3. 8. 2021 Zensur im Deutschland?
Wenn bei den Nazis, der DDR oder in anderen schlimmen Diktaturen Zensur ausgeübt wurde oder wird, dann tritt der Staat mit seiner Geheimpolizei auf und begeht Unrecht mit offenem Visier. Und steckt im Regelfall die Täter ins Gefängnis.
In unserem Land geschieht das subtiler; man entsendet nicht den Verfassungsschutz oder die Polizei, sondern wirkt auf Facebook und Co, aber auch auf die Medien ein und verpflichtet sie bei Androhung höchster Geldstrafen bis zu 50 Mio. Euro alles, was nicht staatstreu ist, im Internet sofort zu löschen. Kein Wunder, dass die lieber einmal zu viel löschen als das Risiko einzugehen, sich bei der Höhe der Strafandrohung ein Verfahren mit ungewissem Ausgang einzufangen.
So hat das soziale Netzwerk Facebook hat am 30. 7. 2021 den konservativen Journalisten Klaus Kelle[1] für 24 Stunden gesperrt, hatte er doch nach eigenen Angaben in einem Kommentar argumentiert, die Nutzung des Wortes „Zigeunerschnitzel“ sei unproblematisch.
Auf seinen Widerspruch hin habe man ihm mitgeteilt, dass man sich über seine Rückmeldung freue und dass es sein könne, dass er wegen zu wenig Personal (Corona usw.) keine Antwort bekomme. Deshalb habe ein Rechtsanwalt eine einstweilige Verfügung gegen Facebook beantragt. Aber leider steht zu befürchten, dass kein Urteil ergehen wird, weil bis dahin die 24-stüngige Sperre abgelaufen und deshalb sich die Sache erledigt ist.
Kelle ist kein Ausnahmefall! Derlei Praktiken werden leider immer mehr angewandt. Allerdings erfährt man davon recht wenig, haben doch die Betroffenen nicht mehr die Möglichkeit, über Facebook und Co. die Öffentlichkeit zu informieren.
Bringen wir es auf den Punkt:
Wir haben schon früher an dieser Stelle gegen das Maas´sche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (damals war Heiko Maas noch Justizminister und für das Gesetz verantwortlich) warnend den Finger erhoben und darauf aufmerksam gemacht, dass die Meinungsäußerungsfreiheit in Gefahr ist. Denn Facebook, Twitter und Co. sind quasi Monopolisten, und wer dort nicht mehr veröffentlichen darf, ist kaltgestellt. Vor allem aber sind sie keine staatlichen Institutionen, gegen deren Maßnahmen man richterlich vorgehen könnte. Sie sind Privatunternehmen und legen allein fest, wer aus welchen Gründen temporär gesperrt oder gar hinausgeworfen wird – und gegen diese Maßnahmen hat man rechtlich kaum eine Chance, denn es gibt die unternehmerische Freiheit zu entscheiden, mit wem man zusammenarbeiten will und mit wem nicht. Und wem das nicht passt, kann man ja zu einem Konkurrenten ausweichen.
Aber wenn man seine Meinung nicht mehr veröffentlichen darf, dann ist es egal, ob dies auf Grund einer Gestapo, Staatssicherheit, Securitate oder eines Inlandsgeheimdienstes geschieht oder auf Grund innerbetrieblicher Vorstellungen von Facebook und Co. Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz haben wir sehenden Auges eine private Meinungspolizei geschaffen. Das weckt Erinnerungen an Georg Orwell mit seinem berühmten Roman „1984“ in dem eine allgegenwärtige „Gedankenpolizei“ permanent die gesamte Bevölkerung überwacht.
Daran ändert auch das jüngst ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts, das die Internetgiganten verpflichtet, vor jeder Sperrrung oder Löschung die Betroffenen anzuhören. Aber wir würden es uns zu einfach machen, die Schuld bei Facebook und Co. zu suchen - die Ursache ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das zwar gut gedacht, jedoch schlecht gemacht worden ist.
Ich bitte um Verständnis, dass ich diesen Kommentar nur auf der Seite der Potsdamer Demokraten veröffentliche und aus gegebenem Anlass nicht bei Facebook.
[1] Klaus Kelle, Jahrgang 1959, absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.