26. 1. 2021 Der Euro, die Europäische Zentralbank und die Maastricht-Verträge

Leider interessierten sich für Ökonomie und Geldpolitik nur Wirtschaftsstudenten oder Ökonomen wie Prof. Sinn oder Thilo Sarrazin, der dadurch die Sympathie seiner Partei, der SPD, verlor. Aber langsam wächst das öffentliche Interesse. Spätestens seit die EZB  die Niedrig- / Negativzinsen einführte, merken die Menschen, dass ihr Vermögen durch Brüssel ungeniert vernichtet wird.

Die Vorbehalte gegen die EU und ihre EZB steigen, und schon bei der Abschaffung der D-Mark und der Einführung des Euro waren 70 bis 80% der Deutschen gegen den Euro. Ein Teil der Befürchtungen von damals ist leider eingetreten, und nicht ohne Grund sprach man vom „TEuro“, weil der Handel die Umstellung gnadenlos ausnutzte und die Preise nahezu 1 : 1 umsetzte, obwohl die Einkommen nur im Verhältnis  2 : 1  von DM zu Euro umgewandelt wurden.

Am 31. Juli 2018 schrieb die „Märkischen Allgemeine Zeitung“ in Bezug auf die Minuszinsen, die Gesetzliche Rentenversicherung (DRV) habe 2017 für das zurückgelegte/angesparte Geld 49 Millionen Euro Strafe an die EZB bezahlen müssen. Auch die gesetzlichen Krankenkassen, wie die AOK und die Barmer Ersatzkasse, seien davon betroffen. 2018 mussten die Sozialkassen und die DRV 67 Millionen Euro bezahlen, wobei mit 54,36 Millionen Euro die gesetzlichen Krankenkassen den Löwenanteil hatten. Das sind die Folgen der Zinspolitik der EZB, nämlich der Negativzinspolitik!

Die Bundesregierung trägt die Finanzpolitik der EZB mit, auch wenn es zu Lasten der  Rentenkassen geht, denn der Staat muss wegen der niedrigen Zinsen weniger Kreditzinsen für seine Staatsschulden in Höhe von 2,2 Billionen Euro (lt. statista) bezahlen.

Während der Corona-Krise war den öffentlich-rechtlichen Sendern zu entnehmen, dass die Menschen in Frankreich, in Italien und in den anderen Mittelmeerstaaten mehr Netto-Vermögen haben als die Deutschen. Symptomatisch dafür sei das Grund- und Hauseigentum. Gleichwohl holten sich diese Länder die wegen ihrer Haushaltsdefizite benötigten Gelder verbilligt über die EZB aus Deutschland, Österreich, Holland, Finnland und Schweden ab (siehe weiter unten).

Stattdessen hört man immer wieder das Argument, Deutschland profitiere vom billigen Euro und werde deshalb seine Produkte reißend los. Dabei wird außer Acht gelassen, dass viele Staaten aus dem Mittelmeerraum für ihre Käufe im Rahmen von Target2[1] bei der Deutschen Bundesbank nur noch anschreiben lassen. Die Schulden dieser Länder haben Ende Juli 2020 erstmals die Eine-Billion-Euro-Marke überschritten! Diese Schulden werden zum größten Teil nie beglichen! Das erkennt man daran, dass der Schuldenstand schon jahrelang auf einem sehr hohen Niveau verharrt. Deutsche Produkte und Dienstleistungen sind praktisch verschenkt worden.

Mithilfe der Niedrigzinspolitik hält die EZB viele Unternehmen und mit ihren Aufkäufen von Staatsanleihen die Mittelmeerstaaten am Leben, die eigentlich längst pleite wären. Normalerweise melden jedes Jahr 1,5% bis 2% aller Unternehmen Insolvenz an. Die EZB-Politik hat aber zur Folge, dass die notleidenden Betriebe irgendwie weiterexistieren und im gesamten Euro-Raum jedes Jahr mehr als 200.000 solcher Wackelkandidaten zu den bereits vorhandenen hinzukommen! Allein in Deutschland rechnete das als Wirtschaftsauskunftei und Inkassodienstleister arbeitende Unternehmen Creditreform im März 2020 mit ca. 550.000 überschuldeten Unternehmen!

Zudem findet im Euroraum eine Geldvermehrung ohnegleichen statt, die vermutlich über kurz oder lang zum Währungskollaps führen wird. Auf Anfrage teilte die Deutschen Bundesbank mit, dass sich die Geldmenge vom 28. Februar 1999 bis zum 30. September 2020 mehr als verzehnfacht hat! Und jeder Student der Wirtschaftswissenschaften lernt im ersten Semester, dass der Geldwert in hohem Maße von der Geldmenge abhängig ist – kurzum: der Euro wird immer weniger wert, je mehr die EZB die Geldpresse anwirft, und eine Inflation wird immer wahrscheinlicher.

Wir Deutschen haben in unserer Geschichte mehrmals die Ersparnisse verloren, 1923 durch die Inflation, 1929 durch Weltwirtschaftskrise, 1945 durch den Zusammenbruch des Deutschen Reiches und 1948 durch die Währungsreform. Bei letzterer allerdings nur die Kleinbürger, die ihr ganzes Vermögen in Sparbüchern und Lebensversicherungen investiert hatten, nicht aber diejenigen, die Aktien, Immobilien oder Edelmetallreserven hatten. Die gern kolportierte Aussage, 1948 hätten alle Bürger in Westdeutschland gleichermaßen bei Null angefangen, ist schlichtweg eine Mähr.  

Bei der Abfassung der Maastricht-Verträge drängten die deutschen Verhandlungsführer darauf, dass die EZB wie vorher die Deutsche Bundesbank darauf zu achten hat, dass es eine Währungs- und Preisstabilität gibt und dass Deutschland nicht für die anderen Staaten haftet. Deshalb wurden in den „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ (AEUV)  Artikel 125 eingefügt, der die No-Bail-Out-Klausel[2] beinhaltet, sowie der Artikel 127, in dem es um die Währungs- und Preisstabilität ging. Diese Kröte mussten die anderen Euro-Beitrittskandidaten schlucken, allerdings nur auf dem Papier!.
Denn beides wurde im Laufe der Zeit von der EZB zwar vertragswidrig, aber mit Duldung auch der deutschen Politik missachtet, siehe Griechenland.

In Deutschland betrachtet man auch heute noch die Lebensversicherung als eines unserer wichtigsten Instrumente der Alters- und Hinterbliebenenvorsorge. Insofern gibt es (Stand 31.12.2019)  82,844 Millionen Verträge gab mit einer Versicherungssumme von sagenhaften 3,2 Billionen Euro! Aber die Nettoverzinsung auf die Kapitalanlagen sank von 7,51% im Jahre 2000 „dank“ der Niedrigzinspolitik der EZB auf 3,91% im Jahre 2019 und sinkt weiter. Vielleicht sogar unter das Niveau der Garantieverzinsung für Neuverträge. Mit der Einführung des Euros im Jahre 1999 betrug diese 4,0 Prozent, im Jahre 2019 nur noch 0,9%.

Noch zehren die Versicherungsgesellschaften von den Investitionen in langfristige höherverzinsliche Staatsanleihen. Allerdings dürften diese sehr bald ausgelaufen sein. Bleibt zu hoffen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt und die Deutschen eines Tages nicht wieder wertlose Lebensversicherungs-Verträge in ihren Händen halten.

Angela Merkel hat immer wieder beteuert, dass es mit ihr keine Euro-Bonds[3] und keine Schulden-Union geben werde. Spätestens mit dem am 9. Oktober 2020 beschlossenen Macron-Merkel-Plan, der beschönigend „Aufbauplan für Europa“ genannt wird, hat sie ihr Versprechen gebrochen. Zudem wurde das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 5. Mai 2020, bei dem er die Käufe von bestimmten Staatsanleihen als nicht rechtens befand, mit einer unglaublichen Arroganz achtlos vom Tisch gefegt.

Die Präsidentin der EZB Lagarde, der französische Präsident Macron, die Präsidentin der EU-Kommission von der Leyen und Bundeskanzlerin Merkel tragen unisono die Verstöße der EZB gegen die Mastricht-Verträge mit, indem sie den Südländern unglaubliche Geldmengen zur Sanierung ihrer maroden Staatshaushalte zukommen lassen, obwohl die Privatvermögen dort höher liegen als in Deutschland.  Die können sich ein Beispiel an der Weimarer Republik nehmen, als 1923 die Inflation in Deutschland durch die Rentenmark beendet wurde und die Mark durch die Grundschuldbestellung statt der Golddeckung wieder eine Sicherheit erhielt.

Jetzt arbeitet man daran, das Bargeld abzuschaffen bzw. drastisch zu begrenzen und einen digitalen Euro und damit die Haftung deutscher Banken und Sparkassen für die maroden Banken der Mittelmeerstaaten einzuführen. Das hätte den großen Vorteil, dass die Guthaben per Mausklick geschlossen werden, wenn ein Bankenrun droht, dass die Geldflüsse noch besser als bis jetzt kontrolliert und Sanktionen bei politischer Missliebigkeit durchgeführt werden können.

Die Deutschen sind mit ihrem Vermögen dank der Untätigkeit, aber auch größtenteils des Wohlwollens der etablierten Parteien zu diesen Vorhaben schutzlos dem Treiben der EZB ausgeliefert.

Eine der Ursachen ist, dass von vielen Euro-Mitgliedsstaaten Personen in den EZB-Rat (quasi Aufsichtsrat) geschickt werden, die in erster Linie die Interessen ihrer Heimatländer durchzusetzen haben. Durch das Prinzip „ein Land, eine Stimme“ ist es dazu gekommen, dass die Mittelmeerländer im EZB-Rat die Mehrheit haben und gnadenlos ihren eigenen Interessen folgen, übrigens mit dem Franzosen Trichet, dem Italiener Draghi sowie der Französin Lagarde an der Spitze der EZB kein Wunder!

Die Geldpolitik der EZB ist zutiefst unsozial. Die Aufgabe der Deutschen Mark und die Aufgabe der monetären Souveränität waren große Fehler. Als Lösung in dieser verfahrenen Situation ist nur denkbar, dass Deutschland aus der Euro-Zone austritt. Aber da ist noch mehr als nur die Finanzsituation zu bedenken.

Wer sich intensiver damit befassen möchte, dem kann man das Buch „Europa bracht den Euro nicht“ von Thilo Sarrazin und einschlägige Bücher anderer Wissenschafts-Ökonomen empfehlen.

 



[1] Verrechnungssystem bei internationalen Geldverschiebungen, z. B. bei Käufen oder Verkäufen

[2] Nicht-Beistands-Klausel bei Überschuldung einzelner Staaten der EU

[3] Aufnahme von Staats-Anleihen und gesamtschuldnerische Haftung aller EU-Staaten für die Rückzahlung