlich-rechtlichen Fernsehen

Selten genug, dass man Positives über die politischen Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen berichten kann, strotzen sie doch von Sendungsbewusstsein und persönlicher Haltung, dafür aber weniger von objektiven sachlichen Informationen. Männliche und weibliche Flegel, die ihre Interview-Partner nicht ausreden lassen oder ihnen gar über den Mund fahren,  gibt es im Ersten oder Zweiten Fernsehen zuhauf. Man schämt sich für diese Art der Berichterstattung und kann sich nur wundern, was sich die Politelite von diesen vermeintlich Fernsehmächtigen gefallen lässt. Da können sich unsere deutschen Moderatoren eine Scheibe von jenen in Österreich oder in der Schweiz abschneiden!

Aber gestern in der Sendung „Maischberger – Die Woche“ hatte die Moderatorin zwei Gäste eingeladen. Der eine war der neue Ministerpräsident von NRW, Hendrik Wüst, der erst kurz im Amt ist und den Umgang mit den Medien und den Fallstricken der Journalisten noch lernen muss – trotzdem, Sandra Maischberger behandelte ihn fair.

Aber mit ihrem zweiten Gast, dem früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck, hatte sie ein Ass gezogen. Was dieser Mann zu den aktuellen Problemen mit wohlgesetzten Worten zu sagen hatte, vor allem wie er es sagte, war ein Genuss für jeden Zuschauer.  Es war eine Freude, Gauck zuzuhören, wie er, ohne jemanden zu verletzen oder gar anzugreifen, die Probleme auf den Punkt brachte. 81 Jahre ist er alt und hat nichts von seiner geistigen Frische eingebüßt. Schon zu seiner Zeit als Bundespräsident  traf er stets klare Äußerungen und hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg.  Aber er hat nie politisch Andersdenkende beleidigt oder gar diffamiert.
Derzeit, in der aktuellen politischen Situation, sprach er sich für mehr Toleranz – auch gegenüber umstrittenen, unangenehmen Positionen -  und für eine wehrhafte Demokratie aus, machte aber auch aus seiner Haltung zu den Impfgegnern und der Impf-Pflicht, die er durchaus kritisch sieht, keinen Hehl.

Wie schon gesagt: Es war eine Freude, diesem Mann mit seiner humanistischen Bildung zuzuhören!

Denen, die die Sendung nicht gesehen haben, kann man nur zu einen Blick in die Mediathek raten, den anderen, die Gauck näher kennenlernen möchten, wird dessen Buch mit dem symbolhaften Titel „Toleranz“ empfohlen.

P.S.  Auch die anderen Teilnehmer der Runde, die ARD-Moderatorin Anna Planken, die Wissenschaftsjournalistin Christina Berndt sowie der Publizist Wolfram Weimer, den wir als Herausgeber des CICERO noch gut in unser Potsdamer Erinnerung haben, hoben sich wohltuend von den sonst üblichen journalistischen Besserwissern ab.