7. 7. 2021 Paul von Hindenburg und Potsdam
In regelmäßigen Abständen ruft in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung die Fraktion „Die Andere“ den „Tag von Potsdam“ in die Erinnerung zurück.
Als solcher werden die Feierlichkeiten am 21. März 1933 in Potsdam zur Eröffnung des am 5. März 1933 gewählten Reichstags bezeichnet. Ihr Höhepunkt war ein Staatsakt in der Potsdamer Garnisonkirche. An der Feier nahmen neben Reichstagsabgeordneten die Reichsregierung, Reichspräsident von Paul von Hindenburg sowie geladene Gäste aus dem öffentlichen Leben, der Wirtschaft und der Reichswehr teil. Die Abgeordneten der SPD blieben fern, die Mandate der KPD waren bereits durch die Reichstagsbrandverordnung für ungültig erklärt worden, hatten doch die Nazis die Kommunisten als die Urheber des Reichstagsbrandes ausgemacht.
Die eigentliche konstituierende Sitzung des Reichstags fand zwei Tage später in der Berliner Kroll-Oper statt, die wegen des Reichstagsbrandes einen knappen Monat zuvor als Ersatz für das Reichstagsgebäude bestimmt worden war.
Zurück zur Fraktion „Die Andere“. In Fortführung der SED-Denke ist ihr die Garnisonkirche ein Dorn im Auge. Hatte die SED die wiederaufbaufähige Teil-Ruine abreißen lassen, lässt heute die Fraktion nichts aus, den Neubau zu desavouieren oder die Befürworter des Wiederaufbaus als „Ewig-Gestrige“ oder gar Nazis anzuprangern.
Zur Zeit haben sie sich wieder einmal den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg vorgenommen, war der 1933 noch ca. 1 Jahr vor seinem Tode von der Stadt Potsdam zum Ehrenbürger ernannt worden. Auch von dieser Ehrenbürgerschaft soll sich die Stadt Potsdam heute distanzieren, hat sie es doch bei Adolf Hitler, Hermann Göring und Wilhelm Frick (NSDAP-Reichsinnenminister) auch getan.
Zugegeben: Hindenburg erhielt zu Lebzeiten 3824 Ehrenbürgerschaften und mehrere Ehrendoktorwürden und ist trotzdem als Ehrenbürger heute kein Ruhmesblatt mehr für unsere Landeshauptstadt. Aber man muss alle Ehrenbürgerschaften auch unter dem Geist der Zeit sehen, der bei der Verleihung diese Ehre geherrscht hat. Galt Hindenburg doch seinerzeit als der Retter Deutschlands, der trotz der „Dolchstoßlegende“ die kaiserliche Armee „im Felde unbesiegt“ wieder in die Heimat gebracht hat.
Tja, wenn wir alle großen Deutschen unter heutigen Maßstäben auf den Prüfstand stellen wollten, von Karl dem Großen über Martin Luther bis Wolfgang von Goethe, dann bleiben nicht mehr viele übrig. Was übrigens auch für die Großen des Auslands gilt, z. B. für Napoleon, der wie weiland Hitler ganz Europa und Nordafrika mit Krieg überzog und heute hochbewundert im Invalidendom zu Paris liegt.
Lassen wir doch die Vergangenheit ruhen! Wir fragen ja auch nicht nach den Leistungen der sowjetischen Offiziere, die ebenfalls immer noch Ehrenbürger Potsdams sind.