14. 10. 2021 Anmerkungen zum Großen Zapfenstreich der Bundeswehr
Militärisches findet in Deutschland nur selten vor den Augen der Öffentlichkeit statt, soll doch die Öffentlichkeit von der Bundeswehr so wenig wie möglich mitbekommen.
Daher ist der Große Zapfenstreich gestern Abend eine Ausnahme. Der deutsche Staat würdigte mit der Anwesenheit aller seiner Repräsentanten vom Bundespräsidenten bis zum BVerfG-Präsidenten seine Soldaten, die in Afghanistan stationiert waren.
Das hat die Truppe trotz aller berechtigten Kritik an dem Einsatz verdient. 160 000 deutsche Soldaten im Laufe der Jahre haben am Hindukusch Ausdauer und Augenmaß bewiesen. 59 von ihnen kehrten nicht nach Hause zurück.
Umso deplatzierter wirkt die Reaktion einiger evangelischer Theologen. Sie forderten, die Vertreter der evangelischen Kirche dürften sich nicht wie geplant an der Feier beteiligen.
In Deutschland fallen solche Meinungen auf fruchtbaren Boden. Man denke nur an die Potsdamer Kampagner gegen Wehrdienst, Ersatzdienste und Militär.
Die eigenen Truppen waren mindestens im 2. Weltkrieg der Aggressor und haben unfassbares Leid über Europa gebracht. Selbstverständlich stehen die Deutschen ihrem Militär seither distanzierter gegenüber als Franzosen, Briten, Russen oder Amerikaner. Aber rechtfertigt die Historie auch mehr als 70 Jahre später ein pauschales Misstrauen gegenüber allem Militärischen und auch der Polizei?
Diese Haltung ist weit verbreitet und äußert sich in unterschiedlichen Sphären. „Keine Cops oder Soldaten!“ diesen Hinweis liest man immer wieder in den Profilen junger Frauen auf Dating-Plattformen. Was sollen sich eigentlich Polizisten oder Soldaten denken, die auf Partnersuche sind und hier ganz grundsätzlich aussortiert werden? Ist das der Dank dafür, dass sie am Hindukusch ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben oder ihre Wochenenden im Streifenwagen statt im Klub verbringen?
Jeder Rechtsstaat braucht neben der unabhängigen Justiz eine intakte Polizei, sonst ist er keiner. Und jedes souveräne Land braucht eine solide Armee, sonst droht im Ernstfall das Schicksal der Ukraine. Deren östliches Territorium war für von Russland unterstützte Separatisten auch deshalb eine leichte Beute, weil die ukrainische Armee ihnen wenig entgegensetzen konnte.
Mit diesen Einsichten tun sich viele Deutsche schwer. Ein naiver Pazifismus ist Mainstream und so allgegenwärtig, dass er kaum noch jemandem auffällt. Die Verantwortlichen in der Bundeswehr ordnen sich dem unter. Dass sich die Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) unter höchster Gefahr stundenlange Gefechte mit den Taliban geliefert hatte, behielten ihre Mitglieder lieber für sich. Stattdessen bestimmten die hässlichen rechtsradikal motivierten Vorfälle bei der Einheit die Schlagzeilen und prägten das öffentliche Bild des KSK. So entstehen Zerrbilder.
Kanzlerin Angela Merkel weiß natürlich um die Vorbehalte und hat sie sich auch deshalb nie richtig für die Bundeswehr interessiert. Auch was die Polizei und die innere Sicherheit angeht, legte sie eine bemerkenswerte Gleichgültigkeit an den Tag.
Man darf gespannt sein, wie sich die neue Bundesregierung verhält. Dem Verfasser schwant nichts Gutes!